In "2 Uhr 14" erzählt der kanadische Dramatiker David Paquet die Schicksale von fünf Menschen, die bei einem Amoklauf in einer Schule ihr Leben verlieren. Als Tote schildern sie fünf Geschichten des Aufbruchs. Am Freitag feierte das Werk in der Inszenierung von Ronny Jakubaschk im Theater der Jungen Welt Premiere.

Dieser Abend ist anders. Bühnenbildnerin Vera Koch hat den Zuschauerraum in eine Theater-Arena verwandelt. Ein langer, grüner Steg durchzieht den Raum. Auf dem Boden sind die weißen Umrisse menschlicher Körper gemalt, wie wir sie aus dem Krimi kennen. An die Seiten und an ein Ende der Spielfläche grenzen kleine Tribünen. Das andere Ende mündet in eine Quarterpipe, deren Plattform durch Spinds begrenzt wird, aus denen die Akteure die Bühne betreten. Über den Schränken thront ein Radio-Studio, aus dem der Amokläufer seine Opfer beobachtet.

Paquets Stück umreißt die Gefühlswelten von fünf Charakteren, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Der depressive Lehrer, der frustriert von seinem Job ist. Die Pummelige, die wegen ihrer überschüssigen Pfunde gemobbt wird. Die Borderlinerin, die sich aus der Laune heraus tätowieren lässt. Der schizophrene Kiffer, der sich in eine Seniorin verguckt. Und der Streber, der sich endlich verlieben möchte.

Der Bühnentext ist tragisch. Das Sujet lässt es nicht anders zu. Doch Paquet glückt das Kunststück, frei von Sentimentalität, das Drama augenzwinkernd mit humoristischen Einfällen zu erzählen. Das Werk ist von Metaphern übersät. “Ich bin keine Schildkröte, ich bin eine Schwalbe”. “Alles was ich esse, schmeckt nach Sand.”

Jakubaschk hatte die Wahl. Und entschied sich für die denkbar schlechteste Variante. Der Regisseur inszenierte den Abend als unentschlossenen Mittelweg zwischen sozialkritischer Schultragödie und comichafter Tragikomödie. Zwar transportiert er mit minimalsten Mitteln – Stühlen aus den Klassenzimmern, blauen Matten und dosierten Gesten – den Geist des Textes an den Lindenauer Markt.

Jedoch tritt seine Inszenierung nach 45 Minuten spürbar auf der Stelle. Nach einem furiosen Solo von Sven Reese über den Frust des Lehrer-Seins hat Jakubaschk sein gesamtes Pulver verschossen. Tolle Einfälle bleiben in der zweiten Hälfte des Abends aus. Vielmehr dreht sich das Bühnengeschehen im Kreis. Dank einer starken Ensemble-Leistung lassen sich die zweiten 45 Minuten halbwegs ertragen.

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