Eigentlich wollten die Mitarbeiter des Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Leipzig nur mal ausrechnen, was so aus Ökonomen-Sicht eigentlich herausgekommen ist bei den Elite- und Exzellenz-Initiativen an deutschen Hochschulen. Die hätten doch eigentlich besser - heißt: effizienter - werden müssen. Aber das Ergebnis ist ernüchternd: Effizienzgewinne gleich Null.

Mit der Exzellenzinitiative wurden Mittel für Spitzenforschung an deutschen Universitäten in einem Wettbewerbsverfahren vergeben. Ob sich in diesem Zuge die Effizienz der Hochschullandschaft verändert hat, haben die Mitarbeiter des Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Leipzig in einer Studie mit Daten der amtlichen Hochschulstatistik unter die Lupe genommen.

Seit ihrem Start im Jahr 2006 ist die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder ein viel diskutiertes Thema der deutschen Hochschulpolitik. Das Programm ist als Wettbewerb zur Förderung herausragender Wissenschaft und Forschung angelegt. Bis einschließlich 2017 werden die unterstützten Universitäten mit rund 4,6 Milliarden Euro gefördert.

In der öffentlichen Debatte um die Exzellenzinitiative dominiert meist der Blick auf deren Erfolge in der Bewerbung um die Fördertöpfe. Zahlreiche Analysen und Berichte setzen sich mit den geförderten Projekten oder dem Prestige der sogenannten “Elite-Universitäten” auseinander.

In ihrer Studie betrachten Leipziger Ökonomen nun die ersten beiden Runden des Programms aber einmal aus dem Blickwinkel von Produktivität bzw. Effizienz. Was ja schon eine gewisse Lust am Hintersinn hat. Denn verkauft wurden die Pakete ja mit einem der modernen Heilsversprechen der Politik: Bildung effizienter und “erfolgreicher” zu machen. Elite eben. Das Wort steht ja nicht umsonst im Titel.

Und das lässt sich nun einmal mit den Methoden der üblichen Wirtschaftswissenschaft ganz simpel herausbekommen. Denn dann geht nun einmal auch Hochschulbildung (die treuen L-IZ-Leser kennen es aus den Monitorings der Bertelsmann-Stiftung) ganz simpel mit Input und Output. Denn um Inhalte, besonders zukunftsfähige Forschungsprojekte oder die Schaffung weltweit ausstrahlender Lehrstühle und Forschungscluster ging es in der ganzen “Exzellenz”-Initiative ja nie. Nur um die Einführung (betriebs-)wirtschaftlicher Wertungs-Maßstabe bei der Verteilung von Fördergelder.

Im Grunde am Ende: völlig sinnlos verpulvertes Geld, wenn man es mal ganz einfach sagen will.

Die Wirtschaftswissenschaftler der Uni Leipzig haben es aber ganz einfach gemacht: Sie haben nicht nur “Outputs” wie eingeworbene Drittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Erfolgsfaktor, sondern auch “Inputs” wie die Zahl der Professoren berücksichtigt, wobei die Relation zwischen diesen Faktoren im Hinblick auf deren zeitliche Entwicklung untersucht wird.

Der ökonomische Denkansatz: Wenn weniger Professoren mehr Drittmittel für ihre Hochschule einwerben, ist das Projekt erfolgreicher, ist die Effizienz gestiegen. Das ist genau das, was die ganze Zeit die großen und kleinen Reden zur Exzellenz-Initiative durchzog: Man schaute regelrecht neidisch über den Großen Teich nach Amerika und bewunderte die hohen Quoten an “Drittmitteln” an den dortigen Universitäten. Doch anders als in Deutschland sind das eben eher weniger Mittel aus Forschungsfonds, sondern Stiftungen. Man versuchte mit der deutschen Exzellenz-Initiative einfach mal, mit einem völlig anderen Hochschulmodell zu konkurrieren.

Die ehrliche Antwort lautet im Grunde: Es hat nichts gebracht. Gerade in der Bewerbungsphase haben die Hochschulen vor allem personelle Kapazitäten gebunden, um aufwendige Bewerbungspakete zu schnüren.

Untersucht wurden Daten zu 164 deutschen Hochschulen im Zeitraum zwischen 2001 und 2011.

“Die Koordination von Projektanträgen für Zukunftskonzepte über Fakultätsgrenzen hinweg dürfte für viele Einrichtungen ein Novum dargestellt haben und mit deutlichem Aufwand verbunden gewesen sein, wodurch WissenschaftlerInnen für andere Vorhaben erst einmal weniger Zeit hatten”, sagt Marco Sunder, der die Studie gemeinsam mit Bastian Gawellek erstellt hat.

So erklären sich die Autoren dann den zeitweiligen Effizienzrückgang, den Hochschulen in der Zeit der Antragstellung in der ersten Runde des Programms im Durchschnitt verzeichneten.

Und dann geht es auf ins Rätselraten.

“Auf der anderen Seite sind aber auch Erträge zu sehen, wenn mit der Exzellenzinitiative die Finanzierung für ein Projekt eingeworben wurde, das ohne das Programm vielleicht gar nicht erdacht oder umgesetzt worden wäre”, erläutert Sunder.

Und dann kommt im Grunde die Einschätzung, die zeigt, dass es am Ende nichts anderes war als eine Selbstbeschäftigung  für die Hochschulbürokratie. Denn: Während sich die erfolgreichen Einrichtungen mit der Förderung positiv entwickelten, kann nach Herausrechnen der Exzellenz-Gelder jedoch kein weitergehender Effizienzgewinn in der Gruppe der “Elite-Universitäten” ausgemacht werden.

Es ist also abgelaufen wie bei allen anderen Bewerbungen zu üblichen Förderprogrammen: Es hat sich kein Wunderbrunnen aufgetan, der die “Elite”-Universitäten in andere Regionen katapultiert hätte. Die ganze Mühe hat sich nur im Einwerben der Exzellenz-Gelder ausgezahlt.

Und manche dieser Exzellenz-Projekte haben nach Auslaufen der Förderperiode arge Schwierigkeiten bekommen, fortgesetzt zu werden, weil auf einmal die Finanzierung wegbrach. Selbsttragend ist da nichts geworden.

In der Studie werden auch 88 Fachhochschulen berücksichtigt, auch wenn diese im Rahmen der Exzellenzinitiative gar keine eigenen Anträge einbringen konnten.

Aber zumindest eines hat der ganze Exzellenzwettbewerb gebracht: Er hat viele Universitäten bestärkt in der Drittmittel-Akquise.

“Die Fachhochschulen können uns als Vergleichsmaßstab dienen. Interessanterweise finden wir nach dem Start des Programms eine relative Verbesserung der Universitäten gegenüber den Fachhochschulen, was die Effizienzentwicklung angeht. Dieser Befund legt nahe, dass die Exzellenzinitiative den Wettbewerb unter den Universitäten angekurbelt hat und damit zu mehr Produktivität beiträgt”, sagt Gawellek.

Das ist dann trotzdem nur “Produktivität” – nämlich Drittmittel-Akquise pro Professor. Ein hübsches Beispiel für eine mathematisch leichte Ökonomie-Aufgabe, die alles andere, was eine Hochschule erst ausmacht, einfach ausblendet. So wird zwar die zunehmende Ökonomisierung der deutschen Hochschulen greifbarer, dafür geht das Eigentliche immer mehr verloren: Was tragen die Hochschulen eigentlich zur wissenschaftlichen Fundierung unserer Gesellschaft bei? Denn Drittmittel an sich sagen ja nichts über den Sinn der damit geförderten Projekte. Und erst recht nichts über die wirkliche Exzellenz der Hochschule. Die steckt nun mal in den Köpfen ihrer besten Professoren und – wenn die Sache gut funktioniert – in denen ihrer Studierenden. Aber das lässt sich mit mathematischen Formeln nicht fassen. Das merkt man erst, wenn es zunehmend fehlt, weil die Hochschulen nur noch mit der Jagd nach irgendwelchen Drittmitteln beschäftigt sind.

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Nach meiner Kenntnis ist es in der Zwischenzeit üblich, dass derartige Studie auf Englisch veröffentlicht werden. Wie das beispielsweise auch die Studie von Wissenschaftlern aus mehreren europäischen Ländern über die gravierende Veränderung der Finanzkontrolle während der Wiedervereinigung, wo mein Buch wesentliche Grundlage war und die ich mit mehreren Interviews unterstützt habe, der Fall war.

Ich finde es jedoch mehr als merkwürdig, dass diese Studie über die Effizienz der Hochschullandschaft nicht in Deutsch zu lesen ist. Oder ist das doch möglich?

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