Der "Parsifal" am Karfreitag ist mittlerweile eine kleine Tradition. Dieses Jahr erlebten Wagnerianer in der Oper Leipzig keine Sternstunde. Tenor Daniel Kirch blieb in der Titelpartie hörbar unter seinen Möglichkeiten.

Roland Aeschlimanns “Parsifal”, mit Unterbrechungen seit April 2006 in Leipzig zu sehen, ist eine mythologische Licht-Klang-Installation, die Wagners “Bühnenweihfestspiel” in rätselhafte, überwiegend bläuliche Bilder taucht. Titurels mächtige Stimme aus dem Orchestergraben ist ein guter Einfall, die Drapierung des Chors im Saal hinter der rechten Loge ein genialer Kunstgriff. Aus dem Hintergrund bahnt sich dessen Gesang im ersten und dritten Akt schleichend seinen Weg in den Saal.

Abgesehen von Ritter Gurnemanz karikiert Aeschlimann Wagners Figuren. Parsifal (Daniel Kirch) ist in seinen weiten Gewändern ein “reiner Tor” mit clownesken Anleihen. Amfortas mimt permanent den sterbenden Schwan, Zauberer Klingsor (Jürgen Kurth) den Prototypen des Bösewichts aus dem Märchenfilm. Kundry (Kathrin Göring) erscheint als Raubkatze in Menschengestalt.

Die Inszenierung ist nach neun Jahren freilich kein Novum mehr in der Parsifal-Deutung, zählt aber nach wie vor zur besseren Sorte. Aeschlimann entschlackt das Spätwerk vom Ballast der Wagner’schen Kunstreligion, verpackt die mythologischen Elemente der Fabel jedoch in evozierende Bilderwelten, deren Deutung dem Zuschauer überlassen bleibt.

Musikalisch ist die 22. Vorstellung keine Sternstunde. Ulf Schirmer führt Sänger, Chöre und Orchester gewohnt notensicher durch das Werk. Während Runi Brattaberg einen voluminösen Gurnemanz singt, enttäuscht ausgerechnet Daniel Kirch. Der Tenor kommt passagenweise einfach nicht gegen die betörende Musik aus dem Graben an. Das kann er besser, wie er an diesem Abend taktweise beweist.

Jürgen Kurth (Klingsor) und Kathrin Göring (Kundry), beide mit den Leipziger Gegebenheiten bestens vertraut, zelebrieren ihre Partien par excellence. Die Blumenmädchen gefallen, Chor und Kinderchor hören sich wunderbar an. Doch der “Parsifal” steht und fällt mit der Darbietung der Titelpartie. Deshalb bleibt die Repertoire-Vorstellung an Karfreitag 2015 zu durchwachsen, um richtig gut zu sein.

Oper Leipzig
Parsifal

Nächste Vorstellung: 22. Mai.

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