Jetzt hat auch die Leipziger Schriftstellerin Christiane Benedikte Naubert (1752-1819) eine Gedenktafel in Leipzig. Am Freitag, 13. September, wurde die Tafel an der Ecke Nikolaistraße/Grimmaische Straße enthüllt. Ein lüttes Jährchen verspätet. Der runde Geburtstag war im September 2012. C. B. Naubert wurde am 13. September 1752 in Leipzig geboren, bis zu ihrer Heirat 1797 lebte sie in Leipzig, dann in Naumburg. 1818 kam sie nach Leipzig zurück und starb hier am 12. Januar 1819.

Aber während Goethe, Schiller und die Gebrüder Grimm auch heute noch allgemein bekannt sind, gerieten die zur gleichen Zeit wirkenden Schriftstellerinnen in Vergessenheit – ein Schicksal, das Christiane Benedikte Naubert teilte.

Von ihren Zeitgenossen war Nauberts Romanschaffen geschätzt, ihre Werke waren bekannt und wurden europaweit in vielen Übersetzungen publiziert. Denn: Man hielt ihre Romane für die Werke eines gelehrten Mannes, da sie anonym schrieb. Erst 1817 wurde ihre Anonymität aufgedeckt. Mit ihrer Anonymität nahm Naubert auch Rücksicht auf die geachteten, bekannten Männer ihrer Familie.

Sie ist die Begründerin des modernen historischen Romans. Ihren ersten historischen Roman veröffentlichte sie 1785, über 50 Romane sind von ihr erschienen. Außerdem schrieb sie von 1789 bis 1792 die Märchensammlung “Neue Volksmärchen der Deutschen” – vier Bände. Wilhelm Grimm besuchte Benedikte Naubert im Jahr 1809.Naubert entstammte den Leipziger Juristen- und Gelehrtenfamilien Bosseck und Hebenstreit. Zu ihrer Zeit waren sie hochgeschätzte Leipziger Persönlichkeiten: der Jurist und Senior des Schöppenstuhls Benjamin Gottlieb Bosseck, Nauberts Großvater; der Mediziner und Naturforscher Johann Ernst Hebenstreit, Nauberts Vater; ihre Brüder Georg Ernst, Theologe und Heinrich Michael, Historiker und Jurist. Ihr jüngerer Bruder Ernst Benjamin Gottlieb und ihr Neffe, Sohn ihrer Schwester, Johann Christian Clarus, waren Mediziner, letzterer bekannt als Woyzeck-Gutachter. Dieser gelehrte familiäre Hintergrund ermöglichte Christiane Benedikte Naubert die notwendigen Studien und Bibliothekszugänge, die sie für gründliche Recherchen zu ihren historischen Romanen benötigte.

Angebracht wurde die Gedenkplatte am Nachfolge-Gebäude ihres Geburtshauses, der ehemaligen Salomonis-Apotheke (alias König-Salomon-Apotheke) in der Grimmaischen Straße 17.”Viel gäbe es noch über Naubert zu schreiben – und wurde in neuerer Zeit auch geschrieben”, erzählt Sylvia Kolbe, Stadtführerin in Leipzig und seit einigen Jahren darum bemüht, auch C. B. Naubert in der Leipziger Öffentlichkeit wieder bekannter zu machen. Unter anderem erschien im Jahr 2010 die Veröffentlichung der österreichischen Germanistin Claudia Hareter “Benedikte Naubert: Eine Untersuchung der Lage einer Schriftstellerin in der Goethezeit”. Im Jahr 2005 promovierte die britische Germanistin Hillary Brown mit “Benedikte Naubert and Her Relations to English Culture” und nimmt darin auch Bezug auf Nauberts Einfluss auf die Romane von Walter Scott.

Anlässlich ihres 261. Geburtstags am 13. September 2013 erscheint zur Gedenkplattenenthüllung ein weiteres Werk aus ihrer Feder in Neuauflage. Seit 2006 gibt der Engelsdorfer Verlag jedes Jahr einen ihrer Romane neu heraus, in der Transkription von Sylvia Kolbe – um Christiane Benedikte Naubert auch für heutige Leser wieder bekannt, erschwinglich und lesbar zu machen.

Das neueste Werk vereinigt jetzt frühe historische Romane von Christiane Benedikte Naubert: “Brunilde. Eine Anekdote aus dem bürgerlichen Leben des dreizehenden Jahrhunderts” und: “Meinhard, Graf zu Tirol. Eine Begebenheit des funfzehnten Jahrhunderts”. Nauberts bevorzugter Verlag war die Weygandsche Buchhandlung Leipzig, hier wurden auch die beiden Kurzromane “Brunilde” im Jahr 1790 und “Meinhard” im Jahr 1794 veröffentlicht.

Aus dem Klappentext: “Österreich, Südtirol und Bayern sind die Schauplätze der hier vorliegenden historischen Kurzromane. Brunildes Mutter, aus dem mächtigen Geschlecht der Kuenringer stammend, ist bestrebt, nach dem Niedergang ihrer Familie an den Wiener Hof von Friedrich II. dem Streitbaren zu gelangen. Dafür ist ihr jedes Mittel recht. Graf Meinhard, der letzte männliche Erbe einer alten und ehrenvollen Familie, ist “gesättigt von den erschlaffenden Vergnügungen der großen Welt” und lebt nunmehr zurückgezogen in seiner Burg zu Uttenheim. Doch welches Geheimnis steckt hinter der verzweifelten Inschrift, die seine Pflegetochter Therese eines Tages in der Burg entdeckt?

Christiane Benedikte Naubert “Brunilde – Eine Anekdote aus dem bürgerlichen Leben des dreizehenden Jahrhunderts. Meinhard, Graf zu Tirol – Eine Begebenheit des funfzehnten Jahrhunderts. Zwei historische Kurzromane in einer Transkription von Sylvia Kolbe”, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2013, 11,50 Euro

www.engelsdorfer-verlag.de

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