Das Gelände in seinem rudimentären Zwischenzustand, bevor wieder etwas drauf gebaut wird, lädt geradezu ein, darauf ein Theaterstück aufzuführen, das die Dissonanz der Zeit zum Thema hat. Und genau so soll es werden auf dem Gelände des Eutritzscher Freiladebahnhofs, wo am 29. Juli Premiere ist für das Stück „A Clockwork Orange“ von Anthony Burgess, inszeniert von den Cammerspielen Leipzig.

Der Eutritzscher Freiladebahnhof in Leipzig soll sich ja in den nächsten Jahren in einen neuen, lebendigen Stadtteil verwandeln. Doch bevor das größte städtebauliche Entwicklungsvorhaben der Messestadt startet, wird ein vom Investor, der IMFARR Beteiligungs GmbH, unterstütztes Kultur-Projekt für erstes Aufsehen auf dem zukünftigen Bauland sorgen.

„Wenn ein Mensch nicht wählen kann, hört er auf, Mensch zu sein“, diesen Spruch aus „A Clockwork Orange“ haben Annika Schäfer und Lara Scherpinski als Motto gewählt für die Inszenierung des legendären Jugendstücks im Programm der Cammerspiele.

Worum geht es?

Ein ehemaliges Industrieareal wird diesen Sommer von fünf jungen Männern okkupiert, die ihre Umwelt in Angst und Schrecken versetzen. Die „Droogs“ hängen in (Milch-)Bars ab, nehmen Drogen, überfallen Leute, schlagen, quälen und vergewaltigen. All dies geschieht als Zeitvertreib. Bis ihr Anführer Alex dafür in einer Haftanstalt landet. Als Versuchskaninchen eines neuartigen Umerziehungsprogramms der Politik beginnt das Blatt sich zu wenden. Die Gewalt richtet sich gegen ihn …

Der brutale und hochaktuelle Stoff von „A Clockwork Orange“ lässt unsere Moralvorstellungen bröckeln. Zwischen hemmungsloser Gewalt, menschlicher Konditionierung und Freiheitsverlust verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse. Wie viel Freiheit wären wir bereit aufzugeben? Und für was?

Das Künstlerinnen-Duo Schaefer/Scherpinski inszeniert einen turbulenten, musikalischen Theaterabend unter freiem Himmel. Getragen von Beethovens 9. Sinfonie entsteht an mehreren Orten eine Welt voller menschlicher und moralischer Abgründe. Lasst uns den „Droogs“ auf die dunklen Pfade zwischen alten Fabrikhallen folgen!

Premiere ist am 29. Juli um 19:30 Uhr.

Wirklich vormerken kann man sich die Spieltermine an den folgenden Tagen, an denen „Leipzig 416“ zur Theaterbühne wird:

30. Juli bis 1. August 2020 | 19:30 Uhr

5. bis 8. August 2020 | 19:30 Uhr

12. bsi 15. August 2020 | 19:30 Uhr

„Als Projektentwickler haben wir lebendige Quartiere und Viertel zum Ziel. Darüber hinaus kommt uns die Verantwortung zu, die Gesamtentwicklung der jeweiligen Stadt im Auge zu behalten. In Leipzig können wir dieser Verantwortung mit Zwischennutzungen wie den Theateraufführungen von ‚A Clockwork Orange‘ schon früh im Projektverlauf entsprechen, indem wir die Kunst- und Kulturszene der Sachsenmetropole unterstützen“, erklärt Ludger Wälken, Geschäftsführer der 100-prozentigen IMFARR-Tochter Leipzig 416 Management GmbH, das Engagement für das Kulturprojekt.

„Wir bedanken uns bei der IMFARR für diese besondere Möglichkeit und versprechen unseren Gästen einen turbulenten musikalischen Theaterabend unter freiem Himmel“, freuen sich die Regisseurinnen Annika Schäfer und Lara Scherpinski.

Unter dem Projektnamen „Leipzig 416“ entwickelt die in Wien ansässige IMFARR Beteiligungs GmbH aus der Brache des ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhofs 2.400 Wohnungen, davon 30 Prozent miet- und belegungsgebunden. Das groß dimensionierte Bauvorhaben „Leipzig 416“ sieht neben Wohnungen einen Schul- und Sportcampus, zwei Kitas, kulturell-soziale Einrichtungen, ca. 100. 000 Quadratmeter Gewerbefläche und einen 5,5 Hektar großen öffentlichen Park als grünes Herzstück vor. Das Investitionsvolumen liegt bei rund einer Milliarde Euro. Erste Vorbereitungen vor Ort laufen bereits.

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Keine Kommentare bisher

Zunächst vielen Dank für den Hinweis!
Ich werde es mir unbedingt ansehen.
Wie Ihr allerdings auf die Idee kommt, das inhaltlich teilweise zutiefst verstörende Werk als “Jugendstück” zu bezeichnen, erschließt sich mir nicht. Wer seinerzeit Kubricks Verfilmung gesehen hat, weiß warum.
Zeitlos aktuell ist *Clockwork Orange* allemal. Darf man einen Menschen zum “Gutsein” konditionieren, falls nötig, mit Gewalt? Und was ist “gut”? Fragen, die immer noch, und gerade heute, gestellt werden müssen angesichts diverser Org., die die ohne Zweifel sichtbaren Probleme unserer Zeit am liebsten mit einer “Ökodiktatur” lösen möchten. Ich habe dieses Wort bewusst gewählt, wohl wissend, damit zu polarisieren. Oder aber jene, die auf der anderen Seite sich ihr Selbstverständnis vom “Gutsein” patentieren lassen möchten. Darüber stritten weiland schon Augustinus und der Mönch Pelagius. Was sagt denn der Hofgeistliche Herr Wolff dazu? Würde mich mal interessieren…

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