Arbeitskräfte waren für das nationalsozialistische Regime Kriegsbeute: Neben der Plünderung materieller Ressourcen der besetzten Länder war es ein Ziel der NS-Eroberungskriege, die Arbeitskraft der Bevölkerung auszunutzen – durch Rekrutierung bzw. Verschleppung ins Reich und durch den ‚Einsatz’ vor Ort.

Aus der umfangreichen Forschung zum ‘Reichseinsatz’ ausländischer Arbeitskräfte geht der große weibliche Anteil an den polnischen und sowjetischen Arbeitskräften deutlich hervor: im September 1944 bildeten Frauen 51,1% der zivilen Arbeitskräfte aus der Sowjetunion, 34,4% der Arbeitskräfte aus Polen. Die Proportion der Frauen unter den westeuropäischen zivilen Arbeitskräften war viel niedriger.

In der Literatur zum ‚Einsatz’ ausländischer Arbeitskräfte und zur Frauenarbeit in der deutschen Kriegswirtschaft stehen die Gründe für die besonders starke Rekrutierung von weiblichen Arbeitskräften aus Osteuropa oder die unterschiedliche Heranziehung von Männern und Frauen für die Arbeit vor Ort in den besetzten Ländern selten im Vordergrund. Es ist daher lohnend, expliziter nach der Geschlechterdifferenz in der Arbeitseinsatzpolitik im nationalsozialistisch beherrschten Europa zu fragen.

Waren nichtdeutsche Frauen verschiedener Nationalität – ob Jüdinnen oder Nichtjüdinnen – eine Ressource erster Wahl oder ein ‚letzter Rest’, den es zu mobilisieren galt? Inwieweit galten sie – im Vergleich zu deutschen Frauen und nichtdeutschen Männern – als flexible Manövriermasse innerhalb der ständig wiederholten Auskämmungen und Umsetzungen von Arbeitskräften in der deutschen Kriegswirtschaft? Hatten die Arbeitgeber und die Arbeitsverwaltung Vorstellungen von geschlechtsspezifischen Beschränkungen, die auch für ausländische Arbeiterinnen galten, oder wurden Geschlechtsunterschiede in Bezug auf Frauen ‚niedrigstehender Rassen’ einfach nivelliert?

Im Vortrag diskutiert Elizabeth Harvey einige Wege zur Erforschung dieser Fragen.

Elizabeth Harvey, Professorin für Geschichte an der University of Nottingham, ist seit 2013 Mitglied der Unabhängigen Historikerkommission zur Geschichte des Reichsarbeitsministeriums 1933-1945.

Ort: galerie kub, Kantstraße 18 (Leipzig-Südvorstadt)
Tram 9, 10, 11 (Karl-Liebknecht-/Richard-Lehmann-Straße)

https://www.zwangsarbeit-in-leipzig.de/zwangsarbeit-in-leipzig/veranstaltungen/veranstaltungen-archiv/2019/45/
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