Beim Stichwort Saurier denkt man fast immer nur an die späten Dinosaurier und ihr spektakuläres Ende nach dem Kometeneinschlag vor 66 Millionen Jahren. Dabei beherrschten die Saurier aller Arten die Erde schon vor 235 Millionen Jahren. Das sind – verglichen mit der so von sich eingenommenen Menschheit – ungeheure Zeiträume. Mittendrin – vor 154 Millionen Jahren – lebte der Europasaurus, dessen Welt jetzt ein reich bebildertes Buch vorstellt.

Der Dinosaurier Europasaurus war sehr klein und lebte vor 154 Millionen Jahren in Mitteleuropa – neben anderen Sauriern, Urzeitkrokodilen und Säugetieren. In der Graphic Novel „Europasaurus – Urzeitinseln voller Leben“ wird diese Welt wieder lebendig.

Die 275 eigens dafür angefertigten Illustrationen und mehrere Geschichten des Buchs basieren auf der wissenschaftlichen Arbeit von Paläontologen wie der von Dr. Oliver Wings von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU): Der Forscher erarbeitete mit einer Förderung der VolkswagenStiftung und dem Paläokünstler Joschua Knüppe einen neuen Zugang zu dieser Urzeit-Welt. Die Graphic Novel für Jugendliche und Erwachsene erschien am Mittwoch, 2. Dezember.

Das heutige Europa sah im Erdmittelalter, dem Mesozoikum, völlig anders aus: Anstelle großer Landflächen gab es zahlreiche Inseln, auf denen Dinosaurier, Krokodile und frühe Säugetiere lebten. Ein Vertreter von ihnen war Europasaurus holgeri, der zugleich eine wissenschaftliche Kuriosität ist: Er gehört zu den langhalsigen Sauropoden, den größten Landtieren aller Zeiten, deren größte Vertreter auf eine Körperhöhe von über 13 Metern kamen und bis zu 70 Tonnen wogen. Europasaurus war dagegen ein echtes Leichtgewicht: Fossilienfunde belegen, dass er auf eine maximale Körperhöhe von drei Metern und ein Gewicht von bis zu einer Tonne kam.

Oliver Wings & Joschua Knüppe "Europasaurus - Urzeitinseln voller Leben. Foto: Joschua Knüppe
Oliver Wings & Joschua Knüppe „Europasaurus – Urzeitinseln voller Leben“. Foto: Joschua Knüppe

„Europasaurus war der erste Dinosaurier, bei dem Zwergenwuchs nachgewiesen werden konnte. Vermutlich hat er sich mit seinem frühen Wachstumsstopp an das begrenzte Nahrungsangebot auf den Inseln angepasst“, sagt Dr. Oliver Wings vom Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen (ZNS) der MLU.

Die Knochenfossilien von Europasaurus wurden 1998 in einem Steinbruch bei Goslar gefunden, die wissenschaftliche Beschreibung der Funde und die Benennung der neuen Dinosauriergattung folgten 2006 im Fachmagazin „Nature“.

Die neue Graphic Novel „Europasaurus – Urzeitinseln voller Leben“ gibt auf 184 Seiten einen umfassenden und realistischen Einblick in die Lebenswelt dieses zwergwüchsigen Riesensauriers und anderer Lebewesen aus der Urzeit.

„Mit dem Buch wollen wir den Leserinnen und Lesern einen leicht zugänglichen und wissenschaftlich akkuraten Einblick in die Zeit des Mesozoikums geben“, sagt Wings. Neben dem Comic-Teil mit insgesamt 275 Illustrationen gibt es noch einen 38-seitigen Informationsteil im Buch, der allgemeinverständlich die wissenschaftliche Arbeit mit den Fossilien beschreibt. Alle Zeichnungen und Informationen wurden zudem von internationalen Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern auf ihre Korrektheit überprüft.

Einblick in die neue Graphic Novel zu Europasaurus. Foto: Joschua Knüppe
Einblick in die neue Graphic Novel zu Europasaurus. Foto: Joschua Knüppe

Die Basis für das Buch bilden vor allem Forschungsarbeiten, die Wings und Kollegen seit 2011 im Rahmen von mehreren von der VolkswagenStiftung geförderten Projekten durchgeführt haben. Ziel dieser Arbeiten war es, weitere Ausgrabungen durchzuführen und die Funde systematisch weiter aufzuarbeiten und zu beschreiben. Dabei konnte das Team erste Säugetierfossilien aus der Jura-Zeit in Deutschland nachweisen und mehrere neue Arten beschreiben.

„Mir kam dann auch die Idee, die Ergebnisse nicht nur für die Fachwelt aufzubereiten, sondern diese auch einem möglichst großen Publikum zur Verfügung zu stellen“, so Wings. Angereichert durch die Befunde weiterer Ausgrabungen in Mitteleuropa entstand so das Konzept für die Graphic Novel, deren Produktion von der VolkswagenStiftung mit Mitteln für die Wissenschaftskommunikation zusätzlich gefördert wurde.

Sämtliche Zeichnungen wurden von dem Paläokünstler Joschua Knüppe angefertigt, der auf die akkurate populärwissenschaftliche Darstellung von Dinosauriern spezialisiert ist.

„Am meisten hat mich an dem Projekt gereizt, dass diese Fossilien den meisten Menschen noch völlig unbekannt sind und auch in der Paläokunstszene nur selten dargestellt werden. Außerdem hatte ich in dem Buch die Möglichkeit, komplexe Ideen und Inhalte darzustellen, wie man sie sonst nur bei Filmen hat“, so Knüppe.

Bei der Realisierung des Projekts wurden Wings und Knüppe von Art Director Henning Ahlers unterstützt, der dabei half, aus den Fakten eine zusammenhängende und spannende Geschichte zu erstellen.

Das Buch ist zweisprachig verfasst (Deutsch und Englisch) und ist für alle Interessierten ab zehn Jahren geeignet.

Leipziger Zeitung Nr. 85: Leben unter Corona-Bedingungen und die sehr philosophische Frage der Freiheit

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