Zeitenwende in Dresden. Noch vor Jahren machte die Sächsische Landeshauptstadt von sich reden, als sie sich durch den Verkauf der stadteigenen Wohnungsgesellschaft WOBA komplett entschuldete und wie ein Vorzeigefähnchen für die schöne neue sächsische Finanzpolitik stand. Doch am Dienstag, 22. November, gab Dresden die Gründung einer neuen städtischen Wohnungsbaugesellschaft GmbH & Co. KG bekannt.

Denn man hatte zwar einen schönen schuldenfreien Haushalt und für ein paar Jahre auch ein paar Investitionsspielräume mehr. Doch mittlerweile hat auch Dresden sein Wohnungsproblem, fehlt es an bezahlbarem Wohnraum und die Stadt hat keine Steuerungsmöglichkeiten mehr, das Problem zu beheben.

So gesehen trafen am Dienstag zwei Ereignisse aufeinander. Die Landesregierung bestätigte nämlich am selben Tag die Landesrichtlinie, die erstmals seit 15 Jahren wieder sozialen Wohnungsbau in Sachsen möglich macht.

Die Sächsische Staatsregierung hat auf der Kabinettssitzung die Richtlinie zur Förderung der Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Mietwohnraum beschlossen. Der Freistaat plant mit der neuen Richtlinie in den nächsten Jahren bis zu 3.500 neue Sozialwohnungen – das entspricht etwa 220.000 Quadratmeter Wohnraum – zu fördern. Dafür stehen bis 2019 insgesamt 140 Millionen Euro zur Verfügung.

„Darauf haben wir lange gewartet. Ohne die Förderung würde es uns nicht gelingen, die vorhandenen und absehbaren Bedarfe an bezahlbarem Wohnraum in unserer Stadt zu decken“, verweist Bürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann auf die Notwendigkeit des Landesprogramms. Auf der Basis der Richtlinie will die Landeshauptstadt Dresden eigene lokale Standards für den sozialen Wohnungsbau definieren.

Von der Förderung des Freistaats soll auch die neue Dresdner Wohnungsgesellschaft profitieren. Parallel zur Entscheidung des Freistaates ist die Vorlage zur Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft GmbH & Co. KG bestätigt worden und nun an die Fachausschüsse und Beiräte des Dresdner Stadtrats überwiesen. Die Vorlage (V1441/16), die vom Geschäftsbereich Finanzen und Liegenschaften in Zusammenarbeit mit allen anderen Fachbereichen erarbeitet wurde, wird voraussichtlich am 2. März 2017 auf der Tagesordnung des Stadtrats stehen. Der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden hat (Beschluss zu A0072/15 am 6. August 2015) seinen Willen erklärt, eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft für Dresden zu gründen. Ziel ist ein stadteigener Wohnungsbestand. Zweck und Aufgabe der Gesellschaft ist eine soziale, ökologische und ökonomische Planung, Errichtung, Betreibung und Unterhaltung von Wohngebäuden zum Zwecke der Vermietung.

Aber wer rechnen kann, weiß, dass pro Jahr trotzdem nur 46 Millionen Euro fürs ganze Land zur Verfügung stehen. Etwas über 1.000 Wohnungen können davon pro Jahr gefördert werden. Das sind dann nur noch einige hundert in den beiden Großstädten. Viel zu wenig. 2.000 sozial geförderte Wohnungen müssten allein in Leipzig gebaut werden. Jedes Jahr.

„3.500 Wohnungen für Leipzig und Dresden bis 2019 werden angesichts des dauerhaft hohen Einwohnerzuwachses wohl nicht ausreichen“, schätzt denn auch Enrico Stange, Sprecher der Linksfraktion für Landesentwicklung, Bauen und Wohnen, ein. „Beide Städte gehen davon aus, dass jeweils 2.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr gebraucht werden. Ab 2018 ist eine verstärkte Bautätigkeit zu erwarten, während 2017 den Planungen vorbehalten bleibt.“

Das Landesprogramm ist also nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn Sachsen dieses eindeutig soziale Thema lösen will, muss es die Zuschüsse deutlich erhöhen.

„Weil mehr Sozialwohnungen gebraucht werden, sind auch mehr Mittel nötig. Ausgehend von den nun beschlossenen Fördersätzen fällt für 2.000 Sozialwohnungen ein Zuschussbedarf von bis zu 80 Millionen Euro an. Die Richtlinie ist ein zaghafter Anfang, mehr nicht. Die geplante Zahl an Sozialwohnungen reicht nicht aus. Die Finanzierung muss langfristig gesichert werden – nötigenfalls auch mit Landesmitteln“, sagt Stange. Und ergänzt: „Eine weitere Schwäche der Richtlinie liegt darin, dass sich ihre Wirkung auf Leipzig und Dresden beschränkt. Die eigentliche Ursache für Wohnungsnot – also die Einkommensschwäche in Sachsen – betrifft nicht nur die Bewohner beider Großstädte. Auch andernorts tritt dieses Problem auf, auch wenn leerstehender Wohnraum nicht wirklich marktfähig, also bezugsfertig ist.“

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Keine Kommentare bisher

Welch ein Eingeständnis der jahrelangen falschen Politik dieser Landesregierung.
Jetzt, da alles verkauft oder kaputtgespart worden ist, wird der Aufwand an finanziellen Mittel und auch an Zeit unser Land noch schwer belasten.

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