Am heutigen 13. Juni ist Halbzeit beim Leipziger Stadtradeln 2013. Um 17.15 Uhr laden ADFC und Ökolöwe zum gemeinsamen Bergfest-Radeln auf den Simsonplatz vorm Bundesverwaltungsgericht ein. Wer am gestrigen Mittwoch, 12. Juni, auf der richtigen Spur war, wurde sogar beschenkt. Es war ein bisschen wie bei der Tour de France an den Verpflegungsstationen: Wer mit dem Radl daherkam, bekam sein Verpflegungspäckchen.

Gemeinsam mit Mitarbeitern des Ökolöwen – Umweltbund Leipzig e. V. verteilte Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal eine Tüte mit kleinen Geschenken an die Radfahrer. Der Ökolöwe hatten seinen Stand aufgebaut an strategisch kluger Stelle, denn seit die Kreuzung Martin-Luther-Ring/ Rudolphstraße/ Lotterstraße auch mit ordentlichen Ampeln und Fahrstreifen für Radfahrer ausgestattet wurde, geht es hier zu wie bei einem Radrennen, kommen die Ausreißergruppen vom Johannapark, die Richtung Markt wollen, und die behelmten Pelotons aus der Stadt, die einen haben ihre frisch abgeholten Kinder dabei, die nächsten sind noch im Arbeitsdress. Aber sichtlich entspannt. Wer Rad fährt in Leipzig, hat ein anderes Lebensgefühl.

Erst recht, wenn nach Wochen des Regens und der betrübten Tristesse endlich einmal 24 Grad auf dem Thermometer zu lesen sind und die Wege ins Grüne langsam abtrocken.

Und dann auch noch fröhliche Helfer am Wegrand die Tourverpflegung austeilen. Pünktlich zum Arbeitsschluss für viele Leipziger ab 15.30 Uhr. Ein Infostand daneben, denn noch kann man mitmachen beim Stadtradeln und dabei helfen, Leipzig wieder vorn im Bewerberfeld der Kommunen zu platzieren.

Was gab es für die Radler? – In den kleinen Papiertüten gab’s einen Bio-Müsliriegel, einen Schlüsselanhänger, Flyer, eine Postkarte zum Stadtradeln, einen Aufkleber zum Thema Radfahren, eine Tüte mit Wildblumensamen aus der Aktion “Leipzig soll blühen” sowie ein Umwelttagesprogramm.Noch bis 23. Juni nimmt Leipzig in diesem Jahr zum fünften Mal am bundesweiten Städtewettbewerb Stadtradeln teil. Am Mittwochnachmittag stand der Tacho bei 227.773 geradelten und gemeldeten Kilometern. Das deutet auf ein Ergebnis hin, wie es 2012 zum dritten Platz für Leipzig unter allen Kommunen gereicht hat. Damals schafften Leipzigs Mitradler 510.721 Kilometer. Besser waren die Münchner mit 667.646 Kilometern und Dresden mit 991.344 Kilometern.

München ist eine Woche nach Leipzig ins Stadtradeln gestartet. Da weiß man also noch nicht, wohin die Bayern in diesem Jahr kommen, wenn sie sich anstrengen. Dresden startet am 17. Juni ins Stadtradeln 2013. Aber nicht nur Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal wird das Hochwasser das Radelergebnis verwässert haben. “40 Kilometer hab ich bis jetzt beisteuern können”, sagt er. “Da hat das Hochwasser schon eine Rolle gespielt.” Im Wesentlichen hat er es auf seinem Weg von und zur Arbeit – 7 Kilometer zusammen – erradelt.

Ins Gebiet der überschwappenden Flüsse ist er dann immer mit dem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr gefahren.

Aber das Klima-Bündnis hat das Stadtradeln ja nicht deshalb aus der Taufe gehoben, damit so eine Art Wettradeln zwischen Dörfern und Städten entsteht, sondern damit die Rolle des Radverkehrs im Bewusstsein von Parlamentariern und Verwaltungen endlich einen höheren Stellenwert gewinnt. Deswegen gibt es auch eigene Kategorien für Parlamentarier.Zwar landeten Leipzigs Stadtverordnete mit 19,6 Kilometer pro Kopf 2012 auf einem nicht ganz erfolglosen 27. Platz. Aber wirklich berauschend ist das für drei Wochen in Leipzig nicht. In Gablingen im Landkreis Augsburg schafften die Mitglieder des Kommunalparlaments über 106 Kilometer pro Nase. Hier haben vor allem kleinere Kommunen die Nase vorn. Die größeren Städte tauchen hier tatsächlich erst auf Rang 20, 21 auf. Vielleicht, weil gerade in Großstädten auch die Stadträtinnen und Stadträte Angst haben, mit dem Rad durch die Stadt zu fahren.

Sie geben es nur meistens nicht zu und stimmen dann doch lieber der gewohnten Auto-Politik der Verwaltungen zu, nicht einmal ahnend, wie sehr sich ihre Kommune auch zum Positiven verändern würde, wenn man Fahrradfahren leichter, bequemer und vor allem sicherer macht. Und die Wahrheit ist: Vieles, was zu diesem Thema in Leipzig passiert, ist bislang ein Schönmalen eines unfertigen Zustands. Wichtige Partner spielen nicht mit. Radwege und Radfahrstreifen sind zugeparkt, Ampelschaltungen bevorzugen weiterhin den motorisierten Verkehr, zahlreiche Kreuzungen im inneren Stadtgebiet sind regelrechte Konfliktherde für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer. Selbst Kreuzungen werden zugeparkt, der halbe Lastwagen-Park der Stadt scheint in den Straßen abgestellt zu sein und nimmt immer wieder die Sicht.

Es gibt eine Menge zu tun.

Die aktuelle Mannschaftswertung in Leipzig führt das CCC – Competence Call Center mit 25.438 gemeldeten Rad-Kilometern an, gefolgt vom UFZ – Radeln für die Umwelt mit 11.286 Kilometern und der Mannschaft von Diakonie & Kirche in Leipzig mit 7.631 Kilometern. Alles nur Zwischenstand. Die Zahlen auf der Website stadtradeln.de werden permanent aktualisiert.

2.524 Teilnehmer/innen haben sich in diesem Jahr zum Leipziger Stadtradeln in 204 Teams angemeldet. Erste Ergebnisse geliefert haben bis zum Mittwoch erst 189 Mannschaften, Frauschaften und Gemischtschaften.

Leipzigs Stadtverordnete aber haben erst 5,4 Kilometer pro Nase gesammelt. Das schafft – wie man sieht – selbst der Umwerltbürgermeister an einem Tag. Da ist also noch was drin. Und wenn nicht mehr drin ist, dann muss die L-IZ zur nächsten Stadtratswahl im Jahr 2014 eben wirklich ernsthaft fragen: Fahren Sie regelmäßig Rad?

Und wer nicht mal in der Freizeit das Fahrrad herausholt, sei es als Vergnügen, als Wohltat für die eigene Gesundheit oder als Gemeinschaftserlebnis, der gehört eigentlich nicht in den Leipziger Stadtrat. Wirklich nicht. Denn die Leipziger haben einen Anspruch darauf, dass ihre Stadträtinnen und Stadträte fit sind und wissen, worum es geht, wenn über nachhaltige Verkehrspolitik debattiert wird.

Kleiner Zwischenstand am 13. Juni, 12 Uhr: 256.728 Kilometer sind geradelt. Ein ein kleines Stück, und Leipzigs Radler sind auf dem Mond.

Informationen zum Leipziger Stadtradeln findet man beim diesjährig verantwortlichen Ökolöwen: www.oekoloewe.de/stadtradeln

Oder auf der bundesweiten Übersicht des Klima-Bündnisses: www.stadtradeln.de

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