Leipzig wird auch 2014 die Grenzwerte für die Feinstaubbelastung reißen. Das wird nicht nur in Leipzig so sein, sondern auch in vielen anderen deutschen Großstädten. Die ausgeprägte Hochdruckwetterlage hat dazu geführt, dass die Feinstaubpegel in den Städten zu Jahresbeginn drastisch anstiegen. Aber welche Handlungsoptionen haben Städte überhaupt, dem Problem beizukommen? - Nicht einmal die "Umweltzone" gibt ihnen alle nötigen Mittel in die Hand.

Zwar gibt es gerade aus der FDP wieder einmal die Forderung, die Leipziger “Umweltzone” abzuschaffen. Doch das liegt schon lange nicht mehr in der Hand der Stadt. In der Hand hätte sie eher das ganze Maßnahmebündel, das sie im Luftreinhalteplan aufgelistet hat und das sie erst in Teilen umgesetzt hat. Immer, wenn es wirklich um Einschränkungen für den Pkw-Verkehr in der Stadt geht, wird’s kompliziert. Denn das wäre die Konsequenz aus mehr umweltfreundlichem Verkehr – weniger Spielraum für den motorisierten Individualverkehr.

Ein wesentliches Thema sind die Ausnahmegenehmigungen, die die Stadt insbesondere für Wirtschaftsfahrzeuge ausgegeben hat. Für die meisten wird es ab 2015 keine Ausnahmegenehmigung mehr geben – für die meisten braucht es dann auch keine mehr, weil die Unternehmen ihren Fuhrpark weitestgehend erneuert haben.

Aber selbst die bundesdeutsche Regelung für die Umweltzonen hat riesige Löcher gelassen, die ein Unterlaufen der scheinbar so strengen Regelungen für die “Umweltzone” ermöglichen. So sagt die “Fünfunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes” von 2006 klipp und klar: “Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auch dann ausgenommen, wenn sie nicht gemäß § 2 Abs. 1 mit einer Plakette gekennzeichnet sind: (…) 10. Oldtimer (gemäß § 2 Nr. 22 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung), die ein Kennzeichen nach § 9 Abs. 1 oder § 17 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung führen, sowie Fahrzeuge, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Türkei zugelassen sind, wenn sie gleichwertige Anforderungen erfüllen.”

Eine Lücke, die immer mehr Leipziger nutzen, um dennoch mit Fahrzeugen, die die Euro-Norm 4 nicht erfüllen, in der 2011 in Leipzig eingeführten Umweltzone unterwegs zu sein – ohne dafür ein Knöllchen riskieren zu müssen.

Und da ist mittlerweile Etliches unterwegs, was man eigentlich schon im Museum geglaubt hatte – uralte Krankenwagen, Feuerwehrfahrzeuge, hochbeinige Straßenkreuzer aus den 1970er Jahren, knatternde Opel, Mercedes und Audi aus einem Zeitalter, als Elektronik noch ein Fremdwort war. Und auch Fahrzeuge aus der DDR-Produktion erleben eine Wiederauferstehung als Alltagsfahrzeug – vom Wartburg bis zum Trabant.Und dass der Eindruck nicht trügt, bestätigt die Rückfrage bei Helmut Loris, dem Leiter des Leipziger Ordnungsamtes. Und: Die Stadt kann gar nichts tun gegen die Wiederkehr der verschrottet Geglaubten.

1. Wieviele Fahrzeuge mit einem schwarzen Oldtimer-Kennzeichen “H” sind in Leipzig zugelassen? Wieviele davon waren es vor Einführung der Umweltzone 2011? Wieviele wurden in den Folgejahren angemeldet?

Mit Stand 25.04.2014 sind in Leipzig 1.472 Oldtimer zugelassen. Vor Einführung der Umweltzone am 01.03.2011 waren es 848 Oldtimer. Mit Stand März 2012 waren 1.083 und mit Stand März 2013 1.268 Oldtimer in Leipzig zugelassen.

2. Wie verträgt sich die vermehrte Zulassung von “Trabant” mit der 2011 vom Umweltbürgermeister geäußerten Haltung “Die Umweltzone hat vorrangig zum Ziel, den Ersatz älterer, hoch emittierender Fahrzeuge durch schadstoffarme Fahrzeuge sowie die Nachrüstung von bestehenden Fahrzeugen zu beschleunigen”, mit der seinerzeit eine Zulassung von “Trabant” für die Umweltzone ausgeschlossen wurde? Hat sich die Haltung der Stadt geändert?

Der Gesetzgeber hat die Oldtimerfahrzeuge mit sogenanntem “H”- Kennzeichen bundesweit von den Fahrverboten in Umweltzonen befreit. Soweit ein Kraftfahrzeug der Marke “Trabant” konkret die Voraussetzungen eines Oldtimers erfüllt, ist die Stadt Leipzig an geltendes Bundesrecht gebunden.

Mit Einführung der Umweltzone wurden ebenfalls für einen Übergangszeitraum bis 31.12.2014 Ausnahmefälle abschließend geregelt. Dies wurde im Leipziger Amtsblatt Nr. 17 vom 18.09.2010 und unter www.leipzig.de/umweltzone veröffentlicht.

3. Oder hat die Stadt gar keine Handhabe gegen die Anmeldung älterer, stark schadstoffemittierender Fahrzeuge, wenn sie von ihren Haltern als Oldtimer angemeldet werden?

In der Fahrzeug-Zulassungs-Verordnung (FZV) sowie in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen Fahrzeuge eine Oldtimer-Zulassung erhalten können, und zwar Fahrzeuge, die

– vor mindestens 30 Jahren erstmals in den Verkehr gekommen sind,
– weitestgehend dem Originalzustand entsprechen,
– in einem guten Erhaltungszustand sind,
– zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen.
– Weiterhin ist ein Gutachten nach § 23 der StVZO der Zulassungsbehörde vorzulegen.

4. Hat die Vereinfachung von Oldtimer-Zulassungen 2007 hier eine Lücke eröffnet, gegen die die Stadt Leipzig machtlos ist?

Richtig ist, dass bei der Zulassung von Oldtimern mit der Änderung der FZV und der StVZO die Beantragung einer besonderen Betriebserlaubnis für Oldtimer (der sogenannte Oldtimer-Pass) weggefallen ist. Seit dem 01.03.2007 sind nur noch die unter 3. genannten Voraussetzungen zu erfüllen. Mit der Änderung wurde lediglich die Möglichkeit geschaffen, dass die Begutachtung ebenfalls von Prüfingenieuren amtlich anerkannter Überwachungsorganisationen durchgeführt werden können. Der bisherige Bewertungsmaßstab für die Einstufung als Oldtimer hat sich dabei nicht verändert. Im Gegenteil. Die bis 2007 existierende sogenannte Young-Timer-Regelung zur Zulassung von Fahrzeugen als Oldtimer, die erst 20 Jahre alt waren, ist mit Gesetzesänderung 2007 weggefallen.

5. Oder beziehen sich die Zulassungen gar nur für den Bereich außerhalb der Umweltzone und all die “H”-Fahrzeuge ohne Grüne Plakette halten sich widerrechtlich in der Umweltzone auf?

Nein. Die Zulassung eines Kraftfahrzeuges ist nicht ortsgebunden.

Die L-IZ hatte auch noch nach den Sanktionen gefragt. Aber auch wenn alle neueren Fahrzeuge, die ohne grüne Plakette in der Umweltzone angetroffen werden, ein Knöllchen bekommen, werden Fahrzeuge mit einem “H” im Kennzeichen nicht sanktioniert. Und die Zahlen zeigen, dass augenscheinlich immer mehr Leipziger das Schlupfloch nutzen, um mit älteren Fahrzeugen in der Umweltzone unterwegs zu sein.

Der Passus im Bundesimmissionsschutzgesetz:
www.gesetze-im-internet.de/bimschv_35/anhang_3_9.html

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