Eigentlich hat der Mindestlohn in Sachsen manch Gutes bewirkt. Zumindest hat er die leidige Niedrigstlohn-Politik in Sachsen ein Stück weit korrigiert. Doch obwohl in vielen Branchen mittlerweile die Leute fehlen, fallen immer wieder Arbeitgeber damit auf, dass sie die Regeln des Mindestlohnes unterlaufen. Nachdem im Bau die Zahlen etwa rückläufig sind, fällt jetzt das Gastgewerbe auf.

„Die Einhaltung der Mindestlohnvorschriften scheint in Sachsen noch immer nicht selbstverständlich zu sein, zumal die festgestellten Verstöße gegen den Mindestlohn wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs darstellen“, kommentiert Nico Brünler, Sprecher für Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Linksfraktion im Landtag, die Zahlen aus seiner jüngsten Anfrage an die Staatsregierung zum Thema. Geantwortet hatte Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD).

Im zurückliegenden Jahr 2017 wurden im Freistaat 426 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Diese Zahl ist im Vergleich zu 2016 um 8 Prozent, im Vergleich zu 2015 sogar um 44 Prozent gestiegen, kann Brünler feststellen. Die Zahlen stammen aus der Statistik der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Bundeszollverwaltung, die sich seit Einführung des Mindestlohnes auch um dieses Thema kümmert.

In 235 Fällen wurden im vergangenen Jahr Strafen verhängt. Insgesamt wurden dabei in Sachsen gegen die betroffenen Unternehmen Geldbußen, Verfallbeträge und Verwarnungen in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro verhängt. Das entspricht einer Verdoppelung im Vergleich zu den Vorjahreswerten (2015 rd. 450.000. Euro, 2016 rd. 570.000 Euro).

„Dem bundesweiten Trend entsprechend entfiel über ein Drittel der festgestellten Verstöße auf den Baubereich. Der stärkste Anstieg war jedoch im Gaststätten- und Hotelgewerbe und in der Logistik- und Transportbranche zu verzeichnen“, stellt Brünler fest. „Hier stieg die Zahl der registrierten Verstöße im Vergleich zum Vorjahr um jeweils fast 60 Prozent.“

So richtig verabschiedet von der Lohndrückerei haben sich also einige Unternehmen noch immer nicht.

„Es kann nicht sein, dass Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den ihnen zustehenden Arbeitslohn vorenthalten und bei der Arbeitszeit tricksen, zumal bereits die jetzigen Regelungen nicht vor Altersarmut schützen“, geht Brünler auf das Dilemma für die Betroffenen ein. Denn wirklich opulent ist ja auch der Mindestlohn nicht. Wenn dann gar noch schlechter bezahlt wird, ist das Einkommen ganz bestimmt kein Schutz mehr gegen Armut. Brünler: „Hierzu müsste der Mindestlohn auf 12 Euro erhöht werden, um nach 45 Jahren Vollzeitbeschäftigung eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu bekommen.“

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