Der "stolpernde Takt" der Bahn zwischen Leipzig und Frankfurt am Main - mal 40 und mal 80 Minuten - nervt nicht nur Leipzigs Baubürgermeister Martin zur Nedden (SPD). Im L-IZ-Interview fordert der Dezernent mehr Fernverbindungen zwischen Leipzig und München. Zudem kritisiert er, dass der Bund bis 2015 "nur die dringendsten Maßnahmen" angeht.

Herr Bürgermeister, wie würden Sie die Einbindung Leipzigs in das Fernstreckennetz der Bahn bewerten?

In Leipzig verkehren derzeit drei Fernverkehrslinien: Berlin – München, Dresden – Frankfurt am Main und Leipzig – Hannover. Insofern ist Leipzig von der Zahl der hier verkehrenden Fernverkehrszüge noch relativ gut angebunden. Jedoch sind Fahrzeiten und Taktung der Angebote dringend verbesserungswürdig.

An welchen Stellen sehen Sie aus Leipziger Sicht konkreten Veränderungsbedarf?

Es ist nicht nachvollziehbar, warum zum Beispiel nicht mittels Geschwindigkeitsharmonisierungen einheitliche Takte im Knoten Leipzig möglich sein sollten. Hierzu wären auch Schwachstellen im Netz zu untersuchen, um mögliche Reisezeitreserven zu identifizieren. Dies gilt insbesondere für die Verbindungen Richtung Frankfurt am Main.

Auch die Führung in Richtung München ist zu hinterfragen. Die derzeitigen Linienverläufe, die schnelle Verbindung in der Regel über Halle zu führen, ist nicht nachvollziehbar. Hier gilt es, mit Augenmaß eine angemessene Lösung zu finden, etwa eine wechselnde Augsburg-Verbindung über Halle und Leipzig. Dadurch kann einerseits die “theoretisch” schnellere Führung über Halle realisiert werden, andererseits aber dem höheren Fahrgastpotenzial der Region Leipzig Rechnung getragen werden.

Der Bund stellt gegenwärtig mit einem neuen Investitionsrahmenplan die Weichen für die Schlüsselinvestitionen der nächsten Jahre. Sehen Sie die sächsischen Vorhaben angemessen berücksichtigt?Die Anzahl der Sachsen betreffenden Schieneninfrastrukturmaßnahmen ist sehr überschaubar. Enthalten sind der Ausbau Dresden – Berlin, der Weiterbau am Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 9 zwischen Riesa und Dresden-Neustadt, die Elektrifizierung Reichenbach – Hof, der Weiterbau an den Knoten Zwickau und Chemnitz, die Sanierung der Mitteldeutschlandverbindung zwischen Weimar und Glauchau, die Fertigstellung der ersten Baustufe am Leipziger Hauptbahnhof sowie die Einbindung der Neubaustrecke aus Erfurt in den Leipziger Hauptbahnhof.

Im Zeitraum bis 2015 werden somit nur die dringendsten Maßnahmen angegangen. Eine sichtbare verkehrspolitische Wende würde deutlich mehr Geld für den Ausbau der Schieneninfrastruktur erfordern. Insofern kann man mit dieser Entwicklung nicht zufrieden sein.

Spätestens 2017 soll die ICE-Neubaustrecke Berlin – Leipzig/ Halle – Erfurt -Nürnberg – München fertig sein. Geht es dann von Nord nach Süd immer zügig an Leipzig vorbei?

Die gegenwärtigen Planungen der Deutschen Bahn sehen vor, die Verbindungen von Berlin nach München abwechselnd über Leipzig oder Halle zu führen, ähnlich dem heutigen Angebot. Insofern wird die Strecke nicht völlig an Leipzig vorbeiführen, aber auch nicht wirklich gut eingebunden. Die Stadt Leipzig setzt sich deshalb sehr stark dafür ein, dass es zum Beispiel durch Flügelungskonzepte oder andere Maßnahmen auch zukünftig schnelle Direktverbindungen nach München gibt.

Das Diktat der preußischen Sieger ließ nach den Einigungskriegen des 19. Jahrhunderts Leipzig eisenbahntechnisch in den Schatten von Halle (Saale) treten. Der Bau eines Durchgangsbahnhofs war faktisch verboten. Im Zuge der letzten deutschen Einheit erfolgte die politische Festlegung auf Erfurt als den mitteldeutschen Fernbahnkreuzungspunkt. Inwieweit kann nun der Citytunnel Abhilfe schaffen?

Grundsätzlich denke ich, dass es ein nennenswertes Potenzial vor allem in der Relation Plauen – Hof – Regensburg gibt, um abseits der Neubaustrecke nach Nürnberg weiteren Fernverkehr in Richtung Süden von Leipzig aus anzubieten.

Vielen Dank für das Gespräch.

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