Das ist doch mal eine Nachricht: Leipzig senkt die Abfallgebühren. Genau so passiert das auch ab 1. Januar, wenn der Stadtrat der neuen Abfallgebührensatzung zustimmt. Und das wird er wohl. Denn Wundersames passiert da nicht. Die Leipziger Stadtreinigung ist kein Unternehmen, das Profit machen darf. Jedes Jahr muss ihr kompletter Aufwand neu berechnet werden, und nur was auch zur Abfallbeseitigung gehört, darf auch in den Gebühren auftauchen.

Wenn die Gebühren sinken, muss irgendwo der Aufwand billiger werden. Bei zwei Posten wird er es auf keinen Fall, wie Dr. Frank Richter, Leiter des Eigenbetriebes Stadtreinigung, erklärt: bei den Gehältern der 740 Beschäftigten im Bereich Stadtreinigung. Wenn es Tarifsteigerungen im Öffentlichen Dienst gibt, bekommen auch sie mehr Geld. Das wird ab März 2015 wieder der Fall sein. Und die Technik wird immer teurer. Ob steigende Stahlpreise oder neue Abgasvorschriften – die Müllsammelfahrzeuge werden teurer, die Abschreibungskosten steigen.

Aber wieso sinken dann die Gebühren 2015?

Ein Grund heißt unter anderem Cröbern. Erstmals seit Jahren hat der Zweckverband Abfallwirtschaft, zu dem auch Leipzig gehört, die Abnahmepreise für Restmüll auf der Deponie Cröbern gesenkt – von 162,41 Euro pro abgenommener Tonne auf 159,66 Euro. Das sorgt zumindest für eine gewisse Entspannung. Gleichzeitig steigt Leipzigs Bevölkerungszahl, mit ihr zwar auch wieder das Müllaufkommen. “Aber nur leicht”, sagt Dr. Frank Richter. Von 76.500 Tonnen 2012 auf knapp 78.000 Tonnen im Jahr 2013. Und weil die neuen Leipziger in der Regel in Wohngebiete ziehen, die eh schon an die Entleerungstouren der Müllfahrzeuge angeschlossen sind, entstehen auf Seiten der Abfallbeseitigung dadurch keine Mehrkosten. Im Gegenteil: Das ganze System rechnet sich besser.

Und an einer Stelle wird es jetzt auch noch vereinfacht. Es gibt ab 2015 keine Trennung mehr zwischen der Verwertungsgebühr E und der Verwertungsgebühr B.

Das E steht für Eigenkompostierer, was bedeutet: Diese Haushalte haben keine Biotonne und mussten auch nicht für die Kosten der Bio-Entsorgung bezahlen. Die steckten dafür in voller Höhe in der Verwertungsgebühr B: Die Haushalte mit Biotonne haben also das Bio-Abholsystem ganz allein finanziert.

Was auch unfair war, sagt Frank Richter. Denn bei Analysen der abgeholten Restmüllfuhren wurden auch im Restmüll der Selbstkompostierer (also der Haushalte ohne Biotonne) bis zu 47 Prozent Bioabfälle gefunden. Da wurde einfach an der Biotonne gespart und der Biomüll im Restmüll entsorgt.Das findet selbst der deutsche Gesetzgeber zum Himmel stinkend. Ab 2015 ist das nicht mehr gewollt. Dann darf es keine Gebührentrennung mehr zwischen (oft genug selbsternannten) Selbstkompostieren und Biotonnen-Nutzern geben. Alle zahlen dieselbe Verwertungsgebühr für die Restmülltonne. Das ist die schwarze Tonne im Hof. Was bedeutet: Für Häuser und Haushalte mit Biotonne sinken die Verwertungsgebühren 2015. Bei einer 120-Liter-Tonne zum Beispiel von 5,25 Euro im Monat auf 4,99 Euro pro Tonne. Die Verwertungsgebühr wird monatlich berechnet und muss immer gezahlt werden, egal, wie oft die Tonne entleert wird. Für die Haushalte, die sich bislang als Eigenkompostierer deklarierten, steigt diese monatliche Verwertungsgebühr von 4,19 Euro (120-Liter-Tonne) auf die einheitlichen 4,99 Euro.

Rund 15 Prozent der Leipziger Haushalte betrifft das Thema Eigenkompostierung, so Richter. Bei rund 310.000 Haushalten macht das immerhin 46.500 Haushalte, in der Regel Einfamilienhäuser. “Ein bisschen hoffen wir auch, damit die Haushalte ohne Biotonne zu animieren, sich jetzt trotzdem eine Biotonne zuzulegen. Denn die Absicht des Gesetzgebers ist es doch, dass deutlich mehr biogene Abfälle einer Verwertung zugeführt werden, als das jetzt der Fall ist.”

Er nennt das Beispiel Chemnitz, wo im Gegensatz zu Leipzig nur 30 Prozent der Restabfälle biogenen Ursprungs sind.

Ein Problem der Einfamilienhäuser ist ja oft, dass sie gar nicht so viel Bioabfall produzieren wie große Mehrfamilienhäuser im Stadtinneren. Auch dafür gibt es jetzt ein neues Angebot. Das heißt zwar 60-Liter-Biotonne, ist aber keine, sondern eine standardmäßige 120-Liter-Tonne, in die ein Aluminiumeinsatz kommt mit einem Fassungsvermögen von 60 Litern. Wer also bislang auf die Biotonne verzichtete, weil sie ihm zu groß war, hat jetzt ein Ausweichangebot.

Als Fazit bleibt: Für 85 Prozent der Leipziger Haushalte sinkt per 1. Januar 2015 die Verwertungsgebühr.

Dazu kommt: Für 100 Prozent der Haushalte sinkt auch die Entleerungsgebühr. Das ist die Gebühr, die pro Leerung jeder Tonne fällig wird. Zwar sind es jeweils nur Cent-Beträge. Aber das läppert sich. Beim 120-Liter-Behälter zum Beispiel sinkt die Leerungsgebühr von 5,65 Euro pro Leerung auf 5,58 Euro.

Alles – so hofft man – sauber durchgerechnet. Jedes Jahr, bevor die neue Abfallgebührensatzung in den Stadtrat geht, muss die Leipziger Abfallentsorgung ihre Kostenprognose fürs nächste Jahr machen. Mit 35,9 Millionen Euro fällt diese für 2015 nur um 200.000 Euro höher aus als 2014. Dass das dann trotzdem sinkende Müllgebühren bedeutet, hat vor allem mit dem Bevölkerungswachstum zu tun. Die Kosten verteilen sich auf deutlich mehr Haushalte. Sollte die Prognose wider Erwarten zu hoch ausgefallen sein, darf die Stadtreinigung das Geld auch nicht einfach ausgeben, sondern muss es in eine Rücklage stecken, die dann in den Folgejahren über die neuen Gebühren verrechnet werden muss.

Und die Abfallkosten pro Einwohner hat Dr. Frank Richter auch ausrechnen lassen. Die betragen im nächsten Jahr rein rechnerisch für Leute, die keine Biotonne im Hof haben, 34 Euro pro Kopf und Jahr. Für alle anderen Leipziger sind es 54 Euro. Eine nicht unbeträchtliche Spanne, aber sie befindet sich innerhalb der sächsischen Gebührensätze erstaunlicherweise im Mittelfeld. Die Grünen-Abgeordnete Gisela Kallenbach hat sie für 2013 mal abgefragt und bekam dabei Werte von 28 bis 77 Euro pro Nase. Die freilich auch nicht immer vergleichbar sind, weil jede Kommune ihr Gebührenmodel anders strickt.

Die einzelnen Gebührensätzen für jede Tonnengröße als PDF zum Download.

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