In der letzten Zeit verbreiteten ja diverse Politiker und Medien wieder Hoffnung im Land: Die Schließung des pharmazeutischen Institutes in Leipzig sei gar nicht so sicher. Das Sozialministerium spiele nicht mit. Da bleibe es wohl erhalten. Aber eine kleine Anfrage von Holger Mann, Sprecher für Hochschule und Wissenschaft der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, zeigt: Eigentlich hat sich an der Lage seit Jahresanfang nichts geändert.

Zwar hat Sozialministerin Christine Clauß (CDU) ihr Einverständnis zur Aufhebung des Studienganges noch nicht gegeben. Aber nach Auskunft der Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) sei man da seit Juli in einem Klärungsprozess. Der zwei Lösungen hat:

a) Das Sozialministerium verweigert das Einvernehmen – dann muss der Studiengang erhalten bleiben. Auch gegen den Willen der Uni, betont von Schorlemer. Womit die Uni, die sich mit dem Vorschlag im Dezember 2011 bemüht hat, die Stellenstreichungs-Auflagen des SMWK zu erfüllen, den schwarzen Peter hat. Sie muss dann an anderer Stelle Stellenstreichungen vornehmen.

b) Das Sozialministerium stimmt zu. Dann wird die Pharmazie geschlossen. Denn das Wissenschaftsministerium hat den Streichungsvorschlag schon abgenickt.

Für Holger Mann ein unhaltbarer Schwebezustand. “Die Regierungskoalition muss Lippenbekenntnissen Taten folgen lassen und Stellenkürzungen an der Universität Leipzig reduzieren”, sagt er. “Die Antwort der Wissenschaftsministerin in der Fragestunde hat zeigt, dass die Zukunft des Institutes weiterhin in der Schwebe ist. Das Veto von Sozialministerin Claus zur ‘Aufhebung des Studiengangs Pharmazie’ allein rettet das Institut noch lange nicht. Wer A sagt, muss auch B sagen und die Stellenkürzungsvorgaben – 48 Stellen bis 2014 – gegenüber der Universität Leipzig um mindestens 21 Stellen reduzieren.”

Womit man beim eigentlichen Thema wäre. Denn die Kürzungsvorschläge vom Dezember 2011 hat die Universität Leipzig ja nur auf Druck des Wissenschaftsministeriums gemacht. Und während andere Ministerien mittlerweile durch die tägliche Praxis begriffen haben, wie weltfremd die Personalkürzungsvorgaben der Regierung sind, tut Sabine von Schorlemer auch im September 2012 noch immer so, als läge dem irgendeine Art sinnvolle Zielplanung zugrunde.Und sie spielt in ihrer Antwort das bekannte Spiel: Schuld sind immer die anderen. In diesem Fall die Hochschulen und der Landtag. “Natürlich eröffnet das Hochschulfreiheitsgesetz den Hochschulen einen weiten Gestaltungsspielraum. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass dieser Spielraum durch die haushaltsrechtlichen Vorgaben des Gesetzgebers, also dieses Hohen Hauses, eingeschränkt ist”, sagte sie am 27. September.

Was natürlich eher eine Vertuschung der eigentlichen Verantwortung ist. Denn im Frühjahr hat auch von Schorlemer akzeptierend zur Kenntnis genommen, dass die Studierendenzahlen in Sachsen gestiegen sind, nicht gesunken.

Doch im Hintergrund ziehen immer zwei Männer die Fäden, die seit 2009 nur noch einen Refrain kennen: Personalabbau. Der eine ist Finanzminister Georg Unland, der allen Ministerien ein rigides Personaleinsparprogramm vorgegeben hat, das sich im Kultusministerium längst als nicht umsetzbar erwiesen hat. Und da ist der schweigende Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der das Lied von der demografischen Entvölkerung singt, ohne auf die tatsächlichen Entwicklungen auch nur zu reagieren.

Und Sabine von Schorlemer tut, was die beiden Herren beschlossen haben. Sie sagt es sogar unverblümt: “Aufgrund der zu erwartenden demografischen Entwicklung in Sachsen sowie der mittelfristigen finanziellen Leistungsfähigkeit des Staatshaushaltes sind die Kapazitäten im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen anzupassen. Daher betreibt der Freistaat seit Jahren eine Personalabbaupolitik, mit dem Ziel, alle öffentlichen Einrichtungen und Angebote sukzessive mit den sich ändernden Gegebenheiten in Einklang zu bringen.”

An so einer Argumentation kann sich auch Sozialministerin Christine Clauß nur die Zähne ausbeißen. Die Studierenden oder gar die Bildungserfordernisse des Freistaates spielen in dieser Denkweise keine Rolle.

Was bei dem Dissens zwischen Sozial- und Wissenschaftsministerium herauskommt, ist offen. An einer Lösung im Sinne von Universität und Studierenden jedenfalls scheint die Wissenschaftsministerin nicht interessiert.

Holger Mann: “Wir fordern die CDU/FDP-Regierungsfraktionen auf, den öffentlichen Aussagen zur Zukunft der Pharmazie-Ausbildung in Leipzig mit besserer Stellenausstattung im Doppelhaushalt zu untermauern. Sonst bleiben alle Beteuerungen zum Erhalt des Instituts für Pharmazie nur Lippenbekenntnisse und das Sterben auf Raten ist vorprogrammiert.”

Die Antrag der SPD-Landtagsfraktion sowie eine weitere Stellungnahme zum Thema finden sie unter: http://holger-mann.spdsachsen.de/aktuelles/mannneukirch-clauss-schwenkt-auf-spd-forderung-ein-schliessung-des-pharmazeutischen-instit

Die schriftliche Antwort der Wissenschaftsministerin zur Fragestunde im Landtagsplenum als PDF zum download.

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