Zu den Wahlprüfsteinen, die das bundesweite Netzwerk Kreative Deutschland bei den etablierten Parteien zur Bundestagswahl 2013 abgefragt hat, gehört auch das Thema Urheberrecht. Bis 2012 heftig diskutiert, dann aber überschattet von der weltweiten Ausspäharbeit der westlichen Geheimdienste, die das Internet als großes Abschöpfinstrument missbrauchen.

Wirklich geklärt ist die Sache mit dem Urheberrecht im digitalen Zeitalter trotzdem nicht. Wobei der Kopierschutz nur ein Teil der Gemengelage ist – ein anderer Teil ist die Bezahlung von Inhalten. Man kann zwar alles jederzeit im Internet veröffentlichen und weiterverteilen. Aber wenn Kreative davon leben wollen, brauchen sie ein Geschäftsmodell, das auch funktioniert. Bislang aber machen nur die Zweit- und Drittverwerter den großen Reibach, indem sie den “Content” zur Basis enormer Reichweitezahlen machen. Dass deutsche Verleger da gern mitgemischt hätten, ist nur zu verständlich. Der Ansatz “Leistungsschutzrecht” aber war unübersehbar der falsche. Wohin geht also die Reise?

Und so fragte Kreative Deutschland: “In den vergangenen Jahren fand in Deutschland und Europa eine intensive Auseinandersetzung über den Schutz von Urheberrechten im digitalen Zeitalter statt. Diese Diskussion ist für die Kreativökonomie, zu der sowohl Urheber (bspw. Journalisten, Komponisten, Texter) als auch Verwerter (bspw. Blogger, DJs) gehören, von hoher Bedeutung. Welche Standpunkte vertritt Ihre Partei in Bezug auf den Urheber- und Leistungsschutz?”

Die Standpunkte der einzelnen Parteien:

CDU/CSU:

“Durch die Digitalisierung ist das Spannungsfeld um das Urheberrecht sicht- und spürbarer geworden. Aber auch im digitalen Zeitalter gilt der Anspruch des Urhebers auf Schutz seines geistigen Eigentums und das Recht auf eine angemessene Vergütung seiner Leistung. Es sichert nicht nur das Einkommen der Urheber, es ermöglicht auch künstlerische Vielfalt.

Das Urheberrecht muss zugleich von den Nutzern verstanden und akzeptiert werden sowie Antworten auf die veränderten digitalen Anwendungsmöglichkeiten geben. CDU und CSU wollen daher das Urheberrecht weiterentwickeln, zum Beispiel beim Thema Privatkopie, beim Umgang mit Rechtsverstößen durch Nutzer oder der wachsenden Zahl neuer Formen der digitalen Verwertung. Dazu ist eine technische und rechtspolitische Abwägung notwendig, um den berechtigten Interessen der Urheber, der Rechteinhaber, der Verwerter und der Verbraucher gerecht zu werden. Viele Fragen werden nicht nur national zu lösen sein. Wir müssen unsere Vorstellungen daher auch auf EU-Ebene bzw. international einbringen.”
SPD:

“Wir setzen uns für eine Modernisierung des Urheberrechts ein, das Kreative, Urheber und ihre Partner stärkt und das Recht mit neuen digitalen Nutzungspraktiken in Einklang bringt. Die Verbindung zwischen Urheber und Werk darf dabei aber nicht in Frage gestellt werden. Unser Ziel ist es, einen fairen und gerechten Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sicherzustellen, der die kulturellen und ökonomischen Rahmenbedingungen der Kultur- und Kreativwirtschaft gewährleistet. Das von Schwarz-Gelb beschlossene Leistungsschutzrecht lehnen wir ab. Wir wollen nach der Regierungsübernahme unter Einbeziehung aller Akteure einen Vorschlag entwickeln, der die Möglichkeiten der Presseverleger zur Rechtsdurchsetzung im Hinblick auf ihre bereits bestehenden Urheberrechte stärkt, dabei die Interessen der Urheber (hier insbesondere Journalistinnen und Journalisten) vollständig wahrt, den Grundsatz der Informationsfreiheit gewährleistet und die Auffindbarkeit von Informationen gewährleistet. Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf unser Wahlprogramm (Seite 63 ff.) sowie unser Positionspapier ‘Für ein faires und zukunftsfähiges Urheberrecht’.”

FDP:

“Im Bereich des Urheberrechts ist es uns ein besonderes Anliegen, Anreize, kreativ tätig zu werden und damit neue, innovative Inhalte zu schaffen, weiter zu fördern. Hierdurch dürfen technischer Fortschritt und neue legale Geschäftsmodelle nicht unnötig behindert werden. Allgemein gilt, wer urheberrechtlich geschützte Werke verwenden möchte, muss den jeweiligen Rechteinhaber fragen, denn diesem obliegt die Entscheidung, welche Nutzung er für seine Werke zulässt. Das Urheberrecht in seiner geltenden Form hat sich bewährt und zeichnet sich zu Recht durch ein hohes Schutzniveau aus. Dieses hohe Schutzniveau muss in der digitalen Welt bewahrt werden. Forderungen nach einer grundlegenden Revision des Urheberrechts sind unbegründet. Bei einer Modernisierung des Urheberrechtes müssen die berechtigten Belange der Nutzer im Rahmen eines angemessenen Interessenausgleichs auf sachgerechte Weise berücksichtigt werden. Im Zentrum des Urheberrechts muss daher auch in Zukunft der Schutz der kreativen Leistung stehen.”

Bündnis 90/Die Grünen:

“Die größte Stärkung des Urheberrechts liegt in einem fairen Interessenausgleich. Zugang zu und Teilhabe an kulturellen Gütern ist gleichermaßen schützenswert wie die Rechte Kreativer. Wir wollen die Vergütungssituation für UrheberInnen verbessern: das Schlichtungsverfahren im Urhebervertragsrecht über gemeinsame Vergütungsregeln so gestalten, dass es zu einem für beide Seiten bindenden Ergebnis führt. Wir wollen Vereinigungen von Urhebern die Möglichkeit geben, die Einhaltung der Vergütungsregeln einzuklagen und fordern einen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegenüber den Inhabern der Nutzungsrechte über Art und Umfang der Werknutzung. Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage lehnen wir in dieser Form ab. Es wird die Situation der Verlage nicht ändern und birgt die Gefahr, dass Informationen online nicht gefunden werden. Vor weiteren Tätigkeiten bezüglich der Presseverlage braucht es eine valide Analyse, um Vorschläge zum Erhalt journalistischer Vielfalt zu erarbeiten.”

Die Linke:

“Wissen soll produktiv weiter verwendet werden dürfen. Das muss mit dem Recht der Schöpferinnen und Schöpfer geistiger Werke auf angemessene Bezahlung in Einklang gebracht werden. Wir wollen diese Fragen in einem modernen Patent- und Urheberrecht regeln. Wir fordern eine Reform des Urhebervertragsrechts, damit Kreative ihre Ansprüche auf angemessene Vergütung wirksam durchsetzen können. Wir wollen die Möglichkeit zu Total-Buyouts, durch die sich die Verwerter ausschließliche Nutzungsrechte auch in die Zukunft einräumen lassen, vertragsrechtlich einschränken. Urheberinnen und Urheber sollen eine bessere Kontrolle über ihre Rechte haben. Gemeinsame Vergütungsregeln müssen notfalls auf dem Wege der Rechtsverordnung in Kraft gesetzt werden können. Der Anspruch auf angemessene Vergütung sollte von Berufsverbänden der Urheberinnen und Urheber auf dem Klageweg geltend gemacht werden können. Wir setzen uns für neue Lizenz- und Vergütungsmodelle (Creative Commons, Kulturwertmark, Crowdfunding) sowie für eine umfassende Reform der Verwertungsgesellschaften ein.”

Das Leipziger Kreativen-Netzwerk: www.kreatives-leipzig.de

Die Antworten zu den “Wahlprüfsteinen”: www.kreative-deutschland.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar