Der IVD Deutschland Mitte-Ost ist - der Name sagt es ja schon - der Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen, die alle mit dem Makeln, Verwalten und Vermieten von Immobilien (also auch Wohnungen) gutes Geld verdienen. Vor seiner Frühjahrsfachtagung hat der Verband Mitte-Ost schon mal Stellung bezogen zum in Sachsen befürchteten Mietpreisanstieg. Den gäbe es bestenfalls nur moderat, meint der Vorsitzende.

Dabei gibt man sich geradezu optimistisch, was den Einkommenszuwachs der Sachsen betrifft. „Vor allem im Spitzensegment wollen und können sich immer mehr Mieter eine hochwertige Wohnung leisten. Daher gehen wir für dieses Jahr von einem weiteren Anstieg aus”, sagt Karl-Heinz Weiss, Regionalvorsitzender des IVD Mitte-Ost sowie Immobilienmakler aus Dresden. Ein Effekt, der auch in Leipzig zu beobachten ist: Wenn derzeit neu gebaut wird im mehrgeschossigen Wohnungsbau, dann fast ausschließlich im hochpreisigen Segment. Was Weiss einfach mal weggelassen hat: … und in erstklassigen Wohnlagen. Dort greift die Klientel, die sich die höheren Mieten leisten kann, zu.

Wie lange das funktioniert, weiß niemand. Wie groß ist das Potenzial dieser Verdienstgruppen tatsächlich? Und wann ist auch dieser Luxusneubau an seine Grenzen gekommen und stößt auch die Immobilienwirtschaft wieder auf die Lücke, die den meisten Mietern längst klar ist? – Zwischen dem realen Lohnniveau und den notwendigen Mieten, die zur Refinanzierung von Wohnhäusern fällig werden, klafft eine Lücke von 2 bis 4 Euro je Quadratmeter.

Da hilft es auch nichts, wenn der IVD betont, die Mieten würden ja gerade einmal im Inflationstempo wachsen.

Dass es das Wachstum der Miethöhen in Leipzig und Dresden gibt, bestätigt auch der IVD: Der anhaltende Trend zur Verstädterung sowie die positive wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen werden 2015 für einen moderaten Anstieg der Mieten sorgen. Befürchtungen eines flächendeckenden Wohnungsmangels erteilen die Immobilienexperten im Vorfeld ihrer Frühjahrsfachtagung am Donnerstag, 26. März, auf der Leipziger Messe aber eine Absage. Eine “klare Absage” sogar.

„Die wachsenden Bevölkerungszahlen in Dresden und Leipzig werden in diesem Jahr die Wohnungsmieten wie auch in den Jahren zuvor leicht ansteigen lassen. Mit einer Preisexplosion ist aber nicht zu rechnen. Abgesehen von den besonders begehrten Toplagen ist ausreichend Wohnraum in den Metropolen vorhanden“, sagt Karl-Heinz Weiss und ergänzt: „Bedarf für die Einführung der sogenannten Mietpreisbremse besteht daher im Freistaat nicht“.

Was ja im Klartext heißt: Die Toplagen in Leipzig und Dresden sind auch deshalb begehrt, weil hier in den vergangenen zehn Jahren der Vorrat an sanierbarem Altbestand aufgebraucht wurde. Die Nachfrage der gut verdienenden 10 Prozent aber ist noch nicht befriedigt. Deswegen lohnt sich auch Neubau in diesem Preissegment derzeit.

Klammer auf: Im sozialen Wohnsegment scheitert Neubau noch immer an der fehlenden Subventionierung durch staatliche Programme. Noch gibt es – so schätzt zumindest der IVD ein – genügend Wohnraum im niedrigen Preissegment. Die Frage ist nur: Wie lange reicht der Puffer?

Die Kluft zwischen Bestand und Neubau wird schon deutlich, wenn man die aktuellen Mietspannen vergleicht: Die Mietpreise in den beiden sächsischen Großstädten tendierten im vergangenen Jahr für eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 70 Quadratmetern und einem guten Wohnwert zwischen 4,50 und 7,25 Euro pro Quadratmeter. Bei Neubauobjekten werden zwischen 6,80 und 8,50 Euro pro Quadratmeter verlangt. Die Spitzenmieten lagen bei rund 12 Euro pro Quadratmeter.

Zwischen dem Großteil des Bestandes, der zwischen 4,50 und 5,50 Euro vermietet wird und dem Einstiegspreis für Neubau klafft also eine Mindestlücke von 1,30 Euro je Quadratmeter.

Dies zähle aber zu einem normalen Marktgeschehen, heißt es aus dem IVD. Das eigentliche Problem sei eher, dass der Freistaat Sachsen gar keine Rezepte für die demografischen Entwicklungen in den nächsten Jahren habe.

„Im Gegensatz zu anderen deutschen Großstädten erleben wir keine Preisexplosion. Realistisch betrachtet gleicht der aktuelle Mietanstieg im Durchschnitt nicht einmal die Inflationsrate aus“, meint Jens Zimmermann, Pressesprecher des IVD Mitte-Ost. “Anstatt Diskussionen über die Mietpreisbremse oder das Bestellerprinzip zu führen, braucht es vor allem zukünftige Konzepte für die Entwicklung des Freistaates. Die schnell wachsenden Metropolen benötigen langfristige Lösungen für den Wohnungsneubau, um auch weiterhin ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz dazu braucht es in den ländlichen Regionen den Ausbau der verkehrstechnischen und digitalen Infrastruktur, um der anhaltenden Abwanderung entgegenzuwirken.“

Doch diese langfristigen Lösungen für den Wohnungsneubau fehlen. Irgendwie scheinen alle politischen Ebenen auf den Tag zu warten, an dem auch Sachsens Großstädte einen gravierenden Wohnungsmangel melden und der Leerstandspuffer aufgebraucht ist. Wie schnell kommt dann ein soziales Wohnungsbauprogramm auf die Beine?

Mit zahlreichen Diskussionsforen und Vorträgen will der IVD Antworten auf diese Fragen und weitere aktuelle Herausforderungen der Immobilienbranche im Rahmen der Frühjahrsfachtagung finden. Unter dem Titel: „Das Bestellerprinzip und der Markt – Welche Auswirkungen wird es geben? Wie sehen es die Player am Markt?“, gibt Referent Sven Johns, Mosler+Partner Rechtsanwälte, einen umfassenden Einblick in die gerade erst von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzmäßigkeiten sowie den professionellen Umgang mit Kunden und praktischen Handhabungsempfehlungen. Bettina Harms, Geschäftsführerin Analyse & Konzepte, Hamburg und Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH, wagt mit der Frage „Wohntrend 2030 – Wie sieht die Zukunft aus?“ einen Blick in die Ferne und spricht über neuartige und speziell auf die Wohnungswirtschaft der Zukunft zugeschnittene Wohnkonzepte. In den anschließenden Fachforen stehen Themen wie das Bestellerprinzip oder eine aktuelle Debatte über das neue Mindestlohngesetz und deren Pflichten für den Verwalter als Arbeitgeber und Auftraggeber im Fokus.

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