Es ging den Bauwilligen vor 100 Jahren auch schon so wie heute: Da rechnet man mit 350.000 Mark für den neuen Kirchenbau auf dem Nordplatz – und am Ende kostet der trotzdem 507.000 Mark. Aber im Ergebnis bekam die neue Gemeinde auch eine prachtvolle Kirche im Stil der Neorenaissance. Mit 72 Meter hohem Turm. 1901 wurde der Grundstein gelegt.

Eine aktuelle Ausstellung in der Michaeliskirche am Nordplatz widmet sich dem Architekturwettbewerb für die im Jahre 1904 eingeweihte Kirche. Erstmals seit 120 Jahren werden die Originalentwürfe der Preisträger des damaligen Wettbewerbes gezeigt. Bis zum 30. September 1900 waren die Entwürfe einzureichen.Die Ausschreibung enthielt detaillierte Vorgaben zur Gestaltung des Kirchen- und Altarraumes, Anzahl der Sitzplätze sowie der Sakristeien und deren Größe. Hingegen wurde „Die Stellung des Turmes (wird) dem Architekten überlassen, ebenso die Wahl der Plätze der Kanzel, das Lesepult, das Taufbecken… Indes dürfen weder Kanzel noch Orgel hinter dem Altar angeordnet werden“, hieß es in der Ausschreibung. Als Baukosten war eine Höchstsumme von 350.000 Mark vorgegeben.

27 Arbeiten waren eingegangen. Die Preisrichter („Baurat Professor Licht, Leipzig; Geh. Regierungsrat Professor Raschdorff, Berlin; Geh. Baurat Professor Dr. Wallot, Dresden; Zwei Mitglieder des Kirchenvorstandes“) traten am 18. Oktober 1900 zusammen. Schließlich wurde der dritte Preis für das Leipziger Architektenbüro Heinrich Rust und Alfred Müller zur Ausführung empfohlen. Wer aber waren die anderen Preisträger?

Die Ausstellung zum Architekturwettbewerb in der Michaeliskirche ist täglich von 15–18 Uhr geöffnet.

Die Ausstellung hat natürlich auch einen aktuellen Hintergrund, den am 7. Juli meldete die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, dass sie die Sanierung der Außenfassade der Michaeliskirche in Leipzig mit einem Zuschuss unterstützt.

30.000 Euro für die Außenfassade

Die äußere Fassadensanierung am Kirchenschiff der Michaeliskirche in Leipzig unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) dank zahlreicher Spenden sowie der Erträge der Lotterie GlücksSpirale mit 30.000 Euro. Das Gotteshaus ist eines von über 800 Objekten, die die private DSD dank Spenden, der Erträge ihrer Treuhandstiftungen sowie der Mittel der GlücksSpirale, der Rentenlotterie von Lotto, allein in Sachsen fördern konnte.

Die nach Plänen der damals namhaften Architekten Alfred Müller und Heinrich Rust zwischen 1901 und 1904 errichtete Michaeliskirche steht in herausragender städtebaulicher Lage am heute ebenfalls denkmalgeschützten Nordplatz. Zusammen mit der übrigen Platzrandbebauung, zu der ein Schul- und Verwaltungsgebäude sowie architektonisch herausragende großbürgerliche Wohnhäuser gehören, bildet die Kirche eines der für die Entstehungszeit modernsten städtebaulichen Ensembles Leipzigs.

Der Innenraum der nach Norden ausgerichteten Kirche hat die bauzeitliche, nach einheitlichem Entwurf gefertigte Ausstattung weitgehend unverfälscht bewahren können. Die verwendeten Materialien – wie Eichenholz für das Gestühl, die Kanzel, die Orgel und die Emporenbrüstung, dann Marmor für den Altar und das Taufbecken, schließlich Rochlitzer Porphyr für die Stützen und Messing für die nahezu vollständig erhaltenen Wand- und Deckenleuchter – zeugen von einem hohen ästhetischen Anspruch.

Die Belichtungs- und Beleuchtungskonzeption vervollkommnet die Raumwirkung. Gerade der Lichteinfall durch die farbige Verglasung wurde mit punktueller elektrischer Beleuchtung sinnvoll ergänzt und bereichert.

177.000 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes

Am 20. Mai hatte Leipzigs Bundestagsabgeordneter Jens Lehmann (CDU) schon aus dem Haushaltsausschuss des Bundestages berichtet, dass auch der Bund Geld zur Sanierung der Fassade zuschießt.

„Gestern bewilligte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die Fördermittel für das Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes. Daraus erhält die Michaelis-Friedens-Kirchgemeinde am Leipziger Nordplatz bis zu 177.000 Euro vom Bund für die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen“, meldete Lehmanns Büro.

„Die Fördermittelzusage für die Michaeliskirche freut mich sehr. Mit der zugesagten Förderung können nun geplante Sanierungsschritte im Kircheninnenraum begonnen werden“, sagte Jens Lehmann bei der Gelegenheit und betonte, er habe sich persönlich für die Mittelvergabe bei Staatsministerin Monika Grütters, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, eingesetzt.

Durch die Zusage können nun u. a. die Buntglasfenster im Altarraum, im Kirchenschiff über den Emporen und auf der Orgelempore saniert, die Fassadeninstandsetzung im Bereich der Seitenschiffe Ost und West sowie die Verfugung der Sandsteinblöcke vorgenommen werden.

„Die Zusage der Mittel wird die über 3.800 Mitglieder der Michaeliskirchgemeinde, aber auch viele Leipziger sehr freuen. Mir ist es ein besonderes Anliegen, das Sanierungsvorhaben weiter zu begleiten, sodass der geplante Abschluss aller Arbeiten im Jahr 2027 eingehalten werden kann und alle Leipziger dann ihre Michaeliskirche in ganzer Pracht genießen können“, so Jens Lehmann.

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