Sie residiert in einer hübschen kleinen Villa in der Ferdinand-Lassalle-Straße in Leipzig, den Clara-Park direkt vor der Tür, ziemlich idyllisch. Und jahrelang hat die Sächsische Landesmedienanstalt hier auch ohne viel Aufhebens gearbeitet, kontrolliert, gefördert, Gelder verteilt. Aber mit dem etwas rumpeligen Abschied von Geschäftsführer Martin Deitenbeck hat sich das gründlich geändert. Auf einmal tun sich Risse auf in der Institution und die Frage nach Transparenz und Glaubwürdigkeit kommt auf den Tisch.

Am 28. März hatte der Medienrat der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) schon gemeldet, man habe im Auswahlverfahren für die Geschäftsführung einen aussichtsreichen Kandidaten ausgesiebt. Normalerweise ist das dann nur noch eine Formsache, dass auch die mit breiter Öffentlichkeit besetzte Versammlung der SLM zum Auswahlergebnis Stellung nimmt und den Vorschlag akzeptiert.

Eigentlich sollte die Versammlung nur beratend tätig sein. Aber gerade weil hier wirklich kompetente Vertreter aus der Breite der Gesellschaft sitzen, ist ihr Wunsch natürlich berechtigt, einen neuen Bewerber auch fachlich beurteilen zu können und auch mal „Nein“ zu sagen, wenn man das Gefühl hat, dass der Kandidat die Ansprüche eher nicht erfüllt oder dass das Auswahlverfahren den Ansprüchen nicht genügt.

Und genau so ist es in der Sitzung der SLM-Versammlung am Dienstag, 2. April, wohl auch geschehen. 35 Mitglieder hat die Versammlung. Sie wählt einen eigenen Vorstand und verschiedene Arbeitsgruppen. Und am 2. April entschied sich die Versammlung mehrheitlich – mit zwei Enthaltungen und keinen Gegenstimmen – dafür, dem Medienrat nahezulegen, das derzeit laufende Verfahren um die Besetzung der Geschäftsführerposition auszusetzen.

Als Grund für die Empfehlung nannte man die Kritik an Form und Inhalt der Ausschreibung. In der Debatte muss dann noch deutlicher geworden sein, dass das Anforderungsprofil offenkundig nur auf einen einzigen Kandidaten zugeschnitten war. Außerdem sei die Bewerbungsfrist mit 14 Tagen zu kurz gewesen.

Und es waren wohl auch der Vertreter der Staatskanzlei sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Landtagsfraktionen von CDU, Linken, SPD und Grünen, die für die Empfehlung stimmten. Ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass der Medienrat der SLM für sein Vorgehen keinen politischen Rückhalt hat.

Im Nachgang bat die Vorsitzende der SLM-Versammlung, Brunhild Fischer, dann darum, die Meldung zu Abstimmungsergebnis sowohl auf der Homepage der SLM zu veröffentlichen, als auch um den Versand an den Presseverteiler.

Aber am Mittwoch, 4. April, wurde dann bekannt, dass der Medienrat diese Pressemiteilung nicht versenden wolle.

Aus Sicht diverser Versammlungsmitglieder ein eindeutiger Affront gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern von über 30 gesellschaftlich relevanten Gruppen in Sachsen, darunter unter anderem die christlichen und jüdischen Religionsgemeinschaften, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Parteien, Familien- und Frauenverbände sowie Handwerkskammer und IHK, die beiden letzteren höchstkarätig vertreten durch ihre Präsidenten.

In der Debatte wurde, so hört man weiter, auch anhand anderer Beispiele aus der Tätigkeit des Medienrates die schlechte Außendarstellung der SLM und die mangelnde Transparenz des Medienrates gerügt. Der Medienrat will nun am heutigen Montag, 8. April, abschließend über die Neubesetzung der Geschäftsführerstelle bzw. über die Aussetzung und Neueinleitung des Verfahrens entscheiden.

Und weil die Pressemitteilung über die SLM nicht ausgestreut wurde, veröffentlichen wir sie hier:

Pressemitteilung vom 2. April 2019

Aus der Versammlung der Sächsischen Medienanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien

Die Versammlung der SLM beschäftigte sich im Rahmen ihrer Sitzung am 02.04.2019 mit der Anhörung zur Neubesetzung der Stelle des Geschäftsführers der SLM. Hierbei kam sie zu folgendem Beschluss:

Die Versammlung beschließt und positioniert sich damit zur Anhörung gemäß § 30 Absatz 11 SächsPRG wie folgt:

Die Versammlung der SLM empfiehlt dem Medienrat die Aufhebung des Bewerbungsverfahrens.
Vor Einleitung eines neuen Ausschreibungsverfahrens ist sicherzustellen, dass das Auflösungsverfahren rechtssicher mit dem Amtsvorgänger abgeschlossen ist.
Die Versammlung der SLM empfiehlt dem Medienrat, unter Beachtung des Punktes 2 eine Neuausschreibung einzuleiten.
Die Versammlung der SLM empfiehlt dem Medienrat, bei einer etwaigen Neuausschreibung eine Bewerbungsfrist von sechs Wochen festzusetzen.
Die Versammlung der SLM empfiehlt dem Medienrat angesichts der gewandelten Herausforderung im Medienbereich, der Breite der Aufgaben, denen sich die SLM zu stellen hat und der zeitgleich herrschenden schlechten Außenwahrnehmung der SLM, hinsichtlich der Bewerberinnen und Bewerber ein deutlich breiteres Anforderungsprofil bei Qualifikation und Eignung zu fassen.

Dieser Beschluss wurde mit 23 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen gefasst. Dem Medienrat wurde er unmittelbar nach Sitzung bekanntgegeben.

Update, 8. April, 13 Uhr, Pressemitteilung des Medienrates der SLM:

Medienrat der Sächsischen Landesmedienanstalt vertagt Entscheidung über Besetzung der Geschäftsführung

Leipzig, 08.04.2019: Der Medienrat der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) hat am 8. April 2019 in einer Sondersitzung beschlossen, die Entscheidung über die Besetzung der Geschäftsführung unbestimmt zu vertagen. Zunächst müsse versucht werden, die Kommunikation zwischen Medienrat und Versammlung zu verbessern, heißt es in dem Beschluss. Dazu hat der Medienrat eine Reihe von Ad-hoc-Maßnahmen beschlossen: So wird ab sofort und bis auf Weiteres Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz auf Seiten des Medienrates erster Ansprechpartner für die Versammlung sein. Er wird den Medienrat auch in der Versammlung vertreten. Auch die Verwaltung der SLM wird bis auf Weiteres anderweitig in der Versammlung vertreten werden.

Der Medienrat hat die Maßnahmen in einem Schreiben an die Versammlung dargestellt. Darin bittet er die Versammlung, ihrerseits zu prüfen, welche Maßnahmen dort ergriffen werden können, um die Kommunikation zwischen beiden Organen zu verbessern. Darüber hinaus regt der Medienrat an, zeitnah in intensive Gespräche einzutreten, um die im Beschluss der Versammlung vom 02.04.2019 und in der öffentlichen Kommunikation vertretenen Auffassungen über das Stellenbesetzungsverfahren der Geschäftsführung und die damit verbundenen Auseinandersetzungen zu einem guten Ende zu bringen.

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