Die Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) stehen zwar mitten im Prozessgewitter. Der Prozess in London gegen die UBS hat gerade begonnen, der gegen die LBBW steht am Oberlandesgericht in Dresden zur Berufung. Aber eigentlich haben sie andere Aufgaben. Was fast vergessen ist, seit der Ex-Geschäftsführer der KWL, Klaus H., das ganz große Rad drehen wollte.

Die Wasserwerke haben ihren eigenen Investitionsstau. Kanäle und Trinkwasserleitungen im Stadtgebiet müssen erneuert und angepasst werden. Vieles davon liegt länger als 100 Jahre in der Erde. Dass auch 37,8 Millionen Euro Investitionssumme nicht genügen, um den Wert der Anlagen zu bewahren, die die Wasserwerke betreiben, zeigt der leichte Wertverlust der Anlagen von 911,9 auf 907,3 Millionen Euro. Aber auch für die Wasserwerke gilt: Frei in ihren Entscheidungen sind sie erst, wenn die Gerichtsurteile aus London und dem LBBW-Prozess vorliegen.

Eigentlich steht auch noch eins aus Stuttgart aus. Dort hatten die Wasserwerke ebenfalls die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zum Gegner. Die hatte den KWL im Jahr 2008 sogenannte Wandel-Memory-Swaps als Ersatz für einen anderen Swap angedreht. “Die Untersuchung ergab, dass es sich dabei um ein hochspekulatives, derivatives Finanzinstrument handelt, welches für die KWL nicht kalkulierbare Risiken enthält und für den avisierten Zweck der KWL-Zinssicherung völlig ungeeignet ist”, heißt es im Risikoteil des Jahresberichtes 2013 der KWL. Den Vertragsabschluss hatten die KWL im “Dezember 2010 wegen arglistiger Täuschung angefochten und (hilfsweise) Schadensersatzansprüche geltend gemacht.”

Das Gericht hat zwar 2012 ein Gutachten über die Schadenshöhe in Auftrag gegeben. Aber wie hoch die Summe ausfällt, ist bis dato noch offen.

Offen ist auch, was in London und Dresden herauskommt. Nicht offen ist, dass die Prozesse Geld kosten. Und zwar in zweistelliger Millionenhöhe. Das Geld müssen die KWL erst einmal aufbringen, egal, ob sie am Ende gewinnen oder ein Urteil bekommen, dass sie nicht erwarten. Dazu haben sie schon 2012 eine zweistellige Millionensumme aus ihrem Gewinn “abzweigen” müssen. Auch für das Ergebnis von 2013 trifft das zu.

Tatsächlich haben die KWL im Jahr 2013 im Kerngeschäft erneut eine gute Arbeit geleistet, lobte am Dienstag bei der Vorstellung des Jahresberichts LVV-Geschäftsfüher Volkmar Müller. Der Jahresüberschuss sieht sogar richtig beeindruckend aus mit einem Plus von 89 Millionen Euro – doch er wird im wesentlichen von der Auflösung der vorsorglich gebildeten außerordentlichen Rückstellung für mögliche Risiken im Klageverfahren zwischen den KWL und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in Höhe von 77,6 Millionen Euro beeinflusst. Die Summe hatte die KWL 2013 zurückgelegt, nachdem das Landgericht Leipzig in einer ersten Verhandlung für die LBBW und gegen die KWL entschieden hatte.

Bank und Wasserwerke hatten sich gegenseitig verklagt. Die LBBW bestand auf der Wiedergutmachung der Ausfälle aus den CDO-Geschäften. Einen Teil dieser Geschäfte in Höhe von rund 80 Millionen Euro hatte Klaus H. mit der LBBW abgeschlossen. Die Papiere haben sich – wie zu erwarten war – als heiße Luft entpuppt. Die LBBW will das Geld jetzt von den Wasserwerken Leipzig, obwohl die von diesem Deal nie einen Euro gesehen haben.
Die Rückstellung wurde – nachdem sie für 2012 als Minus ausgewiesen worden war – 2013 einfach aufgelöst. Sie hat sich nicht ganz in Luft verwandelt. Die Konzernmutter LVV hat die Rückstellung in Höhe von 64 Millionen Euro dafür in ihre Bücher genommen. Wenn das Gericht wirklich gegen die Leipziger Wasserwerke entscheiden würde, müsste eh die ganze Holding einspringen.

Im Jahresabschluss der KWL sieht das dann positiv aus: Diese Rückstellung konnte gewinnerhöhend aufgelöst werden, da die LVV eine Freistellungsvereinbarung gegenüber den KWL, sofern diese im LBBW-Prozess in Anspruch genommen wird, abgegeben hat.

Wenn man die Summe abzieht, bleiben rund 23 Millionen Euro übrig. 13 Millionen davon werden (wurden für die Gerichtskosten zurückgelegt.

Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit betrug dann am Ende also 11,9 Millionen Euro.

Aus ihrer regulären Geschäftstätigkeit erwirtschafteten die KWL im Jahr 2013 Umsatzerlöse in Höhe von 137,2 Millionen Euro. Das entspricht einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 9,5 Prozent. Im Wesentlichen bedingt ist die Abweichung durch die außerordentliche Rückstellungsbildung in 2012 wegen Nichtzahlung der Konzessionsabgabe und dem außerordentlichen Rückstellungsverbrauch wegen Nachholung der Konzessionsabgabe im Geschäftsjahr 2013.

Heißt dann im Klartext: Die Stadt Leipzig hat gleich zwei Raten Konzessionsabgabe bekommen. Es ist wie bei Strom: Auch für die Betreibung des Wassernetzes im Stadtgebiet muss der Betreiber eine Konzessionsabgabe leisten. 2012 war die – aus den bekannten Gründen – erst mal ausgefallen. 2013 wurden dafür gleich zwei Raten gezahlt – die für 2012 und die für 2013, zusammen 12 Millionen Euro.

“Die KWL sind in ihrem Kerngeschäft ein gesundes und stabiles Unternehmen. Die Mitarbeiter der KWL und ihrer Tochterunternehmen, der KWL-Gruppe, haben täglich dafür gesorgt, dass den Menschen in Leipzig und der Region zu jeder Zeit qualitativ hochwertiges Trinkwasser zur Verfügung steht und das Abwasser gewohnt umweltgerecht behandelt wird”, sagt dazu der kaufmännische Geschäftsführer der KWL, Michael M. Theis. “Dieser Anspruch zeigte sich vor allem im erfolgreichen Notfallmanagement zum Muldehochwasser 2013, indem durch schnelles Handeln und unter Einsatz aller Mitarbeiter die Trinkwasserversorgung für die Region gesichert werden konnte.”

Die KWL investierten im Jahr 2013 insgesamt 37,8 Millionen Euro in die wasserwirtschaftliche Infrastruktur. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Rückgang von 9,2 Prozent.

Hinter dem höheren Umsatz – 137 Millionen Euro gegenüber 125 Millionen Euro im Vorjahr – stehen höhere Einnahmen sowohl bei Trink- als auch bei Abwasser. Mit Trinkwasser nahmen die Wasserwerke 70 Millionen Euro ein, mit Abwasser 61 Millionen.

Abgesetzt haben sie 27,7 Millionen Kubikmeter Wasser (Vorjahr: 27,4 Millionen). Was im Klartext heißt: Die Senkung des Pro-Kopf-Verbrauchs ist noch nicht beendet, auch wenn es 2011 den Sondereffekt durch den “Zensus 2011” gab (der sich rechnerisch erst nach Bekanntgabe 2013 auswirkte): Der Pro-Kopf-Verbrauch der Leipziger stieg rein statistisch von dem Tiefstwert 86 Liter pro Tag und Kopf auf 89 Liter.

Wären da nicht die über 23 Millionen Euro, die die Wasserwerke 2012 und 2013 für die Gerichtsprozesse abzweigen mussten, die KWL hätten noch mehr investieren können. Aber Volkmar Müller lässt zumindest für London die Option offen, dass sich die KWL die Prozesskosten vom Gegner wiederholen können – aber nur, wenn der Prozess zugunsten Leipzigs ausgeht.

www.wasser-leipzig.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar