Der blinde Alarm in der Internationalen Schule in der Könneritzstraße am 29. Februar war im wahrsten Sinne des Wortes wieder mal ein "Schulbeispiel" für vorauseilenden medialen Gehorsam. Wie es sich gehört, waren kurz nach Bekanntgabe des Alarms Kamerateams, Fotografen und die versammelte andere Journaille am Ort des Geschehens aufgetaucht, um hechelnd auf ... ja auf was zu warten? Den Amoklauf?

Sicher, aber der war diesmal bekanntermaßen nur ein Fehlalarm. Also galt es, das Beste daraus zu machen. Gilt auch noch für das Nachspiel. Nämlich die Suche, nach dem oder den Verantwortlichen für den Alarm.

Immerhin wurde jetzt von Seiten der Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat eingeleitet. Ein Polizeisprecher sagte, dass man nun sämtliche Anrufe überprüfe, die am Mittwoch vor dem Alarm aus- und eingegangen sind. Das ist ein durchaus üblicher Vorgang. Immerhin hat der Alarm einen Großeinsatz von Polizei, Spezial- und Rettungskräften ausgelöst, und abgesehen von der Angst, den dieser blinde Alarm den Schülern, Lehrern und Angehörigen eingejagt hat, möchte man behördlicherseits doch die Kosten eines Megaeinsatzes für nichts und wieder nichts irgendjemandem aufs Auge drücken. Was durchaus verständlich ist.

Zu den “üblichen Verdächtigen” gehört natürlich auch die Firma, die das Sicherheitssystem installiert und in Betrieb genommen hat. Denn auch hier könnte der Fehler liegen. Im Zusammenhang mit dem Ereignis wurde die Schulleitung vom LKA für das besonnene Krisenmanagement gelobt. Man habe sich an die allgemeinen Vorgaben für solche Ausnahmesituationen gehalten und für alle Beteiligten die höchstmögliche Sicherheit gewährleistet.

Alle haben also ihre Aufgaben gemacht, Einsatzkräfte, Schulleitung und, last not least, auch die Medien. Und zwar auch, als wenn man nach Vorschrift gehandelt hätte, wenn es denn eine solche geben würde. Allerdings gibt es seit einiger Zeit so etwas wie einen Medienautomatismus. Ein Automatismus, der in solchen Fällen auf die immer gleiche Weise abläuft: Wenn schon nichts passiert, dann machen wir eben das Beste aus Nichts. Also reihenweise Aufnahmen von den immer gleichen Situationen, möglichst besorgte Elternstimmen einfangen nach dem Motto: “Machen Sie sich Sorgen? Wie fühlen Sie sich jetzt? Hast Du Angst dort drinnen gehabt?” Und so weiter und so fort.

Klar, gehört vielleicht alles zu den Grundaufgaben eines jeden Reporters. Aber irgendwann ist doch mal genug. Es war ziemlich schnell klar, dass es sich um einen blinden Alarm handelte, und doch wurde am nächsten Tag der Aufmacher daraus, der auch den Titel eines Schauspiels von Shakespeare hätte sein können “Viel Lärm um nichts”. Vielleicht sollte man sich in solchen Fällen in etwas abgewandelter Form an den Spruch von Dieter Nuhr halten: “Wenn man mal nichts zu sagen hat, einfach Fresse halten.”

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