Am Mittwoch, 30. Januar, veröffentlichte "Reporter ohne Grenzen" die neue Rangliste der Länder zur Pressefreiheit. Deutschland landet in dieser Liste auf Rang 17. Ein durchaus kritischer Platz. Denn auch in Deutschland wird an mehreren Stellen massiv an der Einschränkung der Pressefreiheit gearbeitet. Und der "Sachsensumpf" bekommt ein eigenes Kapitel. Mit herzlichen Grüßen mitten in den Leipziger OBM-Wahlkampf.

Die Generaleinschätzung von Reporter ohne Grenzen (ROG) zu dem, was aktuell in Deutschland passiert: “Problematisch ist hier vor allem die abnehmende Vielfalt der Presse: Aus Geldmangel arbeiten immer weniger Zeitungen mit eigener Vollredaktion, mehrere Redaktionen wurden 2012 komplett geschlossen. Gleichzeitig investieren Unternehmen und PR-Agenturen steigende Summen, um ihre Inhalte in den Medien unterzubringen. Zudem gelangen Journalisten oft nur schwer an Informationen von Behörden. Mit Sorge beobachtete ROG die Diskussionen um ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und Drohungen radikaler Gruppen gegen kritische Berichterstatter. Positiv hervorzuheben ist ein neues Bundesgesetz vom August 2012, das Journalisten stärker vor Durchsuchungen schützt.”

Aber speziell für Sachsen fällt ein besonderer Journalisten-Prozess so ins Gewicht, dass ihn ROG ganz gesondert “würdigt”: “Der sogenannte Sachsensumpf-Prozess gegen die Leipziger Journalisten Thomas Datt und Arndt Ginzel wurde im November 2012 in zweiter Instanz vor dem Dresdener Landgericht verhandelt. Die sächsischen Richter sprachen die beiden Journalisten am 11. Dezember vom Vorwurf der üblen Nachrede frei und setzten damit ein wichtiges Signal, dass das Strafrecht nicht gegen Journalisten eingesetzt werden darf. Sechs Tage später legte die Dresdner Staatsanwaltschaft jedoch Revision gegen das Urteil ein, sodass sich der Prozess nun weiter in die Länge zieht. Datt und Ginzel hatten 2008 über angebliche Kontakte hochrangiger sächsischer Justizbeamter ins Leipziger Rotlichtmilieu berichtet. Der Leipziger Polizeipräsident erstattete daraufhin Anzeige, im August 2010 wurden die beiden Journalisten zu je 2.500 Euro Geldstrafe verurteilt.”

Das Verfahren kommt nun ans Oberlandesgericht. Dieses entscheidet, ob die Revision verworfen wird, eine Neuverhandlung an einer anderen Strafkammer des Landgerichts veranlasst wird oder ob es auf Basis der Prozessunterlagen ein eigenes Urteil fällt.

Wie es zur Anzeige gegen Datt und Ginzel kam, schildert der MDR in einem Beitrag vom 13. November so: “In ihrem Artikel ‘Voreiliger Freispruch’ in ‘Zeit Online’ vom 27. Juni 2008 hatten sie die Arbeit einzelner Polizisten hinterfragt. Die Verurteilung bezog sich letztlich auf Passagen im Artikel, die nach Ansicht der Autoren als Fragestellungen zu sehen sind, vom Gericht jedoch als Tatsachen-Behauptungen gewertet wurden. Damit sollen die Journalisten die zwei Polizisten beleidigt haben. Diese fühlten sich nach eigenen Angaben aber gar nicht angegriffen und verweigerten eine Anzeige.

Auch Leipzigs Polizeipräsident, Horst Wawrzynski, zögerte zunächst. Er stellte schließlich im September 2008 Strafantrag gegen die beiden Journalisten. Wie die ‘Berliner Zeitung’ später aufdeckte, war dem ein Telefonat mit dem Dresdner Innenministerium vorausgegangen. Wawrzynski kandidiert derzeit für die CDU bei der Leipziger Oberbürgermeisterwahl 2013.”

Dazu stellen wir an dieser Stelle keine Frage, auch wenn uns schon ein paar einfallen würden.

Zur Rangliste:
www.reporter-ohne-grenzen.de/ranglisten/rangliste-2013/

ROG zum Prozess gegen Datt und Ginzel:
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/meldung-im-detail/artikel/freispruch-im-sachsensumpf-prozess-wichtiges-signal-in-europa

Der MDR zum Prozess gegen Datt und Ginzel:
www.mdr.de/hier-ab-vier/neues-von-hier/journalistenprozess100_zc-89075c22_zs-6f93dce8.html

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