"Bei uns gibt es keine Diskriminierung", beteuert Sebastian Baumgart. Der Inhaber des Leipziger "Club Velvet" betont, Hussien Eid sei am 16. Oktober von seinen Türstehern nicht eingelassen worden, weil er laut gestikulierend und aggressiv aufgetreten sei. Der Student vermutet dagegen einen anderen Grund: Diskriminierung wegen seines nicht-deutschen Aussehens.

Der Syrer wollte am 16. Oktober 2011 mit zwei Freunden in der Disko feiern. Die beiden Deutschen wären reingekommen, er nicht. Weil das Antidiskriminierungsbüro durch einen Freund zufällig von seinem geplanten Party-Besuch erfuhr, schickte die Einrichtung eine Mitarbeiterin mit auf die Piste. In der Woche zuvor hatten die Experten die Leipziger Clubszene auf ihre Ausländerfreundlichkeit an der Tür hin gecheckt. Das “Velvet” fiel gnadenlos durch. Nachdem die Türsteher drei ausländisch aussehende Männer abgewiesen hatte, ließen sie drei Deutsche in ähnlichem Outfit anstandslos hinein. Ähnliches geschah am 16. Oktober. Hussein Eid wurde abgewiesen. Die ADB-Mitarbeiterin, die direkt hinter ihm in der Schlange stand, wurde eingelassen. Alles Zufall?
Für den Betroffenen nicht. Nachdem ein außergerichtlicher Vermittlungsversuch durch das ADB scheiterte, reichte er beim Leipziger Amtsgericht Klage ein. Denn die Auswahl der Gäste nach ihrer Herkunft ist nach deutschem Recht unzulässig. Neben einer Unterlassungserklärung fordert Eid 1.250 Euro Schadensersatz. Baumgart vermutet daher, sein Gegenüber habe nie beabsichtigt, länger in seiner Location zu verweilen. Der Kläger wies dies am Mittwoch zurück: “Nein, ich wollte feiern gehen.” Richter Volkhardt Wehrhahn nahm den Gastronom heute in die Pflicht. Da nach Eid weitere Gäste Zutritt erhielten, müsse er beweisen, dass seine Security ihm nicht wegen seiner Herkunft, sondern aus anderem Grund den Zutritt verwehrt habe. In diesem Punkt sei die Beweislage recht dünn: “Laut Gestikulieren ist wohl kein Grund, jemanden aus der Diskothek auszuschließen.”

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“Wir weisen den Vorwurf der Diskriminierung von uns”, konterte Velvet-Anwalt
André Röhrich. Als möglichen Vergleich brachte er eine Fete in dem Club ins Gespräch, dessen Erlöse dem Referat ausländerfreundlichkeit Studierender an der Uni Leipzig zu Gute kommen sollen. Dies geht Eids Anwalt David Simon nicht weit genug: “Ich halte eine Party nicht für den richtigen Ansatz.” Ihm gehe es darum, dass im Velvet offenbar jeden Abend Diskriminierung stattfindet. “Eine grundlegende Regelung ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits”, mahnte Richter Wehrhan zur Vorsicht. Betreiber Baumgart betonte indes, dass am fraglichen Abend zwei ausländische Türsteher Dienst gehabt hätten. “Man weiß sehr gut, dass jemand mit Migrationshintergrund auch diskriminieren kann”, erwiderte Simon.

Wenngleich die Fronten verhärtet scheinen, möchten sich beide Parteien bis zum 9. Mai Zeit nehmen, über einen Vergleich zu beraten. Falls keine Einigung erfolgen sollte, wird der Richter am 18. Mai eine Beweisaufnahme anordnen. *

* Anm. d. Red.: In der vorherigen Version stand geschrieben, es würde an diesem Tag bereits ein Urteil gesprochen. Wir bitten unsere Leser den Irrtum zu entschuldigen.

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