Er gehört zu den bekanntesten Wissenschaftlern, die an der Uni Leipzig forschten. Auch eine Straße ist in Leipzig nach ihm benannt: Am Montag, 31. August, jährt sich der Todestag von Wilhelm Maximilian Wundt (1832 bis 1920) zum 100. Mal. Im Jahre 1879 gründete Wundt, nach seiner Berufung zum Professor für Philosophie an die Universität Leipzig, das weltweit erste Psychologische Institut an einer Universität.

In Lehrbüchern des Fachs gilt diese Institutsgründung als Geburt der modernen wissenschaftlichen Psychologie. Das Institut ehrt ihn mit einem Festakt.

Ein überragender Philosoph, der schon zu Lebzeiten mit Aristoteles und Gottfried Wilhelm Leibniz verglichen wurde, das war der 1832 in Neckarau bei Mannheim geborene Wilhelm Maximilian Wundt. Der studierte Mediziner habilitierte 1857 in Heidelberg, nach verschiedenen Stationen im In- und Ausland folgte er 1875 schließlich dem Ruf auf eine Professur für Philosophie an die Universität Leipzig. Hier war Wundt bis 1917 tätig.

Leipzig sei damals für Wilhelm Wundt wie gemacht gewesen, erklärt Prof. Dr. Jörg Jescheniak, der Direktor des Leipziger Instituts für Psychologie – Wilhelm Wundt: „Die Messemetropole zählte im 19. Jahrhundert zu den bedeutendsten Handelszentren, war gleichzeitig Stadt der Kultur und des Buch- und Verlagswesens, des Bürgertums und der Wissenschaft. Das von ihm neu gegründete Psychologische Institut zog dann umgehend zahlreiche Mitarbeiter und Schüler an, die ihrerseits zu internationalen Gründungsfiguren psychologischer Denkschulen und Teildisziplinen wurden. Ein Gewinn für die Stadt Leipzig und natürlich auch für unsere Universität.“

Wundt trug somit maßgeblich zur akademischen Etablierung einer Disziplin bei, die heute nicht nur durch die Forschung in ihren vielfältigen Grundlagenbereichen, sondern vor allem auch durch berufspraktische Tätigkeiten in diversen Anwendungsfeldern prägend ist. Dazu zählen die psychologische Psychotherapie und Beratung, die Personalauswahl und -entwicklung sowie die Schulpsychologie.

Der einzigartigen Bedeutung Wundts als Gründer der modernen wissenschaftlichen Psychologie wurde bereits zu seinen Lebzeiten mit einer Reihe hochrangiger Ehrungen Rechnung getragen. Darunter sind die Ehrendoktorwürden und Ehrenmitgliedschaften der Universitäten Budapest, Göttingen, Leipzig und Moskau, zahlreiche Ehrenmitgliedschaften in internationalen Wissenschaftsgesellschaften und -akademien.

Heute werden Originalgerätschaften, Möbel und Schriftstücke aus der Frühzeit des Instituts in einer Sammlung im „Wilhelm-Wundt-Gedenkzimmer“ aufbewahrt und regelmäßig einer interessierten, zumeist internationalen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Am Montag, 31. August, um 17 Uhr wird das Institut für Psychologie der Universität Leipzig Wilhelm Wundt in einem Festakt ehren. Die Veranstaltung findet an der Wundt-Eiche im Clara-Zetkin-Park statt. Dabei wird unter anderem Wundt-Forscher Prof. Dr. Erich Schröger vom Institut für Psychologie etwas zu Leben und Werk des Begründers der modernen wissenschaftlichen Psychologie sagen. Wenige Monate vor Wundts Tod wurde auf Geheiß der Stadt Leipzig diese Eiche zu Ehren des Ehrenbürgers Wundt gepflanzt und mit einer hölzernen Tafel versehen. Diese Tafel ist in den Nachkriegsjahren verschollen und wird nun beim Festakt durch eine Metallplakette ersetzt.

Die Wilhelm-Wundt-Eiche befindet sich quasi auf halbem Weg zwischen der Parkgaststätte Glashaus und der Terrasse am Inselteich.

Auch Grimma begeht Wundts 100. Todestag

Eigentlich bringt man mit dem Physiologen und Psychologen Wilhelm Wundt die Universitätsstädte Heidelberg, Tübingen und Leipzig in Verbindung. Gestorben ist der Doktor der Medizin am 31. August 1920 aber in seiner Alterssitz-Villa im Grimmaer Ortsteil Großbothen.

Wundt in seinem Privathaus - Foto aus seinem Familienalbum aus dem Jahr 1904. Foto: Institut für Psychologie der Universität Leipzig
Wundt in seinem Privathaus – Foto aus seinem Familienalbum aus dem Jahr 1904. Foto: Institut für Psychologie der Universität Leipzig

Anlässlich des 100. Todestags laden Oberbürgermeister Matthias Berger, die Mitglieder des Ortschaftsrates Großbothen sowie die Vertreter des Fördervereins Wilhelm-Wundt-Haus Großbothen zur Gedenkveranstaltung ein. Die Zeremonie am Montag, 31. August, beginnt um 15 Uhr am Wilhelm-Wundt-Haus in der Grimmaer Straße 28 in Großbothen. Tim Tepper, Vorsitzender des Fördervereins Wilhelm-Wundt-Haus Großbothen, informiert über die Zukunft des Hauses.

Der Professor an der Leipziger Universität folgte im frühen 20. Jahrhundert seinem engen Freund und Chemie-Nobelpreisträger, Wilhelm Ostwald (1853–1932), aufs Land. Sein letztes Wohnhaus im Grimmaer Ortsteil Großbothen ist die letzte noch erhaltene authentische Lebensstätte. Während der DDR-Zeit konnten der Erhalt des Hauses gesichert und eine kleine Gedenktafel angebracht werden.

Nach der politischen Wende befand sich das Gebäude wieder in Privatbesitz und stand leer. Es war zunehmend dem Verfall preisgegeben. Der Eigentümer erwog den Abriss. Wegen des bestehenden Denkmalschutzes konnte er aber seine Absicht nicht verwirklichen.

Seit 2015 versuchte eine Freiburger Denkmalpflegerin, die aus familiären Gründen der Psychologie und dem Lebenswerk von Wilhelm Wundt besonders nahesteht, die Immobilie zu erwerben. Im November 2017 wurde der Kaufvertrag geschlossen. Parallel zu den Verhandlungen über den Ankauf des Hauses wurde im Sommer 2016 der „Förderverein Wilhelm-Wundt-Haus Großbothen“ auf Schloss Altranstädt gegründet.

„Die daran beteiligten Wissenschaftler und Denkmalpfleger, Planer, Kommunalpolitiker und Anwohner würdigen durch ihre Mitwirkung nicht nur einen großen Wissenschaftler Sachsens, sondern bringen zugleich ein öffentliches Interesse am Erhalt des Hauses für den Ort, für die Region und für die Wundt-Forschung zum Ausdruck.

2019 bewilligten der Bund und der Freistaat Sachsen insgesamt 500.000 Euro für die Sanierung des Gebäudes. Dieser Betrag wird aber sicher nicht ausreichen. Die Planung der reinen Restaurierung ist inzwischen abgeschlossen. Mit den Arbeiten wird demnächst begonnen“, so Andreas Jüttemann, Vertreter des Fördervereins Wilhelm-Wundt-Haus.

Eine „Besichtigung“ des Wilhelm-Wundt-Hauses wird im Rahmen des Tags des Offenen Denkmals ab September 2020 vorerst virtuell als 360°-Foto-Tour möglich sein, kündigt die Stadt Grimma an.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten unter anderem alle Artikel der LEIPZIGER ZEITUNG aus den letzten Jahren zusätzlich auf L-IZ.de über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall zu entdecken.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar