"Auch zum zehnjährigen Jubiläum darf noch nicht gratuliert werden: Die Bologna-Reform hat ihre Ziele noch lange nicht erreicht. Immer noch bestehen große Mängel nach der Umstellung auf modularisierte Studiengänge und auf Bachelor und Master", stellt die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) zu diesem Jubiläum einer Großbaustelle fest.

Einige sächsische Hochschulen hätten bisher noch keinen einzigen ihrer Studiengänge auf Studierbarkeit und Qualität überprüfen lassen.

“Bemerkenswert ist auch der hohe Erfolgsgrad bei Akkreditierungsverfahren – bei gleichzeitig konstant bleibenden Studienabbruchsquoten und wachsenden psychosozialen Problemen der Studierenden. Dieser Widerspruch zeigt, dass sie den Zweck, die Qualität eines Studienganges zu gewährleisten, bisher nicht erfüllen. Die großen Summen, die den Agenturen gezahlt werden, sind nur sinnvoll angelegt, wenn das Ergebnis ein Studium mit akzeptabler Prüfungslast und didaktisch sinnvoller Gestaltung ist”, meint Florian Sperber, Sprecher der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) dazu.

Auch die starre Fixierung auf die Regelstudienzeit statt auf die sinnvolle Aneignung von Inhalten und Kompetenzen sei in Sachsen seit der Bologna-Reform ein Problem. “Die Regelstudienzeit wird momentan hauptsächlich als Pflicht für die Studierenden empfunden, muss aber stattdessen als Pflicht für die Hochschulen verstanden werden. Diese müssen laut Definition gewährleisten, dass ein Studienabschluss in der entsprechenden Zeit erreicht werden kann – nicht muss”, betont Sperber. “Dass dennoch mit der aktuellen Novelle des Sächsischen Hochschulgesetzes Langzeitstudiengebühren eingeführt werden sollen, die gerade mit der Notwendigkeit in Regelstudienzeit zu studieren begründet werden, steuert die Hochschulpolitik in diesem Land in die völlig falsche Richtung.”Genau wie bei Langzeitstudiengebühren werde beim Hochschulzugang keine Rücksicht auf soziale oder persönliche Hintergründe genommen. Der Numerus Clausus (NC) sollte als kurzfristige Eindämmung der Studierendenflut in den siebziger Jahren der Bundesrepublik dienen. Jetzt blockiert er für viele Studierende den Übergang vom Bachelor- zum Masterstudiengang.

“Unter Bachelor und Master wurde er zur Regel statt zur Ausnahme. Dass nicht nur vor dem Studium, sondern auch noch zwischen den Abschlüssen selektiert wird, ist unhaltbar. Die Hochschulen dürfen nicht aus Geldmangel immer höhere Zugangshürden einrichten. Stattdessen müssen ihnen, besonders in Sachsen, die notwendigen Mittel zukommen”, erläutert Sperber.

Großen Nachregelungsbedarf gebe es auch im Bereich der Mobilität der Studierenden. Ursprünglich war es als einer der Schwerpunkte der Reform gedacht, dass Studierende im ganzen Bolognaraum studieren.” Überladene Studienpläne, fehlende finanzielle Unterstützung und mangelnde Anerkennung von im Ausland erbrachter Studienleistungen haben aber genau für das Gegenteil gesorgt, lieber bleiben die Studierenden zu Hause als das Risiko von erheblichen Studienverlaufsverzögerungen einzugehen. Wer den europäischen Hochschulraum will, muss dafür aber auch die nötigen Rahmenbedingungen schaffen”, fordert Sperber.

Sein Fazit zu zehn Jahren Dauerbaustelle: “Sowohl in der sächsischen Landespolitik als auch an den einzelnen Hochschulen muss weiter an einer Verbesserung der Studienbedingungen gearbeitet werden. Sachsen hat sich von Anfang an mit der Bologna-Reform eher schwer getan. Von der Beibehaltung des ‘Diplom Ingenieurs’ bis zur fehlenden Akkreditierungspflicht wurde der Weg der Reform nur halbherzig beschritten. Bologna muss endlich ordentlich umgesetzt und die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Sonst wird Sachsen am Ende zum Bildungsschlusslicht.”

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