"Die Ergebnisse sind enttäuschend", so Michael Leutert, Chemnitzer Bundestagsabgeordneter der Linken und Sprecher der Landesgruppe Sachsen, zum Bahngipfel in Chemnitz. "Bloße Absichtserklärungen lösen keines der Probleme, die Chemnitz aus der fehlenden Fernverkehrsanbindung erwachsen."

“Es gibt keine konkreten Zusagen für die dringend notwendige Fernverkehrsanbindung von Chemnitz”, stellt Leutert fest. Was die Bahn zum Erhalt der Strecke anbietet, ist ihm zu wenig. “Die Vereinbarung von Vorplanungen für den Ausbau der Strecke Chemnitz-Leipzig ist völlig unzureichend. Die Region Chemnitz als wirtschaftliches, kulturelles und Hochschulzentrum kann nicht noch mal Jahrzehnte warten. Lediglich die Streichung von IRE-Zügen auf der Strecke Dresden-Chemnitz-Nürnberg auszusetzen, ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.”

Offenbar fehle der schwarz-gelben Landes- und Bundesregierung der politische Wille, auf das Staatsunternehmen Deutsche Bahn Einfluss zu nehmen. “Die Bahn muss endlich ihrem Versorgungsauftrag nachkommen und die notwendigen Maßnahmen veranlassen, um Chemnitz an den Fernverkehr anzuschließen. Dies betrifft die Strecke Chemnitz-Leipzig ebenso wie die Sachsen-Franken-Magistrale”, so Leutert.
Stephan Kühn, der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, sieht den Hühnerfuß eher woanders.

“Es ist ein Fortschritt, dass bei den Vorplanungen für den Streckenausbau Chemnitz-Leipzig sowohl die Variante über Borna als auch über Bad Lausick untersucht werden sollen”, sagt er. “Auf der Sachsen-Franken-Magistrale ist das Ergebnis sehr enttäuschend. Keine konkreten Aussagen über die Elektrifizierung von Hof bis Nürnberg, sowie über die Zukunft des Interregio-Express (IRE) ab 2015. Das Trostpflaster des Weiterbetriebs des IRE bis Ende 2014 hat ausschließlich Wahltaktische Gründe, da im selben Jahr in Sachsen die Landtagswahlen stattfinden. Die Ergebnisse des Gipfels sind dürftig und der Fortschritt kommt nur in homöopathischen Dosen.”

Enttäuscht zeigt sich auch Enrico Stange, Sprecher für Landesentwicklung und Infrastruktur der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: “Was die Deutsche Bahn AG in Person ihres Vorstandsvorsitzenden Grube mit nach Chemnitz brachte, war kalter Kaffee. Die Investitionen in die Schiene in Sachsen nach mehreren Wochen noch einmal neu zu verkaufen, setzt voraus, die Sachsen für dümmer zu halten, als ihre Gutmütigkeit verkraften kann. Dass die Sächsische Staatsregierung jedoch darauf eingeht, zur Fernverkehrsanbindung der Industriegroßstadt Chemnitz eine erneute Vorprüfung auf eigene Kosten durchzuführen, um dem heutigen Wissenstand wenige Details hinzuzufügen, ohne dass es dann zu einer tatsächlichen Anbindung Südwestsachsens kommen wird, das ist dann doch der Gipfel!”

Da werde dann schon fast zur Marginalie, dass die Streckenführung über Bad Lausick nicht wirklich die Fernverkehrsbedürfnisse der durchquerten Räume berücksichtige, sondern ausschließlich auf Anbindung von Chemnitz reduzierte Verkehrswünsche einfließen lasse. “Sinnvoller wäre eine Streckenführung durch den Citytunnel und über Borna-Geithain-Chemnitz unter weiterem Anschluss nach Regensburg und München gewesen, denn so könnte auch die erforderliche Fahrgastzahl generiert werden, die für einen eigenwirtschaftlichen Fernverkehr notwendig ist”, meint Stange. “Auch mit Blick auf den Franken-Sachsen-Express hat sich die Staatsregierung wohl ziemlich laut, letztlich aber dennoch erfolglos auf eine Verlängerung mit ungewissem Ausgang eingelassen. Alles in allem brachte dieser Bahngipfel nichts Greifbares für eine tatsächlich sichere Fernverkehrszukunft für Sachsen.”

Der Verkehrsclub Deutschland VCD hatte mit einem interessanten Mitteldeutschland-Bahnkonzept im Vorfeld des Gipfels durchaus gangbare Wege für eine bessere Fernverkehrszukunft Sachsens aufgezeigt. Für Stange freilich zu wenig für den Südwesten. Doch der Vorschlag des VCD war von den vorhandenen Spielräumen und Kapazitäten ausgegangen und hatte gezeigt, dass man sogar kurzfristig Lösungen und Fortschritte erreichen kann, ohne Milliarden Euro investieren zu müssen.

Aber die Botschaft kommt auf politischer Ebene augenscheinlich nicht an, dass man Lösungen künftig nicht mehr mit ingenieurtechnischen Großbauten finden kann, die immer unerschwinglicher werden, sondern dass auch zur Organisation des Schienennetzes nachhaltige Ansätze gehören, die Lösungen zeitnah und für die jetzt lebenden Generationen erlebbar machen.

Denn auch die desolate Organisation des Schienenverkehrs in Sachsen ist ein Teil des demografischen Dilemmas.

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