Am Ende bestätigte RB Leipzig doch noch einmal die Klischees. Ausgerechnet die von den Fans herbeigesehnte Aufstiegsfeier gerät zum peinlichen Showevent für MDR und Red Bull. Peinlicher Höhepunkt: Die Band Silly tritt in den Trikots rivalisierender Fußballclubs auf.

„Mit Fußball hat das nichts zu tun“. So oder so ähnlich bekommen es die Fans von Rasenballsport Leipzig seit der Gründung ihres Vereins vor sieben Jahren regelmäßig zu hören. In der Regel ist diese Polemik nicht gerechtfertigt. Doch ausgerechnet die „Aufstiegsparty“ auf dem Leipziger Marktplatz hatte mit Fußball tatsächlich nur sehr wenig zu tun. Statt Mannschaft und Fans einfach miteinander feiern zu lassen, inszeniert der MDR ein dreistündiges TV-Ereignis, das zufällig um den Aufstieg eines Fußballvereins in die 1. Bundesliga kreiste.

Erst ganz am Ende der Show kamen Spieler und Trainerteam geschlossen auf die Bühne, machten eine „Uffta“, sangen gemeinsam zwei, drei Lieder und verabschiedeten sich wieder. Zuvor waren die einzelnen Mannschaftsteile getrennt voneinander aufgerufen worden. Immer wieder mussten die Spieler peinliche Fragen, Anmerkungen und Einlagen des Moderatorenduos über sich ergehen lassen. Der wegen eines komplizierten Kreuzbandrisses womöglich um seine Fußballkarriere bangende Stürmer Terrence Boyd sei jemand, der sich gerne verletze, scherzte etwa René Kindermann. Yussuf Poulsen wurde befragt, ob Teamkollege Davie Selke immer brav sein Zimmer aufräume.

Überboten wurde das nur noch von einer Hollywood-reifen Veralberung von Torwart Fabio Coltorti. Dessen Frau und Kind leben in Spanien, bekommen Mann und Vater nur selten persönlich zu Gesicht. Am Wochenende hatten sie ihm offenbar mitgeteilt, nicht zur Aufstiegsfeier erscheinen zu können. Stattdessen richteten sie einen Gruß via Videoleinwand an ihn. Torwart Coltorti war zu Tränen gerührt. Doch dann die Überraschung: Frau und Kind waren persönlich anwesend. Gemeinsam mit dem MDR hatten sie den RBL-Keeper verschaukelt. Man hätte eine solche Nummer eher in einer TV-Show mit Kai Pflaume erwartet.

Der gratulierte übrigens – ebenfalls mittels Videobotschaft – zum Aufstieg. Genau wie die Fußballfunktionäre Reiner Calmund und Willi Lemke sowie zahlreiche von Red Bull gesponserte Sportler. Was diese Leute mit dem Verein Rasenballsport Leipzig verbindet? Vermutlich nichts. Und dann wäre da noch Mario Basler. Der war bis vor kurzem Geschäftsführer beim Lokalrivalen 1. FC Lokomotive – und damit aus Fan-Sicht eine durchaus fragwürdige Wahl für einen Gratulanten. Was danach folgte, ließ diesen Ausrutscher aber sogleich harmlos erscheinen.

Die Mitglieder der Band Silly traten auf die Bühne – gekleidet in Trikots anderer Ostclubs, darunter Dynamo Dresden, Hansa Rostock, Union Berlin und 1. FC Magdeburg. Also jene Vereine, deren Anhänger die Fans von RB Leipzig schon unzählige Male nicht nur verbal heftig attackiert haben. Der Auftritt der Band endete – folgerichtig – mit lautstarken Pfiffen und „Hier regiert der RBL“-Rufen. Was wohl passiert wäre, wenn „Prinzen“-Sänger Sebastian Krumbiegel im RB-Trikot bei Dynamo gesungen hätte?

Niveauloser Plausch mit Spielern und Trainern, eine Breakdanceshow, zahlreiche Bands, eine Dokumentation der Saison auf der Videoleinwand – das war keine Aufstiegsfeier, sondern eine von der ersten bis zur letzten Sekunde durchgeplante Unterhaltungssendung für die Zuschauer daheim. Die zu allem Überfluss auch noch eine gehörige Portion Werbung enthielt, denn die Spieler und Trainer von RB Leipzig kamen abschließend nicht mit Bier, sondern mit Red-Bull-Dosen auf die Bühne. Eine solche trug Mannschaftskapitän Dominik Kaiser sogar dann noch in der Hand, als er zur „Uffta“ mit den Fans ansetzte.

Nein, mit Fußball hatte das alles wirklich nur sehr wenig zu tun.

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