In gewisser Weise ist das, was das Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) am Montag, 17. Juli, vermeldete, eigentlich eine gute Nachricht. Oder wäre es, wenn der Mensch gemeinsam mit dem Tyrannosaurus Rex gelebt hätte. Denn dann hätte er diesem langsamen Fleischfresser durchaus entkommen können. Denn T-Rex war nicht so schnell, wie mancher Fantasy-Film Glauben machen will.

Denn je größer Tiere werden, umso schneller können sie zwar sein. Aber ab einem bestimmten Lebendgewicht wird die zu beschleunigende Masse einfach zu groß, da reicht auch kalorienreiche Nahrung nicht mehr – da wird die Masse zum Geschwindigkeitshemmnis.

Oder mit den anschaulichen Worten aus dem iDiV: „Ein Käfer ist langsamer als eine Maus ist langsamer als ein Kaninchen ist langsamer als ein Gepard ist… langsamer als ein Elefant? Nein! Schneller als ein Gepard ist kein anderes Tier an Land – der Elefant ist zwar größer, aber langsamer. Bei kleinen bis mittelgroĂźen Tieren bedeutet größer auch schneller, doch bei richtig groĂźen Tieren geht es mit der Geschwindigkeit wieder bergab.“

Pech für T-Rex. Da hat er wohl öfter nur das Aas zu fressen bekommen, das kleinere, schnellere Raubsaurier übrig gelassen haben, die auch im iDiV-Verfahren eindeutig als die Schnelleren zu erkennen sind.

Wie dieser parabelartige Zusammenhang zwischen Körpergröße und Geschwindigkeit zustande kommt, hat nun ein Forscherteam unter der Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena erstmals in einem mathematischen Modell beschrieben und dieses in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Ecology and Evolution“ vorgestellt.

Das Modell ist verblüffend einfach: Die einzigen Informationen, mit denen es „gefüttert“ werden muss, sind das Gewicht eines bestimmten Tieres sowie das Element, in dem es sich fortbewegt, also Land, Luft oder Wasser. Allein auf diesen Grundlagen berechnet es die maximale Geschwindigkeit, die ein Tier erreichen kann, mit fast 90-prozentiger Genauigkeit.

„Das Praktische an unserem Modell ist, dass es generell anwendbar ist“, sagt die Erstautorin der Studie, Myriam Hirt vom Forschungszentrum iDiv und der Universität Jena. „Es funktioniert über alle möglichen Körpergrößen von Tieren hinweg, von der Milbe bis zum Blauwal, mit allen Fortbewegungsarten, vom Laufen übers Schwimmen bis zum Fliegen, und gilt in allen Lebensräumen.“

Außerdem sei das Modell keineswegs auf aktuell lebende Tierarten beschränkt, sondern ließe sich ebenso gut auf bereits ausgestorbene Spezies anwenden.

„Um zu testen, ob wir mit unserem Modell auch die Maximalgeschwindigkeit von bereits ausgestorbenen Tieren berechnen können, haben wir es auf Dinosaurier-Arten angewendet, deren Geschwindigkeit zuvor mit hochkomplexen biomechanischen Verfahren simuliert worden war“, erklärt Hirt.

Das Ergebnis: Für Triceratops, Tyrannosaurus, Brachiosaurus und Co. lieferte das einfache Modell Ergebnisse, die mit jenen der aufwendigen Simulationen übereinstimmten – und für Tyrannosaurus mit 27 km/h nicht gerade Rekordwerte ergaben. Zumindest im schnellen Sprint können schlanke Menschen auch solch eine Geschwindigkeit erreichen. Wirklich gut trainierte Läufer noch ein bisschen mehr. Auf kurzen Strecken.

„Dies bedeutet, dass wir mit unserem Modell künftig auch für andere ausgestorbene Tierarten auf sehr einfache Weise einschätzen können, wie schnell diese laufen konnten“, so die Wissenschaftlerin.

Zwei Annahmen liegen dem Modell zugrunde. Die erste Annahme beruht auf der Tatsache, dass Tiere ihre Höchstgeschwindigkeiten während vergleichsweise kurzen Sprints erreichen. Anders als beim Laufen über lange Strecken, bei dem der Körper stets neue Energie zur Verfügung stellt (aerober Stoffwechsel), nutzen Tiere beim Sprinten Energiereserven, die in den Muskeln gespeichert, aber auch vergleichsweise schnell aufgebraucht sind (anaerober Stoffwechsel). Je größer ein Tier ist und je mehr Muskelmasse es hat, desto schneller kann es also sprinten. So weit so gut.

Doch nun kommt ein physikalisches Grundgesetz ins Spiel, das schon Newton beschrieben hat: Masse ist träge. Die fünf Tonnen eines Afrikanischen Elefanten lassen sich nicht so schnell in Bewegung setzen wie die 2,5 Gramm einer Etruskerspitzmaus. Bis so große Tiere wie der Elefant beim Laufen einmal Fahrt aufgenommen haben, gehen ihre schnell verfügbaren Energiereserven auch schon zur Neige. Zusammengenommen ergeben diese beiden Annahmen die anfangs erwähnte Kurve: Ein Käfer ist langsamer als eine Maus ist langsamer als ein Kaninchen ist langsamer als ein Gepard – ist schneller als ein Elefant.

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