Es ist schön zu hören, wie vernünftig sich mancher Politiker, befreit von Fesseln des Lobbyismus, von Koalitionspartnern und sonstigen politischen Zwängen, zu äußern vermag. Diesen Eindruck zumindest hinterließ Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) bei seiner mit Spannung erwarteten Auftaktrede am zweiten Tag des Ostdeutschen Energieforums im Congress Center Leipzig.

Freie Rede ist ein Talent, das nur wenigen Zeitgenossen in die Wiege gelegt wurde. Es trägt zur Entspannung der Zuhörer, die nicht den ermüdend langen abgelesenen Zitaten des Vortragenden folgen müssen und ermöglicht Konzentration auf das eigentliche Vortragsthema. Peter Altmaier bewies dankenswerterweise dieses Talent und referierte mit offensichtlichem Engagement zu einem der im wahrsten Sinne des Wortes brennendsten Probleme der Gegenwart: Die Energiewende und den damit verbundenen Folgen.

Eine dieser Folgen, so Altmaier, seien Beschwerden von allen Seiten. Und damit meinte er nicht die schon erwähnten Lobbyisten und Politikerkollegen, von denen man das ja auch nicht anders erwartet. Nein, Altmaier begann bei der Basis, dem gemeinen Bürger, dem Mittelständler, also denen, die von der Energiewende finanziell offenbar am ehesten betroffen sind: “Jeder Vorschlag, etwas zu verbessern, wird kritisiert.” Ob es nun der Mittelständler sei, der Mehrkosten wegen der Energie-Umlage beklage, oder ein Landbesitzer, der Windräder errichten lässt und zehn Prozent bei der Pacht einbüße, so der Umweltminister. Überall stoße man beim Projekt Energiewende auf Widerstand. Das alles passe nicht zusammen, so Altmaier, weil man sich von Anfang an nicht genug mit den Folgen beschäftigt habe.
“Schon im Jahre 2000 hätten wir einen Plan für den Netzausbau gebraucht. Dann wären wir jetzt fertig damit.” Und dann kam er auf ein Problem zu sprechen, das sich wie ein roter Faden durch das Forum zog: Die Speicherung von Strom. Aufgrund mangelnder Speicherkapazitäten sei man gezwungen, Strom, der in Hochenergiezeiten produziert werde, zu den jeweiligen Marktpreisen quasi zu verschleudern. Und das, weil man nicht in der Lage sei, überschüssigen Strom entsprechend zu speichern. Dabei konnte Altmaier sich einen humoristischen Seitenhieb auf seine unübersehbare Körperfülle nicht verkneifen: “Auf dem Weg hierher habe ich mir an der Autobahnraststätte ein ordentliches Frühstück gegönnt. Dank meiner regenerativen Speicherkapazitäten bin ich genau zum richtigen Zeitpunkt fit, um diesen Vortrag zu halten und diese Energien abzurufen.”

So müsse es auch bei der Speicherung von Stromüberkapazitäten funktionieren. Die Energiewende, so Altmaier, sei erst dann ein Erfolg, wenn nach deren Bewältigung Deutschland immer noch ein wohlhabendes und wirtschaftlich florierendes Land sei. Dabei komme es entscheidend darauf an, dass die Stromverteilung entsprechend organisiert werde. “Was nützen 1.000 Windräder an einem Standort, von dem aus die Energie nicht entsprechend weiter transportiert werden kann?” Darüber hinaus müsse es eine bessere Abstimmung zwischen erneuerbaren Energien und fossilen und konventionellen Energieträgern kommen. Denn, so Altmaier: “Wir werden noch auf Jahrzehnte hinaus auf die Energie aus konventionellen Kraftwerken, also Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken, aber auch auf den Strom von Atomkraftwerken angewiesen sein.”
Dabei käme es jedoch darauf an, einen gesunden Subventionsmix zu finden, der weder die eine noch die andere Energieproduktion übermäßig unterstütze. Altmaier weiter: “Es kommt dabei darauf an, beide Formen der Energieproduktion geschickt miteinander zu verheiraten.” Die Energiewende, so der Umweltminister, sei ein von Anfang an ein unterschätztes Projekt gewesen. Ein Hochtechnologieprojekt, das Deutschland vor große Herausforderungen stelle aber gleichzeitig auch die Chance biete, als Vorreiter in Sachen Spitzentechnologie hinsichtlich der Einsparung von Energie und deren Speicherung einen Platz in der Welt einzunehmen.

Eine Reform des EEG sei also dringend notwendig – nach der Bundestagswahl wohlgemerkt. Angesichts der Tatsache, dass die Energieumlage im letzten Jahr alleine um 50 Prozent gestiegen ist, scheint dies auch mehr als notwendig. Schließlich hat sich die Umlage als so etwas wie eine versteckte Steuer gemausert. So entließ der Umweltminister die zahlreichen Zuhörer im großen Saal des Leipziger Congress Centers zwar zufrieden ob der offenen Worte doch ziemlich alleine auf weiter Flur, was die Lösung der angesprochenen Probleme betraf. Die, versprach Altmaier schließlich, und ein wenig Wahlkampf sei in diesem Fall mal erlaubt, sollten aber spätestens nach der Bundestagswahl in Angriff genommen und innerhalb einiger Jahre gelöst werden. Man wird sich seiner Worte erinnern. Das nächste Energieforum kommt bestimmt, die Themen bleiben und wer sie lösen darf, entscheidet der Bürger bei der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013.

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