Ist der Datenskandal beim Sächsischen Verfassungsschutz nun wirklich ein Skandal, oder nur eine Panne, wie der MDR am 20. April berichtete? Letzteres wahrscheinlich auf keinen Fall, auch wenn ein Mitarbeiter des Amtes für Verfassungsschutz wohl wirklich eine Menge interner Daten des Sächsischen Geheimdienstes auf einen USB-Stick zog – und dabei erwischt wurde. Was ihm dann die fristlose Entlassung eintrug.

Gegen die der Mann, der laut MDR 15 Jahre beim Verfassungsschutz arbeitete, dann vor Gericht klagte. Er war dort wohl Systemadministrator. Einige Fraktionen im Sächsischen Landtag zeigten sich alarmiert – und ordneten den Vorfall in die Pannenserie ein, mit der sich das oft überforderte Amt in den vergangenen Jahren ganz gewiss nicht beliebt gemacht hat.

„Ich kann im Zusammenhang mit dem ‚Verfassungsschutz‘ das Wort Panne inzwischen nicht mehr hören. Es ist schwerlich für einen Geheimdienst eine sensiblere Angelegenheit vorstellbar als die eigenen Personaldaten“, kommentiert Kerstin Köditz, Mitglied der Fraktion Die Linke in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Sächsischen Landtags, den Vorfall. „So werden wir am Montag im NSU-Untersuchungsausschuss Mitarbeiter des Landesamtes vernehmen. Damit deren Identität nicht offenbart wird, geschieht dies unter Geheimhaltungsmaßnahmen und ohne Nennung des Namens der Betroffenen.“

Denn die auf den Stick gezogene Datenmenge erzählt davon, dass es wohl nicht nur um sensible Personaldaten des Amtes ging.

„Eine weitere Aufklärung der fraglichen Angelegenheit ist meiner Ansicht nach dringend geboten“, betont Köditz. „Dazu wird die PKK zeitnah mehrere Sondersitzungen durchführen. Dem Ministerium und dem Landesamt wird dafür ein umfangreicher Fragenkatalog vorgelegt. Ich erwarte, dass beide ihren Beitrag zu einer lückenlosen Aufklärung dieses Skandals leisten werden.“

Für Valentin Lippmann offenbart der Vorfall eklatante Sicherheitsmängel. Denn im Raum steht auch, dass hier ein Fall von Spionage vorliegen könnte.

Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, erklärt dazu: „Das ist ein ungeheurer Vorgang. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist offenbar nicht in der Lage, seine ureigenen Aufgaben ordentlich zu erledigen. Ausgerechnet die Behörde, die für die Spionageabwehr in Sachsen zuständig ist, kann nicht einmal ihre eigenen Daten vor Diebstahl durch einen Mitarbeiter schützen. Es handelt sich hierbei nicht nur eine ‚Datenpanne‘, sondern es offenbaren sich grundlegende Sicherheitsmängel. Ich sehe mich bekräftigt, die Frage zu stellen, ob es eine solche Behörde in dieser Form braucht. Ich werde dazu eine Kleine Anfrage stellen.“

Die Regierung wird natürlich beteuern, dass sie so eine Behörde unbedingt braucht.

Aber offen ist eigentlich eher die Frage: Verfügt der Verfassungsschutz überhaupt über so sensible Daten, wie er immer wieder behauptet? Welche Substanz haben sie? Sind die Daten so interessant, dass sie auch ausländische Geheimdienste interessieren könnten?

Man weiß es nicht. Und vor Gericht ging es auch nicht um die möglicherweise entwendeten Daten, sondern nur um die Kündigung, die der betroffene Mitarbeiter als ungerechtfertigt empfand. Die Staatsanwaltschaft ermittle inzwischen wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses, man habe die Wohnung des Betroffenen durchsucht und seinen Laptop beschlagnahmt, heißt es beim MDR.

Das klingt nicht wirklich nach „Gefahr im Verzug“. Eher nach der Reaktion einer aus dem Schlaf geweckten Behörde. Vielleicht ergibt sich im NSU-Untersuchungsausschuss noch etwas anderes. Das Innenministerium gibt sich zwar auch alarmiert – aber das, was auf dem USB-Stick zu finden war, sollen keine operativ sensiblen Daten gewesen sein. Hätte der Mann nicht gegen seine Entlassung geklagt, wäre der Vorfall wohl längst abgehakt. Nun strengen sich alle noch einmal an. Ist ja eine wichtige Behörde. Man darf gespannt sein.

Sächsischer Verfassungsschutz korrigiert nach Aufforderung Fehler im Bericht für 2015

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