Am heutigen 18. März ist wieder Equal Pay Day, der Tag, bis zu dem Frauen in Deutschland quasi umsonst arbeiten müssen, verglichen mit den Verdiensten der Männer. Es ist jene 21 Prozent Einkommenslücke, die sich einfach nicht schließen will. Was viele Gründe hat. Dass es nicht nur mit dem Frausein zu tun hat, wird auch die Leipziger Aktion zum Equal Pay Day am heutigen 18. März auf dem Markplatz zeigen.

Im Vorfeld wurde viel Richtiges zu diesem Dauerdilemma gesagt, das viel damit zu tun hat, dass unsere heutige Art des Wirtschaftens Männerarbeit höher bewertet als Frauenarbeit, Männerjobs für anspruchsvoller hält als die oft genug im Pflege- und Servicebereich angesiedelten Frauenjobs.

Und Länder, die einen besonders neoliberalen Kurs steuern, verstärken diese Effekte. Dafür steht Sachsen seit über 15 Jahren.

Von den Ost-Ländern hat Sachsen längst den größten Gender Pay Gap. Denn der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen ist hierzulande 11 Prozent geringer als der von Männern, so der Gleichstellungsatlas des Bundesfamilienministeriums. Überall sonst in den neuen Bundesländern liegt diese Zahl unter zehn Prozent – außer in Berlin, wo es auch 11 Prozent sind. Und das, obwohl der Arbeitsagentur zufolge mehr sächsische Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind als Männer.

Und der Gehaltsunterschied hat seit 2007 noch um 2 Prozent zugenommen. Was daran lag, dass die Ost-Männer beim Gehalt ein Stück weit aufgeholt haben gegenüber dem Bundesdurchschnitt. Dass die Unterschiede im Osten vorher so gering waren, hat damit zu tun, dass die Männer genauso wie die Frauen deutlich schlechter bezahlt wurden. Mit irgendeiner solidarischen Gerechtigkeit im Osten hat das nichts zu tun.

Die Ursachen für die Ungleichverteilung sind überall gleich, stellte denn auch die Linke im Sächsischen Landtag zu dem Thema fest. Einerseits werden frauentypische Berufe generell schlechter bezahlt. Und die beruflichen Lebensläufe sind weniger kontinuierlich als die von Männern. Das schadet der Karriere. Aber Teilzeit und zerstückelte Erwerbsbiographien kommen vor allem durch familiäre Aufgaben. Wer Kinder bekommt oder Angehörige pflegt, muss berufliche Ziele hintanstellen.

Oder so formuliert: Eine kinder- und familienfeindliche Gesellschaft sorgt ganz zwangsläufig dafür, dass Frauen schlechter gestellt werden beim Einkommen. Da helfen alle Herdprämien nichts.

Darauf macht der Equal Pay Day, der Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen, am heutigen 18. März aufmerksam. In Dresden wird etwa die Aktion „Lichtbrücken gegen Lohnlücken“ an die ungerechte Lohnpraxis erinnern.

Sarah Buddeberg, gleichstellungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, sagt dazu: „Geringere Bruttoverdienste durch Erziehungs- oder Pflegezeiten sind kein persönliches Schicksal von Frauen – das ist ein strukturelles Problem! Hier muss die Sächsische Staatsregierung endlich tätig werden. Denn die offensichtliche Ungerechtigkeit bleibt nun mal ein Fakt: Frauen erhalten weniger Geld für ihre Arbeit als Männer. Selbst in einem Niedriglohnland wie Sachsen gibt es noch eine eklatante Lohnlücke zwischen den Geschlechtern. Dadurch sind Frauen hier doppelt bestraft.“

Und auch sie sieht das doppelte Dilemma: „Die sächsischen Bürger*innen bekommen im Bundesvergleich ohnehin schon einen viel niedrigeren Durchschnittslohn. Frauen aber müssen von noch weniger Geld leben als es Männer tun. Um das zu ändern, darf bei Löhnen und Einstellungsquoten nicht länger auf die Freiwilligkeit der Unternehmen gesetzt werden. Außerdem braucht es Lösungen, um Familie und Beruf besser zu vereinbaren, die Aufwertung von sozialen Berufen und ein klares Bekenntnis der Landesregierung, die Hälfte der steuerzahlenden Bevölkerung endlich ernst zu nehmen.“

„Dass Frauen für gleiche Arbeit genauso bezahlt werden wie ihre männlichen Kollegen, ist eine direkte Frage der Gerechtigkeit. Denn es ist schlicht ungerecht, dass Frauen für gleiche Arbeit im Schnitt immer noch 21 Prozent weniger verdienen als Männer, die die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit ausführen. Und das hat schwerwiegende Folgen: Durch den geringeren Lohn erhalten Frauen im Alter auch eine deutlich kleinere Rente als Männer. Damit sind Frauen stärker von Altersarmut bedroht“, kommentiert Daniela Kolbe, sächsische SPD-Generalsekretärin, den Hintergrund. „Mit der Einführung des Mindestlohns, dem Gesetz für Entgelttransparenz und der gesetzlichen Regelung für mehr Frauen in Führungspositionen hat die SPD im Bund bereits wichtige Schritte hin zu mehr Lohngleichheit und Gerechtigkeit zwischen weiblichen und männlichen Kolleg*innen erreicht. Mit der Einführung der Grundrente wollen wir Altersarmut etwas entgegensetzen. Klar ist aber auch: Es gibt nicht das eine Gesetz, das die Lohnlücke auf einen Schlag schließt. Mit den Verabredungen im unterzeichneten Koalitionsvertrag werden wir den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Wir werden das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit auf den Weg bringen, außerdem stärken wir die Tariflöhne in der Pflege und bauen finanzielle Ausbildungshürden bei Sozial- und Pflegeberufen ab. Das kommt vor allem Frauen zugute, weil vor allem sie in diesen Branchen arbeiten.“

Und aus dem Europäischen Parlament meldet sich die SPD-Abgeordnete Constanze Krehl zu Wort: „Frauen verdienen in Deutschland nach wie vor 21 Prozent weniger als Männer. Es ist ernüchternd, dass sich hier seit Jahren nichts tut. Deutschland bleibt damit im europäischen Vergleich eines der absoluten Schlusslichter. Andere Länder machen uns vor, wie es gehen kann: mit gesetzlichen Regelungen zur Entgeltgleichheit, einer umfassenden Kinderbetreuung und Quoten für Führungspositionen. Wir wünschen uns, dass der Equal Pay Day zukünftig auf den 1. Januar fällt. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das muss für alle Frauen und Männer überall in Deutschland und Europa gelten.“

Aber im Hintergrund arbeitet nach wie vor ein Mechanismus, der Arbeit von Menschen abwertet. Das trifft nicht nur Frauen, auch wenn es scheinbar am Beispiel Frauen besonders eindeutig ist. Auch Männer, die es in die „falschen“ Berufe verschlägt, bezahlen mit einem lebenslangen Einkommensverlust. Und wer dann auch noch zu einer „Außenseitergruppe“ gehört, der landet fast automatisch in all jenen prekären Beschäftigungsverhältnissen, in denen man von Anfang an so wenig verdient, dass man bestenfalls immer knapp über „Hartz IV“ schwebt.

Es ist das Denken in den Köpfen der Entscheider, das Menschen sortiert in „Mehr- und Minderleister“ und ihnen das Geld zuweist wie ein Gnadenbrot.

Was heute der Dachverband der Migrantinnenorganisation (DaMigra) in Leipzig auf dem Leipziger Markt zum Thema macht.

„Equal Pay Day am 18.03.? Auch für Migrantinnen?“ heißt es auf dem Leipziger Marktplatz von 14 bis 16 Uhr, worauf der BPW Germany e.V. aufmerksam macht.

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