Am 10. September startete Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) nicht ohne Hintersinn zur Radtour auf dem Leipziger Notenrad. Das Notenrad ist der jüngere Bruder der Notenspur, die schon 2012 in der City umgesetzt wurde. Während dort Bach, Mendelssohn, die Schumanns die Hauptrolle spielen, führt das Notenrad in die Vorstädte der City. Auch dort lebten und arbeiteten berühmte Musiker.

Mit der Radtour machte Jung nicht nur auf das Folgeprojekt der Leipziger Notenspur aufmerksam. Er gab auch in der Folgewoche bekannt, dass Mittel für die Planung im Haushalt 2013 eingestellt werden. Ziel sei es, die “musikalische” Radroute bis zum Stadtjubiläum 2015 fertigzustellen. Die Verbindung von Kultur und Stadt – ihrer Architektur und Landschaft, ihrer Geschichte und ihren Bürgern – sei ein Markenzeichen des Notenspur-Projektes und werde zum 1.000jährigen Stadtjubiläum groß gefeiert.

Am Montag, 10. September, hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung auf Vorschlag des ADFC Leipzig zu einer Radpartie eingeladen, um einen Teil der musikalischen Stadterkundungsroute Leipziger Notenrad per Fahrrad zu erkunden. Mehr als einhundert Leipzigerinnen und Leipziger überzeugten sich bei schönstem Spätsommerwetter und musikalischer Umrahmung von den Vorzügen des Projektes.

“Die ungewöhnliche Verbindung von Musik und naturnaher Erholung schafft eine eigene Erlebniswelt. Dies ist sowohl interessant für die Leipzigerinnen und Leipziger, die die große Kulturtradition ihrer Stadt aus einer neuen Perspektive kennenlernen, als auch für die wachsende Zahl von Radtouristen”, so Projektinitiator Werner Schneider.Das Leipziger Notenrad hat bereits jetzt das Interesse der Deutschen Zentrale für Tourismus geweckt, vereinigt es doch die Vorzüge Deutschlands als Kulturland und als Radreiseland in einem außergewöhnlichen Projekt. Das Leipziger Notenrad ist sowohl für den neuen Trend des Städtetourismus per Rad attraktiv als auch für den klassischen Radtourismus. Durch die Lage direkt am Elsterradwanderweg und die Nähe zum Saaleradwanderweg und Mulderadwanderweg werden Liebhaber der naturnahen Erholung verführt, einen Tag länger in Leipzig zu verweilen.

Dass nicht nur der musikalische Inhalt stimmt, ist besonderes Anliegen des ADFC und der städtischen AG Rad. ADFC-Tourorganisator Ulrich Patzer betont: “Wir wollen beim Leipziger Notenrad eine Route mit überdurchschnittlichen Fahrkomfort und hohem Sicherheitsstandard schaffen. Nur dann passt das Notenrad zum Leipziger Notenspur-Projekt, das sich zu einer touristischen Attraktion entwickelt.”

Gelegenheiten, auf das schon Erreichte hinzuweisen und Verbesserungen anzumahnen, gab es während der spätsommerlichen Testfahrt genügend. Die Hinweise zu fehlenden Abstellmöglichkeiten an Kultureinrichtungen und zu unsicheren Querungsmöglichkeiten fanden den direkten Weg zu den mitradelnden Vertretern der Ämter.Neben der Verbesserung der Sicherheit und des Fahrkomforts stand bei der OBM-Radtour die Routenerweiterung um die Stationen Museum für Druckkunst und Musikalische Komödie zur Diskussion.

Das Museum für Druckkunst in der Nonnenstraße hat inzwischen einen eigenen Ausstellungsbereich zum Notendruck eingerichtet. “Damit können wir endlich eine Lücke beim Notenspur-Projekt schließen und die verlegerische und drucktechnische Seite des weltweit führenden Leipziger Musikverlagswesens erlebbar machen”, so Werner Schneider. Dies ist umso sinnvoller, als ergänzend die Blindennotenschrift bei der Notenrad-Station Deutsche Zentralbücherei “fassbar” gemacht wird.

Bei der Musikalischen Komödie wiederum kann die lange Leipziger Tradition im heiteren musikalischen Genre präsentiert werden, angefangen von den in Leipzig uraufgeführten komischen Opern Lortzings über das Operettentheater bis hin zum Musical.

Die musikalische Radpartie Leipziger Notenrad ist etwa 37 km lang. Ein Teil der musikgeschichtlich interessanten Orte Leipzigs liegt außerhalb der Innenstadt, oft landschaftlich reizvoll eingebettet in die von vielen Wasserläufen durchzogene Auenlandschaft. Diese doppelten Vorzüge werden durch die Radroute Leipziger Notenrad für die Gäste und Bürger Leipzigs erschlossen. Zu den Stationen gehören z.B. das Rittergut Kleinzschocher, in dem Bachs Bauernkantate uraufgeführt wurde und die Gedächtniskirche Schönefeld, in der Clara und Robert Schumann den Bund fürs Leben schlossen.Und richtig sauer sind jetzt ausgerechnet die Linken, die schon seit dem Frühjahr für Planungsmittel fürs Notenrad ackern. Immer wieder wiesen sie auf den Todestag von Hanns Eisler am 6. September hin, dessen Geburtshaus Teil des Notenrades ist.

Entsprechend deutlich die Kritik von Dr. Skadi Jennicke, Kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke:

“Die Meldung, dass OBM Jung offenbar doch im Jahr 2013 Planungsmittel in Höhe von 50.000 Euro für das Leipziger Notenrad einstellen will, erfreut und überrascht mich gleichermaßen.

Die Fraktion Die Linke hatte im März diesen Jahres einen Antrag für eben diese Planungsmittel im Jahr 2013 eingereicht. Anlass war die Würdigung des 50. Todestages von Hanns Eisler, dessen Geburtshaus in der Hofmeisterstr. 14 eine Station des Notenrades bildet. Ganze drei Monate benötigte die Verwaltung von OBM Jung, um sich zu diesem Antrag zu positionieren. Fast schien es, als wollte man den 6. September bewusst verstreichen lassen. Entgegen aller Argumente, die insbesondere von Notenspur-Vereinschef Werner Schneider hervorgebracht wurden und denen angesichts der überaus erfolgreichen Eröffnung der Leipziger Notenspur im Mai diesen Jahres kaum etwas entgegen zu setzen war, bestand Jung darauf, dass die Planungsmittel erst 2014 bereit gestellt werden. Die Realisation bis 2015 war damit obsolet.

In der Ratsversammlung am 18. Juli hätte es eine knappe Mehrheit für den Antrag der Linken geben können, hätte sich nicht Stadtrat Billig (CDU) überraschend den Standpunkt von Jung zu eigen gemacht. Dieser wurde dann beschlossen, Jungs Gesichtsausdruck ließ Genugtuung erkennen.

Nun hat sich OBM Jung aufs Rad geschwungen, auf dem Gepäckträger einen Scheck von 50.000 Euro für – man kommt aus dem Staunen kaum heraus – die Planung des Notenrades in 2013! Beschlüsse des Stadtrates scheinen eine immer kürzere Halbwertszeit zu haben. Mitten im Wahlkampf nutzt Jung sein Amt und verteilt Geschenke, an allen Gremien vorbei. Frei nach Brechts Gedicht “Die Lösung” bleibt mir dann nur zu sagen: Wäre es nicht besser, Jung löste den Stadtrat auf und wählte sich einen neuen?”

www.notenrad-leipzig.de

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