Sarah Köhler leitet seit Januar das neue Leipziger Fanprojekt, das gleich fünf Fanszenen und die dazugehörigen Vereine zum Arbeitsgegenstand hat. Im Gespräch mit L-IZ.de zieht die studierte Pädagogin ein erstes Zwischenfazit und blickt voraus auf kommende Aufgaben.

Viele Wege führen nach Rom. Wie führte Ihrer zum Leipziger Fanprojekt?
Das ist schlicht und ergreifend mein Beruf. Mir war schon immer klar, dass ich mit Fußballfans arbeiten möchte. Über einige Umwege bin ich in Leipzig gelandet.

Wie beurteilen Sie die vergangenen sechs Monate?
Es war ein intensives, arbeitsreiches halbes Jahr, weil wir neu gestartet sind. Wir mussten zum Einen die Rahmenbedingungen schaffen: Wir mussten ein Team auswählen, wir mussten die Räumlichkeiten finden und renovieren. Zum Anderen haben wir in Leipzig die Situation, dass wir mit fünf Fanszenen und ihren Vereinen arbeiten. Wir haben uns und unsere Arbeit dort überall vorgestellt. Wir mussten Kontakte zu Ordnungsamt, Jugendamt und Polizei aufbauen. Wir haben uns eine gute Ausgangsposition geschaffen, aus der wir jetzt in die erste volle Saison gehen.

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Wie haben die Vereine und Behörden auf Ihr Konzept reagiert?
Das Fanprojekt hat in Leipzig eine lange Geschichte, die nicht immer unproblematisch war. Es ist ja bekannt, dass der gesamte Trägerfindungsprozess lange gedauert hat, bis Outlaw den Zuschlag erhielt. Es gibt Institutionen und Vereine, die unserer Arbeit skeptisch gegenüber stehen.

Welche sind dies?
Es gibt, auch aufgrund der Geschichte des Projekts, bei Lok Leipzig mehr Arbeit zu leisten als bei Vereinen wie der BSG Chemie, die der Arbeit von Anfang an offen gegenüber standen. Wir gehen die Sache professionell an und bieten Verantwortlichen wie Fans überall die gleichen Dinge. Die Frage ist: Wie werden sie angenommen? Beziehungsweise: Welche konkreten Angebote kann man machen, damit sich Menschen für die Möglichkeiten des Fanprojektes interessieren? Bei Lok ist der Arbeitszugang ein anderer als bei der BSG Chemie, wo viele Wünsche aus der Fanszene kommen. In Probstheida treten wir mit Angeboten an den Verein heran. Mit Polizei und Ordnungsamt haben wir viele intensive Gespräche geführt. Ich habe das Gefühl, dass es dort zumindest ein Verständnis für die Arbeit gibt, die wir machen.
Was bieten Sie den Fans an?
Wir arbeiten direkt mit den Fans. Wir begleiten Heim- und Auswärtsspiele. Wenn eine Sicherheitsberatung stattfindet, sitzen wir mit am Tisch und können ihre Interessen vertreten. Wir sind bei Spielen vor Ort, organisieren teils die Fahrten mit und sind Ansprechpartner, wenn Probleme aller Art auftreten. Wir unterbreiten den Anhängern weiterhin Sportangebote, z.B. wöchentliches Fußballspielen oder Angebote zur Freizeitgestaltung wie die Teilnahme an Fan-Turnieren, aber auch Ausflüge in den Kletterpark oder Kanutouren. Wir haben zweimal wöchentlich Beratungszeiten, zu denen Fans mit allen Problemen kommen können, die sie haben – z.B. in der Schule, im Elternhaus oder bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Wir bieten mit zwei Anwälten eine kostenfreie Rechtsberatung an, die intensiv genutzt wird. In der kommenden Saison möchten wir den Fans der BSG Chemie und von RB Leipzig neben unserer Zentrale eigene Räume zur Verfügung stellen. Dort wird es, ähnlich wie in einem Jugendtreff, feste Öffnungszeiten geben. Wir arbeiten außerdem mit den Vereinen zusammen. Das heißt, wir sind mit Funktionären und Fanbeauftragten regelmäßig in Kontakt um zu schauen, wo Probleme und Schnittmengen vorhanden sein könnten.

Was wünschen Sie sich für die kommende Saison?
Ich wünsche mir, dass wir Räumlichkeiten für die Anlaufstellen finden, die von den Fans genutzt und gestaltet werden. Es ist nicht so, dass Vermieter rufen: “Bravo, da kommen wilde Horden von Fußballfans.” Ich denke, dass wir dieses vorherrschende Bild an vielen Stellen ausräumen können. Und ich wünsche mir, dass unsere Arbeit weiterhin erfolgreich bleibt, wir die Kontakte zu den Fanszenen stärken können und unsere Angebote angenommen werden.

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