Ohne Energie funktioniert Wirtschaft nicht. Energiekosten sind deshalb ein Politikum. Auch und gerade in kleinen und mittelständischen Firmen, bei denen die Energiekosten einen wichtigen Posten in der Bilanz darstellen. Die Handwerkskammer Leipzig hat jetzt ihre Mitgliedsunternehmen befragt, wie es bei ihnen aussieht. Handwerkskammerpräsident Ralf Scheler benutzt nicht ohne Grund das Wort "Energiegerechtigkeit".

Denn nicht nur private Haushalte zahlen in den letzten Jahren heftig drauf für eine Energiepolitik, die zittert wie ein Lämmerschwanz und immer wieder zuerst nur die Interessen der vier großen deutschen Energiekonzerne vertritt. Kleine Unternehmen sind vom Abwälzen der Kosten genauso betroffen. Und das schlägt in einer strukturell unterbesetzten Region wie der Leipziger natürlich heftig zu Buche.

21.281 der 2011 im Unternehmensregister verzeichneten Unternehmen haben maximal acht Beschäftigte. Bei insgesamt 24.137 Unternehmen sind das 88 Prozent. Nur 674 Unternehmen haben mehr als 50 Beschäftigte – 2,8 Prozent.

Und wenn immer mehr Geld für Strom, Heizung und Sprit drauf geht, dann bedeutet das auch: Es wird weniger investiert, auch bei Neueinstellungen hält man sich zurück. Die steigenden Energiekosten fressen ein gut Teil der regionalen Innovationskraft einfach auf.

Die Zahlen: Die Handwerksunternehmen der Stadt Leipzig sowie der Landkreise Nordsachsen und Leipzig verbrauchen pro Jahr durchschnittlich 189.000 Kilowattstunden Energie, dabei werden rund 98.000 kWh für Strom und Heizung sowie etwa 91.000 kWh für Benzin und Diesel eingesetzt. Dafür müssen die Betriebe 21.470 Euro aufwenden.

Gemessen am durchschnittlichen Verbrauch sind die wichtigsten Energieträger für Handwerksunternehmen Diesel (25 Prozent des durchschnittlichen Energieverbrauchs), Erdgas (23 Prozent), Heizöl (16 Prozent) und Holz (13 Prozent).

Das geht aus einer Umfrage der Handwerkskammer zu Leipzig hervor, bei der rund 400 Unternehmen Auskunft über ihren betrieblichen Energieverbrauch sowie ihren Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz gaben.

Die Zahlen hinter den Zahlen: Strom wurde laut Erhebung des Statistischen Landesamtes seit 2005 um 44 Prozent teurer, Gas um 25 Prozent, Heizöl sogar um 74,1 Prozent. Keineswegs besser das Bild bei den Kraftstoffen. Die verteuerten sich seit 2005 um 40,1 Prozent. Dafür ist nicht allein “die Politik” verantwortlich. Die wesentlichen Preissteigerungen fanden seit 2008 an den Weltmärkten statt und haben ihre Ursache einerseits im Mehrverbrauch vor allem in den Schwellenländern, zum anderen aber auch in der schlichten Tatsache, dass beim wichtigen Energieträger Erdöl das Maximum der Fördermenge (der so genannte “Peak Oil”) erreicht ist. Selbst wenn die Aufwendungen für die Ölförderung weiter steigen, wird die geförderte Menge nicht weiter zunehmen. Das rarer werdende Öl wird zwangsläufig teurer werden.

Vor so einem Hintergrund kann und muss eine Landesregierung steuern, muss die alternative Energiegewinnung vorantreiben und das Land langfristig aus der Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen abkoppeln. Was übrigens auf Erdgas und Uran genauso zutrifft. Dass das Öl als Kraftquelle für die deutsche Wirtschaft bald nicht mehr bezahlbar ist, weiß auch die Bundesregierung. Spätestens seit der Studie der Bundeswehr zu diesem Thema weiß die Regierungsrunde, dass – nach Bundeswehr-Einschätzung – der “Peak Oil” 2010 überschritten wurde.Dass man etwas tun muss, ist den Handwerksbetrieben in der Leipziger Region bewusst. Die gute Frage ist nur immer: Welche Investition ist jetzt dringender?

Fängt man bei den Heizkosten an? – Jeder vierte Handwerksbetrieb hat in den vergangenen zehn Jahren energieverbrauchsrelevante Gebäudesanierungsmaßnahmen wie Dämmung, Fenstererneuerung durchgeführt. Mehr als jedes fünfte Unternehmen hat im Bereich Anlagentechnik (Heizung/Warmwasser, Beleuchtung, Maschinen/Anlagen) investiert, um Energie effizienter zu nutzen. Ebenfalls jeder fünfte Handwerksbetrieb hat Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Einsatz (Photovoltaikanlagen, Biomasseanlagen, Solarthermische Anlagen, Wärmepumpenanlagen).

So das Ergebnis der Umfrage.

Ein Drittel der Betriebe setzte Energieeffizienzmaßnahmen im Fuhrparkbereich um – zum Beispiel bei der Fuhrparkerneuerung oder effizienterer Tourenplanung.

Dennoch steigt der Anteil der Energiekosten an den betrieblichen Gesamtkosten stetig, so das Ergebnis der Umfrage. Der größte Posten der durchschnittlichen Energiekosten entfällt auf den Bereich Kraftstoffe. Betrug der Anteil 2005 noch ein Drittel, macht er jetzt schon mehr als die Hälfte aus. Im Jahr 2011 gab ein typischer Handwerksbetrieb für Benzin, Diesel und so weiter 13.800 Euro aus. Das war doppelt soviel wie 2005. Allein im Vergleich von 2010 zu 2011 stiegen die Kosten um 25 Prozent. Tendenz: weiter steigend.

Leipzigs Handwerkskammerpräsident Ralf Scheler sieht sich durch die Ergebnisse in seinen energiepolitischen Standpunkten bestärkt. Energie müsse bezahlbar bleiben, damit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibe. Höhere Energiekosten für kleine und mittlere Unternehmen seien deshalb nicht hinnehmbar. Kritik übt Scheler erneut an der Entlastung energieintensiver Großunternehmen bei der EEG-Umlage sowie bei den Netznutzungsentgelten. Die Finanzierung des Netzausbaus werde auf kleine und mittelständische Unternehmen und Privathaushalte abgewälzt.

Weiterhin mahnt er mehr Verlässlichkeit bei der Bereitstellung von Fördermitteln und ein rasches Ende der Hängepartie um die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung an: “Wenn sich die Politik nicht zügig um mehr Energiegerechtigkeit und verlässliche Förderkulissen bemüht, wird die Energiewende nicht zu schaffen sein. Bereits jetzt hat das Energie-Hickhack zu Vertrauensverlusten und Verunsicherung bei Unternehmern und Bürgern geführt.”

Eine Sammlung von Positionen der Handwerkskammer zu Leipzig für eine nachhaltige Energiepolitik findet man hier: www.hwk-leipzig.de/3,0,3348.html

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