Russland feiert gerade den Sieg über Napoleon 1812. Mit einem "Historischer Pferderitt Moskau-Paris 1812 - 2012" wird dazu der Weg einer Kosakeneinheit nachgestellt. Halt in Leipzig ist am 13. und 14. Oktober. Wegen der Völkerschlacht 1813 allhier. Ein Konzert des legendären Alexandrow-Ensembles gibt es dann ebenso wie eine Runde-Tisch-Diskussion.

In Leipzig besitzen Runde Tische einen hohen Stellenwert. Gerade im Oktober wird alljährlich an die herrschaftsverändernde Kraft der Gespräche an diesem hierarchiefreien Möbelstück zwischen Spätherbst 1989 und Frühjahr 1990 erinnert.

Im Oktober diesen Jahres nun werden staatliche und halbstaatliche russische Einrichtungen zu einem Runden Tisch bitten. Die Gesprächsrunde wird am 13. oder 14. Oktober in Leipzig stattfinden. Unter der Überschrift “Europa nach 200 Jahren” sollen Spezialisten der Region dabei ihre Meinung äußern, kontrovers diskutieren und zu einem Konsens gelangen, teilen die Veranstalter des “Historischen Pferderitts Moskau – Paris 1812-2012” mit. Dieser Ritt und sein Rahmenprogramm sind “Teil des staatlichen russischen Programms zum 200. Jahrestag des Napoleonischen Russlandfeldzuges von 1812”. Veranstalter des Rittes ist der Allrussische Wohltätigkeitsfonds “Russisches Erbe”.

Kosaken in Paris. Klarer kann der historische Einschnitt des Frühjahrs 1814 nicht verdeutlicht werden. Ein knappes Vierteljahrhundert nach 1789 folgte der Französischen Revolution im Namen von Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit die Restauration. Russland war der Sieger des vergangenen kriegerischen Vierteljahrhunderts, die europäische Großmacht dieser Zeit schlechthin. Der Geist der “Heiligen Allianz” herrschte nun in Europa.
Kosaken in Paris. Das steht aber auch für die Herausbildung eines kollektiven russischen Selbstverständnisses durch den Sieg über Napoleon. So gesehen passt die Neuauflage des Kosakenritts irgendwie wunderbar in das Vorprogramm des hiesigen Doppeljubiläums 1813 – 1913 – 2013. Das soll in Leipzig im nächsten Jahr an die Völkerschlacht des Oktober 1813 und die Einweihung des gleichnamigen Denkmals einhundert Jahre später erinnern.

So entwickelte die Szene bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Events eine ganz eigene Symbolik. Die Vertreter der russischen Seite saßen im Ratsplenarsaal des Neuen Rathauses unter dem Gemälde “Die Erstürmung des Grimmaischen Thores am 19. October 1813”.

Diese Kampfhandlung ist eine Schlüsselszenen der Völkerschlacht 1813. Denn sie steht für das Einrücken der siegreichen antinapoleonischen Verbündeten in die Stadt an der Pleiße. Den Vorstoß führte übrigens ein ostpreußisches Landwehrbataillon aus der Gegend um das damalige Königsberg. Die Gegend um die Stadt gehört seit dem Ende des Großen Vaterländischen Krieges 1945 als Oblast Kaliningrad zur Russischen Föderation.
Besagtes historisches Stadttor stand an der Nordseite des heutigen Grassi-Museums. Dort ließ die Stadt Leipzig 1863 ein Denkmal für den Bataillonskommandeur Karl Friedrich Friccius (1779 – 1856) errichten. Das Denkmal kann heute noch dort besichtigt werden.

Zeigen, was es bedeutet, dass wir alle in Frieden leben.

Doch zurück zum Vaterländischen Krieg der Russen von 1812 und dem anschließenden Sieg der Verbündeten über Napoleon. Das Erinnern an jene Kriegszeit, die eigentlich erst 1815 bei Waterloo endete, zeige, “was Sicherheit in Europa für uns bedeutet, und was es bedeutet, dass wir alle in Frieden leben”, erinnerte Wiacheslaw A. Logutow, Russlands Generalkonsul in Leipzig, bei der Pressekonferenz im Neuen Rathaus.

Um eben jene Erinnerung soll es bei dem Historischen Pferderitt gehen. Aber auch an die Erinnerung an Russlands Sieg, der Kosaken 1814 bis Paris führte. Und natürlich an die gemeinsame, partnerschaftliche Geschichte von Russen und Deutschen. Nicht von ungefähr läuft gerade das Russische Jahr in Deutschland und das Deutsche Jahr in Russland mit einer Fülle kultureller Veranstaltungen.
Nun war ab 1812 zuvörderst Preußen der Verbündete Russlands. Das königliche Sachsen zählte als Alliierter Napoleons zu den besiegten Staaten und blieb bis zum Inkrafttreten der Friedensverträge 1815 unter russischem und preußischen “General-Gouvernement”. Mit dem damaligen russischen Stadtkommandanten von Leipzig, Victor Anton Franz von Prendel (1766 – 1852), verbinden sich noch heute verschiedene Anekdoten, die Ehrenbürgerwürde der Stadt und die Kommandant-Prendel-Allee in Stötteritz.

Russische Soldaten werden auch am 13. Oktober 2012 wieder in Leipzig sein. Die Sänger des legendären Alexandrow-Ensembles der russischen Streitkräfte geben auf der Neuen Messe ein Konzert. Kosaken-Musik und deutsche Volkslieder inklusive. Also eine Veranstaltung nicht nur für Spezialisten, sondern für das breite Publikum. Dann gebe es “erstmals eine Veranstaltung mit Künstlern und Pferden”, freut sich Oberst Leonid Malew, Direktor des Akademischen Ensembles für Gesang und Tanz der Russischen Armee Alexandrow, so sein offizieller Titel.

Gerade älteren Ostdeutschen dürfte das Ensemble durch seine Gastspiele und Fernsehauftritte in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR noch vertraut sein. In den letzten Jahren sangen die Künstler in Uniform sogar im Vatikan und im Nato-Hauptquartier.

Mit dabei werden im Oktober Reiter der Kremljowsker Reitschule sein. Sie schlüpfen in die Rolle der historischen Don-Kosaken des Ataman Platow. Deren Kampfweg von 1812 bis 1814/1815 stellt der Historische Ritt nach.

Russische Reiterverbände unter dem Kommando des Kavellerie-Generals und Kosaken-Atamans Graf Matwej Iwanowitsch Platow (1751 – 1818) nahmen auch an der hiesigen Völkerschlacht teil. Sie kämpfen im Raum von Holzhausen. Deshalb ist Leipzigs einer der “Schlüsselpunkte” des Rittes vom Herbst 2012.

Mit dem Geschichtsprojekt verbinden sich zugleich Bemühungen um den Erhalt der Donpferde. Denn die Zukunft dieser sehr leitungsfähigen Pferderasse ist gefährdet. Es gehört zu den Besonderheiten der Platow-Kosaken, dass sie mit denselben Pferden wieder in Russland ankamen, mit denen sie dort in den Kampf gezogen waren. In Kriegen, die regelmäßig auch mit dem Massensterben von Pferden verbunden waren, keine Selbstverständlichkeit.

Bestandteil des Leipzig-Aufenthalts der historischen Reiter wird außerdem ein Gedenken an die 22.000 russischen Gefallenen der Völkerschlacht sein. An ihren Tod erinnert die russisch-orthodoxe Kirche im Südosten der Messestadt. Dort wird im Oktober eine Messe zum Gedächtnis an die Toten gehalten werden.

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