Auf dem 12. Research Festival for Life Sciences der Universität Leipzig haben erneut Nachwuchswissenschaftler aus allen Bereichen der Medizin und Lebenswissenschaften ihre Ergebnisse vorgestellt. Schon zum sechsten Mal dabei war die Neurowissenschaftlerin Anne Suttkus (30). Die frischgebackene Doktorin vom Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung schätzt seit Jahren die ungezwungene Atmosphäre und Themenvielfalt des Festivals.

Inzwischen ist es eine liebgewonnene Tradition: Zum Jahresausklang kurz vor Weihnachten versammelt das Leipziger Research Festival junge Wissenschaftler der verschiedenen universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in den Räumen des Max-Bürger-Forschungszentrums. Auf dem von der Medizinischen Fakultät und der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie veranstalteten Festival werden unter allen eingereichten Arbeiten 21 Nachwuchspreise vergeben.

Für viele der in diesem Jahr 347 Teilnehmer bot sich damit die erste Gelegenheit, ihre Forschung vor größerem Publikum vorzustellen. Andere wie Anne Suttkus sind schon länger dabei. Die junge Mutter, die im November erfolgreich ihre Doktorarbeit verteidigte, hat seit ihrer ersten Teilnahme 2008 als Diplomandin kein Jahr ausgelassen. Die Anregung gab ihr damaliger Betreuer und späterer Doktorvater am Paul-Flechsig-Institut, Prof. Thomas Arendt, einer der Festivalorganisatoren.

“Ich habe hier nach und nach meine sämtlichen Ergebnisse vorgestellt, jedes Jahr kam ein bisschen mehr dazu”, erzählt Suttkus. Gerade für Einsteiger in den akademischen Betrieb sei das Festival ideal: “Es ist alles dabei, was die Life Sciences in Leipzig zu bieten haben. Man präsentiert seine Forschung, sieht sich die Poster der anderen an und kommt ins Gespräch. Das kann zu neuen Ideen oder sogar Kooperationen führen, ist aber auch einfach ein schöner Nachmittag in einer ungezwungenen Atmosphäre.”

Ihr eigenes Poster zeigt eingefärbte Hirnschnitte von Mäusen in starker Vergrößerung. Lebende Neuronen leuchten darauf lila, abgestorbene grün. Rötlich schimmern um einige der Zellen sogenannte perineuronale Netze. Die molekularen Strukturen, die etwa fünf bis zehn Prozent der Nervenzellen im Gehirn umgeben, sind Suttkus’ Forschungsthema. Bis jetzt sind sie wenig erforscht worden. Untersuchungen an Gehirnen verstorbener Alzheimer- und Parkinsonpatienten haben allerdings gezeigt, dass Gebiete mit vielen netztragenden Neuronen von dem massenhaften Absterben der Nervenzellen, das beide Krankheiten kennzeichnet, weniger betroffen sind. “Die Ursachen dafür sind bis jetzt nicht vollständig klar, weil die Vorgänge bei diesen Krankheiten ausgesprochen komplex sind.”Zumindest einen Faktor für die schützende Wirkung der Netze hat die Forscherin aber inzwischen nachweisen können. Dafür wurde zunächst eine Eisenverbindung in das Hirngewebe der Mäuse injiziert. Suttkus erklärt: “Bei Alzheimerpatienten findet sich häufig eine erhöhte Eisenkonzentration im Gehirn, die den oxydativen Stress im Gewebe verstärkt und wesentlich zum Absterben der Zellen beiträgt. An den Mäusen konnten wir jetzt tatsächlich sehen, dass netztragende Neurone davon deutlich weniger betroffen sind.” Den Juroren des Research Festivals war dieser Fund eine Auszeichnung wert. Sie erkannten der Wissenschaftlerin einen der insgesamt 21 Nachwuchspreise für besondere Forschungsleistungen zu. Allzu große Erwartungen auf klinische Relevanz bremst Suttkus jedoch, zu viele Fragen seien noch offen.

Für Ergebnisse wie dieses ist oft monatelange akribische Arbeit nötig, denn bis jetzt ist die Erfassung des Zellzustandes nicht automatisiert. Tausende Zellen müssen einzeln ausgezählt werden. Doch Anne Suttkus ist durch ihr Thema hochmotiviert. Das Gehirn in seiner Komplexität habe sie schon zu Abiturzeiten fasziniert, erzählt die Sachsen-Anhalterin, die zum Biologiestudium nach Leipzig kam. “Ich wusste eigentlich von Anfang an, dass ich in die Neurowissenschaften wollte.”

Auch der Weg nach der Promotion ist bereits klar: Als Postdoc am Paul-Flechsig-Institut ist die Forscherin kürzlich in das Nachwuchsförderprogramm der Medizinischen Fakultät aufgenommen worden, durch das ihr ein Budget von 50.000 Euro zur selbstständigen Verwendung bereitgestellt wird. In den kommenden Untersuchungen soll vor allem die Interaktion der perineuronalen Netze mit dem Tau-Protein im Fokus stehen, dessen Ablagerung ein Hauptfaktor für Alzheimer und andere neurodegenerative Krankheiten ist. Die Teilnahme am Research Festival 2014 ist damit bereits fest eingeplant.Für ihre besonderen wissenschaftlichen Leistungen in den Programmgruppen wurden folgende Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet:

– Anja Penk, Institut für Medizinische Physik und Biophysik
– Tommy Hofmann, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig
– Melanie Homberg, Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig
– Kristin Seltmann, Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig
– Delia Prywerek, Sektion Hepatologie, Universitätsklinikum Leipzig
– Vilia Zeisig, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universität Leipzig
– Anne Olbrich, Sektion Hepatologie, Universitätsklinikum Leipzig
– Maria Eschke, Institut für Immunologie/Molekulare Pathogenese, Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum, Fakultät für Veterinärmedizin, Universität Leipzig
– Florian Bürger, Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universität Leipzig
– Jan Pippel, Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum, Universität Leipzig
– Maria Kowalski, Rudolf-Boehm-Institut für Pharmakologie und Toxikologie
– Anne Suttkus, Paul Flechsig Institut für Hirnforschung, Universität Leipzig
– Marika Pieszek, Institut für Psychologie, Universität Leipzig
– Lena Spangenberg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Universität Leipzig
– Animesh Bhattacharya, Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universität Leipzig
– Jana Burkhardt, Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig
– Mario Cypko, Innovationszentrum für Computerassistierte Chirurgie, Universität Leipzig
– Alexander Schaudinn, IFB AdipositasErkrankungen, Universität Leipzig
– Anika Maak, Nachwuchsgruppe II, IFB AdipositasErkrankungen, Universität Leipzig
– Holger Kirsten, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, Universität Leipzig
– Christoph Döhler, Biotechnologisch-Biomedizinisches Zentrum, Universität Leipzig

Quelle: Uni Leipzig, Peter Zekert

www.uni-leipzig.de

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