Wirklich barrierefrei ist die kleine Ausstellung zu den fünf Wettbewerbsergebnissen der neuen Messebrücke im Zuge der Straße des 18. Oktober im Neuen Rathaus nicht. Man kann zwar gut bis zum 4. Obergeschoss mit dem Fahrstuhl fahren, wo das Stadtplanungsamt seinen Sitz hat. Doch zur Ausstellungsebene, wo die Entwürfe seit Montag, 22. Juli, zu sehen sind, müssen noch zwei Stufen überwunden werden.

Die fünf Entwürfe habe alle ihren Charme. Und sie unterscheiden sich auch alle in der Gestaltungsphilosophie. Zur Umsetzung vorgeschlagen hat die Wettbewerbsjury den Entwurf des Büros DNR Daab Nordheim Reutler Architekten aus Leipzig. War das mutig? Wohl eher nicht. Jurys neigen zum Konsens. Man sieht sich ja immer wieder. Ein Grund dafür, dass viele Wettbewerbe in Deutschland mit eher glatten, unauffälligen Siegerentwürfen enden, hat mit diesen Jurys zu tun.

Daab Nordheim Reutler Architekten wählten eine Gestaltung, die man vom Stil her eher in den 1970er Jahren verorten würde – eine klare, schnörkellose Lösung mit glatten, kantigen Betonlagern auf jeder Seite, eine breiten Gehbahn und schlichtem Geländer. Zwei V-förmige Betonstützen geben der Brücke über dem Gleisbett der S-Bahn Halt.Fuchshuber Architekten wählten für ihren stilistischen Rückgriff die Sachlichkeit der Moderne der 1920er Jahre, rücken damit stilistisch in die Entstehungszeit von Völkerschlachtdenkmal und Technischer Messe 1912/1913, die durch die Brücke über die Bahngleise miteinander verbunden sind. Die kantigen Pfeiler, die die Brücke über dem Bahn-Einschnitt verankern, haben eine stilistische Verwandtschaft mit der Klingerbrücke am Elsterbecken: Ihre Köpfe können nachts erleuchtet werden. Auch Fuchshuber Architekten haben eine breite Gehweggestaltung gewählt, verbinden die Gehbahn aber durch die Rasterung des Pflasters mit den Vorplätzen. Und sie greifen die geschwungene Gestaltung dieser Vorplätze auf, die bei der jetzigen Brücke durch die seitlich abgehenden Fahrbahnen, die den Niveauunterschied ausgleichen, gebildet werden.Den farbenfrohsten Beitrag hat die Leipziger Architektin Angela Wandelt geliefert. Beim eigentlichen Brückenbau wählte sie zwar klare, kantige Formen, lässt so das Material Beton in seiner Nüchternheit wirken. Die breite Gehbahn über die Brücke aber hat sie mit einem kräftigen Orange belegt. Die Brücke wird zu einem betonten orangefarbenen Verbindungsstrich zwischen altem Messegelände und Wilhelm-Külz-Park.

Ein echtes Pärchen sind die verbleibenden zwei Entwürfe, die beide mit der Tatsache spielen, dass die neue Brücke auch nicht mehr für den Kfz-Verkehr zur Verfügung stehen wird. Damit entfällt eigentlich die breite mittlere Fahrbahn. Fußgänger und Radfahrer brauchen nicht so viel Platz. Außer bei Großereignissen.Auspurg Borchowitz + Partner wählen, um das optisch zu betonen, eine schmale Brückenvariante, die den Einschnitt der Bahntrasse überspannt. Dazu brauchen sie dann nur noch einen Betonpfeiler, der die Brücke stützt. Die alten Außenkanten der Brücke stellen sie nur noch optisch mit zwei Betonleisten dar, die durch dunkle Streben mit der schmalen Brücke in der Mitte verbunden sind.

Die Passanten können von der Brücke durch das Gitterwerk quasi wie durch das Gerippe der alten Brücke nach unten schauen. Auch Auspurg Borchowitz + Partner setzen einen farbigen Aspekt, indem sie die Geländer der Brücke knallrot einfärben.Die komplementäre Variante wählten Pahl + Weber Pahl Architekten. Sie verlegten die neuen Gehwege auf die Außenseiten und ließen die einstige Fahrbahn in der Brückenmitte frei, so dass eine Fußgänger/Radfahrer-Doppelbrücke entsteht. Der Blick nach unten lohnt hier aber weniger in der Mitte (außer vielleicht, wenn die S-Bahnen durchfahren), sondern von der Seite. Dann wird nämlich sichtbar, dass die Stützen der Brücke jeweils wie ein M gestaltet sind. Und zwar genau im Schnitt des von Erich Gruner gestalteten Messe-Ms. Nur dass es hier nicht zwei übereinander gesteckte Ms sind, sondern vier einzelne.

Vom 22. Juli bis 2. August werden die Ergebnisse des Brückenwettbewerbs im 4. Obergeschoss des Neuen Rathauses ausgestellt – direkt neben dem Stadtmodell vor dem Stadtplanungsamt. Sie können von Montag bis Donnerstag 8 – 18 Uhr und Freitag 8 – 15 Uhr besichtigt werden.Ab 22. Juli: Entwürfe für Neubau der Messebrücke werden ausgestellt
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Alte Messe: Entwürfe für neugestaltete Straße des 18. Oktober werden ab 13. Februar ausgestellt
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