Es war die richtige Entscheidung, die die Stadtwerke Leipzig (SWL) da ab 2010 begannen umzusetzen. Geld ausgeben mussten sie sowieso. Nach 15 Jahren Betriebszeit waren die beiden Turbinen der Gas-und-Dampfturbinenanlage (GuD) in der Eutritzscher Straße sowieso reif für eine Generalüberholung. Aber die Gelegenheit nutzten die SWL, die Anlage fit zu machen für das, was wir so landläufig "die Energiewende" nennen.

Daraus ist, nachdem mehrere Energie- und Wirtschaftsminister dran herumgebastelt haben, eher ein Energiegewinde geworden mit tausenden Ausnahmen, mit ein paar kaputten Stellelementen, aufgeweichten Zielen und einer Kostenverlagerung zum eh schon überforderten Verbraucher. Da wundert man sich eher, dass die Stadtwerke in Deutschland noch mitspielen und irgendwie versuchen, den Betrieb am Laufen zu halten und keine Schulden einzufahren. Etliche sind vor zehn Jahren auf den neuen Zug aufgesprungen und haben Millionen in neue Gaskraftwerke investiert. Die Gaskraftwerke haben gegenüber Atom- und Kohlekraftwerken den Vorteil: Sie lassen sich schneller und leichter regeln. Binnen Minuten können sie auf Volllast gehen – oder auch wieder abgeschaltet werden. Richtig abgeschaltet, während die alten konventionellen Grundlastkraftwerke immer auch eine Grundlast fahren. Auch wenn die Netze voller Strom aus Wind- und Solarkraftanlagen sind.

Deswegen sollten die Gaskraftwerke in der Übergangszeit, bis die alternativen Energien den kompletten Strombedarf in Deutschland decken, eigentlich die Übergangstechnologie sein. Doch sie haben kaum eine Chance, wenn hochsubventionierter Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken die Netze füllt. Immer öfter müssen sie ausgeschaltet werden und werden bei einigen Stadtwerken immer mehr zum nicht refinanzierbaren Kostenblock.

Die Stadtwerke Leipzig haben ihre Gasturbinenanlage von Anfang an etwas anders konzipiert: Als gekoppelter Strom- und Wärmeerzeuger. Sie wird vor allem zur Sicherung von Fernwärme in der kalten Jahreszeit gebraucht, produziert nebenbei auch noch Strom und kann auch völlig still stehen, wenn Sonne und Wind die alternative Stromproduktion hochtreiben und die Kosten für die Megawattstunde an der Leipziger Strombörse EEX ins Bodenlose fällt. Dann ist es auch für die Stadtwerke Leipzig günstiger, sich mit preiswertem Strom an der Börse einzudecken.

Aber was sollte aus der GuD-Anlage werden? Die Frage stand auch 2008 und 2010 schon, als die Erneuerungspläne aktuell wurden. Sie hat sich in den Folgejahren zugespitzt. War die Anlage 2009 noch 5.000 Stunden im Betrieb, was bis 2011 ungefähr der Fall blieb, sind die Betriebszeiten seit 2012 im Sinkflug: 2012 waren es schon weniger als 4.000 Stunden Betriebszeit, 2013 etwas über 3.000. Bald werden es nur noch 2.500 sein, befürchtet Raimund Otto, Geschäftsführer der Stadtwerke Leipzig.

Und dafür wurden in den letzten vier Jahren 40 Millionen Euro aufgewendet?

Nicht nur: Der Erneuerungsschritt war sowieso fällig. Aber die Stadtwerke haben die Gelegenheit genutzt, die Anlage deutlich zu verbessern. Mit ihrem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung hatte die Anlage schon vor der Erneuerung einen Wirkungsgrad von 87 Prozent. Die Stromleistung aus der Kraft-Wärme-Kopplung wurde um rund 8 Megawatt erhöht, der elektrischen Wirkungsgrad des Wasser-Dampfkreislaufes um 1,5 Prozent verbessert.
Eine Turbine wurde komplett ausgetauscht, die andere von Siemens runderneuert. Im April war der Turbinenaustausch abgeschlossen.

Aber noch etwas anderes wurde bei der Gelegenheit umgebaut: neben der Heizkondensationsanlage auch die komplette Leit- und Regelungstechnik. Am 30. April war alles fertig. Das haben die Stadtwerke dann noch nicht vermeldet, sondern die Anlage erst einmal umfangreich getestet. Und sie haben die Anlage beim Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle angemeldet, um ein Förderprogramm der Bundesregierung für Kraft-Wärme-Kopplung in Anspruch zu nehmen. Das gilt sowohl für neue KWK-Anlagen als auch für Ältere, bei denen man einen deutlichen Zuwachs beim Wirkungsgrad erzielen konnte.

Aber die Anlage kann noch mehr. Sie kommt in einem Markt zum Einsatz, in dem nur wenige Kraftwerke unterwegs sind. Regelenergiemarkt heißt der und wird von den großen Netzbetreibern gesteuert, die für eine gleichbleibende Leistung im Netz zuständig sind. Im Osten Deutschlands ist das 50Hertz. Mit der “Energiewende” ist ein wesentliches Thema der Ausgleich von Leistungsspitzen geworden. Vorher, im Zeitalter der reinen Grundlastkraftwerke, hat man die Kolosse einfach hoch und runter gefahren und im Grunde nur auf den steigenden oder fallenden Verbrauch reagieren müssen.

Mit Energie aus Sonne und Wind sind zusätzlich schwankende Komponenten ins System gekommen: Mal ziehen Wolken auf, frischt der Wind auf oder herrscht auf einmal Flaute. Überangebot und Unterangebot können sich in kürzerer Frist abwechseln. Dafür gibt es dann den Regelenergiemarkt. Der Netzbetreiber verständigt sich mit den Kraftwerksbetreibern, die flexible Energieleistungen zur Verfügung stellen können, und fordert diese Leistungen binnen Minuten ab.

Das war den Stadtwerken Leipzig mit der GuD-Anlage vor dem Umbau schon in bescheidener Weise möglich: Binnen 5 Minuten konnten sie die Leistungsabgabe der Anlage um 4 Megawatt steigern. Aber auch das nur vorsichtig. Denn da die Wärmeerzeugung immer mit dran hing, hatte das Nachregeln seine Grenzen. Im Sommer wurden dann auch schon mal Fernwärmeströme im Kreis durchs Leipziger Netz gejagt.

Auch das wurde beim Umbau weitgehend entkoppelt, was den Stadtwerken ermöglicht, jetzt wesentlich flexibler auf Strombestellungen reagieren zu können. Jetzt stehen binnen 5 Minuten bis zu 60 Megawatt mehr zur Verfügung. Das Kraftwerk spielt also verstärkt die Rolle, die sich die Vordenker des EEGs vor über zehn Jahren einmal gedacht haben.

Ob das nach dem Umbau auch alles so funktioniert, musste natürlich von Sachverständigen noch genau begutachtet, vermessen und protokolliert werden. Und dann ging der ganze Papierkram ans Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Das hat nun am Donnerstag, 24. Juli, die Effizienzverbesserungen nach Auswertung der Unterlagen bestätigt. Und das bedeutet: Die Anlage bekommt Förderung. Nicht die schöne üppige EEG-Förderung von über 6 Cent je Kilowattstunde. Danach wird die Anlage auch nicht bewertet. Hier kommt eine vom Gesetzgeber gewährte Zulage nach KWK-Gesetz in Höhe von 2,1 ct/kWh Strom für einen Zeitraum von rund fünf bis acht Jahren zur Geltung.

Die fünf bis acht Jahre sind keine auslegbare Frist, denn honoriert wird ein Stromkontingent. Bleibt die Stromproduktion der Anlage auf dem Niveau des vergangenen Jahres, ist das Kontingent in fünf Jahren aufgebraucht, sinkt es auf die prognostizierten 2.500 Betriebsstunden und die entsprechende Strommenge, dann wird es acht Jahre dauern, bis das Kontingent verbraucht ist.

Es kommt auch nicht mit 2,1 Cent auf die Kilowattstunde beim Verbraucher an, sondern wird mit den Netzentgelten verrechnet. Die stecken mit ungefähr 6 Cent im Strompreis, den der Endverbraucher zahlt. Der Aufschlag für die KWK-Förderung beträgt aktuell zwischen 0,025 ct/kWh und 0,178 ct/kWh und damit weniger als ein Prozent des Endverbraucherpreises, der bei über 29 Cent/kWh liegt.

“Auch wenn bei aktuellen Strommarktpreisen von derzeit ca. 3,5 ct/kWh die Wirtschaftlichkeit der GuD-Anlage noch nicht wieder erreicht ist, so hilft diese Zulage den Stadtwerken Leipzig doch maßgeblich, die für die Erzeugung aktuell schwierige Marktphase durchzustehen”, betont Raimund Otto, Geschäftsführer der Stadtwerke Leipzig. Denn trotz der Geringfügigkeit der Summe ist es doch ein mittlerer einstelliger Millionenbetrag, der pro Jahr als Förderung an die Stadtwerke Leipzig zurückfließt.

Der Zulassungsbescheid als hocheffiziente modernisierte KWK-Anlage wurde den Stadtwerken Leipzig durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle am 17. Juli 2014 erteilt.

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