Mit der letzten Landtagssitzung beschloss die schwarz-gelbe Koalition eine Erhöhung der Mittel für die lokalen TV-Macher in Sachsen. Über die Sächsische Landesmedienanstalt (SLM) sollen die Mittel vorrangig für technische Kosten ausgereicht werden. Wieviel es eigentlich sein soll, ob es rechtskonform zugeht und warum die Bürgerradios nicht berücksichtigt wurden, wollten wir von den medienpolitischen Sprechern der im Landtag vertretenden demokratischen Parteien wissen. Auch, welche Kenntnisse die Medienexperten ihrer Fraktionen eigentlich so von den unabhängigen Netzmedien haben. Nach Karl-Heinz Gerstenberg (Die Grünen) antwortete nun auch der Leipziger Sebsatian Gemkow (CDU).

Ist Ihnen bekannt, welche Gesamtreichweite bei welcher Zuschauergruppe die rund 50 Lokal-TV-Anbieter in Sachsen zusammen haben?

Die Lokal-TV-Anbieter erreichen laut Funkanalyse Sachsen 1,1 Millionen Sachsen (Wert: Nutzer gesamt, netto) ab 14 Jahren.

Sind Ihnen die Erhebungsmethoden für diese Zuschauerzahlen bekannt und welche sind diese?

Die Umfrage wird telefonisch ermittelt, insgesamt wurden in Sachsen mehr als 6.900 Menschen interviewt. Auftraggeber der Studie ist die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM).

Geben diese Erhebungsmethoden Ihrer Meinung nach ein realistisches Bild über das Gewicht der Lokal-TV-Anbieter in Sachsen wieder?

Die Methode ist an die Mediaanalyse für das Radio angelehnt und diese ist schon seit Jahrzehnten erprobt. Einige andere Bundesländer haben die Umfrage übernommen, so dass inzwischen die neuen Bundesländer eine einheitliche Umfrage im Bereich Lokal TV haben.

Wie hoch wird mit der neuen Beschlussfassung im sächsischen Landtag die Bezuschussung der Lokal-TV-Anbieter bei den Leitungskosten gesamt pro Jahr ausfallen?

Das Gesetz formuliert lediglich eine Ermächtigungsgrundlage für die unabhängige SLM. Wie eine Förderung dann aussieht und in welcher Höhe sie stattfindet, wird durch die SLM aufgrund einer Satzung festgelegt. Je nach Sender schwanken die Bedarfe, vor allem DVB-T Sender sind stark betroffen. Aber auch die Sender im Erzgebirge haben durch die Topographie und der Kleinteiligkeit der Kabelnetze hohe Verbreitungskosten.

Allerdings soll das Gesetz auch Hürden für die digitale Verbreitung der Sender beseitigen und damit zum Teil die wichtige digitale Verbreitung erst ermöglichen. Dabei geht es gar nicht um Geld sondern zum Beispiel um die Pflicht des Kabelnetzbetreibers das Programm im Verbreitungsgebiet “abzuholen”.

In ihrem Entwurf formuliert die CDU Sachsen sinngemäß, dass Sachsen mehr Lokal-TV Anbieter hat, als beispielsweise Bayern. Ist dies nicht eher ein Zeichen einer wenig marktorientierten Lage, da offenkundig die Umsätze der jeweiligen Firmen nicht zur Existenzsicherung genügen und deshalb eine Bezuschussung beschlossen wurde?

Sachsen hat eine einmalige TV Landschaft. Die Sender berichten über das ganze Land verteilt aus der jeweiligen Region, dies wollen wir erhalten. Allerdings wurden in den letzten Jahren die Verbreitungshürden eher größer. So müssen die Sender DVB-T, Kabel analog, Kabel digital und IP TV bedienen.

Genau aus diesem Grund wurde nur die Möglichkeit der Förderung der Verbreitungskosten ins Gesetz aufgenommen. Inhalte sollen ausdrücklich nicht finanziert werden, auch wenn sich das einige Sender vielleicht wünschen.

Warum hat die CDU bei der Beschlussfassung zugestimmt?

Unter den Abgeordneten unserer Fraktion herrscht Einigkeit, dass Lokales TV in der Fläche erhalten werden soll. Die Lokalen Sender leisten einen wichtigen Beitrag zur Meinungspluralität in Sachsen und gewährleisten Berichterstattung, die andere Medien in dieser Kleinteiligkeit nicht abdecken können. Die CDU-Fraktion hat sich darum zur Unterstützung der Sender entschlossen.

Welche Lokal-TV-Anbieter kennen Sie persönlich, die in Sachsen produzieren?

Ich habe in den letzten Jahren Kontakt mit vielen Sendern in Sachsen aufgenommen. Sie produzieren Mehrheitlich ausschließlich in Sachsen. Im Zuge der Entstehung des Gesetzentwurfs habe ich in den letzten Monaten den Großteil der Lokal-TV-Anbieter in ihren jeweiligen Regionen persönlich besucht und mich mit ihnen über deren Situation ausgetauscht.

Wie würden Sie die journalistische Qualität, den Sendebetrieb und das Image dieser Ihnen bekannten Lokal-TV-Anbieter in Sachsen beschreiben?

Wenn wir unter Qualität verstehen, inwieweit die Lokal-TV-Anbieter allgemeine Anforderungen, die wir an den Journalismus stellen erfüllen, dann ist die Qualität hoch. Menschen aus einer Region berichten dort der Öffentlichkeit kontinuierlich und aktuell über relevante Fakten. Gerade durch die Kleinteiligkeit sind die Anbieter in ihrem Sendegebiet wichtige Ansprechpartner vor Ort. Der Begriff der Qualität unterliegt oft einer subjektiven Einschätzung.

Welche Förderungen der drei bekannten Bürgerradios Radio T, Coloradio und Radio Blau seitens des Freistaates oder der SLM sind Ihnen bekannt?

Teile der Leitungskosten der Sender werden übernommen, weiterhin gibt es Projektförderung in unterschiedlichem Ausmaß. Auch die Kommunen in denen die Sender verbreiten beteiligen sich zum Teil mit bedeutenden Mitteln an der Förderung dieser Veranstalter.

Bekanntlich werden die drei genannten Radios als eher “links” eingeordnet. Sehen Sie hier einen Zusammenhang zu der erfolgten Beschlussfassung zum Lokal-TV unter Auslassung einer Unterstützung für die drei genannten Radios?

Nein. Die politische Einstellung der Radiomacher und die Programmgestaltung sind für diese Entscheidungen nicht relevant. Die drei erwähnten Radios konzentrieren sich auf die Großstädte. Sachsen besteht aber nicht nur aus den drei Großstädten. Es ist wichtig, auch die Fläche zu bedienen, in der inzwischen leider die klassischen Lokalredaktionen der Tageszeitungen weniger vertreten sind. Die sächsischen Lokal-TV-Anbieter schließen hier eine Versorgungslücke.

Hat die CDU einen Überblick über die finanzielle Lage des unabhängigen Online-Journalismus und reiner Netz-TV-Anbieter in Sachsen? Wenn ja, wie würden Sie die Situation beschreiben?

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Der unabhängige Online-Journalismus hat es aktuell schwer, seine Leistungen zu finanzieren, das ist eine Herausforderung vor der große und kleine Verlage stehen. Eine Chance sehe ich in der Tatsache, dass beim Online Journalismus im Gegensatz zu den TV-Anbietern, die für ihre Programme teure DVBT-Sender mieten, die Verbreitungskosten skalierbarer sind.

Weiterhin haben Online-Anbieter deutlich weniger Restriktionen bei der Werbevermarktung als Lokal-TV-Anbieter, beispielsweise bei politischer Werbung. Sie agieren unabhängig von den örtlichen Tageszeitungen und sind meist Inhabergeführt.

Welche Reichweiten haben die von Ihnen genannten oder Ihnen bekannten Onlinemedien zusammen?

Eine Zusammenfassung der Reichweitenzahlen ist mir im Bereich der Onlinemedien nicht bekannt. Ich persönlich nutze auch die Onlineseite des Kreuzers für Veranstaltungstermine sehr gerne, diese Seite erreicht wohl 80.000 Abrufe pro Monat.

Was wissen Sie über die Kostenstruktur und die Einnahmemöglichkeiten/-arten eines tagesaktuellen Onlinemediums?

Ich vermute, dass der größte Block der Ausgaben im Bereich der Redaktion liegt. Die Verbreitungskosten sollten im Verhältnis zu den TV Anbietern und Tageszeitungen deutlich geringer sein.

Radio T hat bereits eine Klage gegen den Beschluss der Förderung der Lokal-TV Sender angekündigt. Wie sehen Sie die Rechtslage bei der neuen Förderung der Leitungskosten durch die SLM?

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bleibt abzuwarten, wie die konkrete Förderung durch die SLM aussehen wird. Ich bin sicher, dass die SLM eine rechtskonforme Ausgestaltung finden wird. Zum jetzigen Zeitpunkt über die Erfolgsaussichten einer Klage zu sprechen die sich gegen eine Rechtsvorschrift richten soll, die noch nicht einmal erlassen wurde, ist reine Spekulation.

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