Erst wurde er verschoben, nun ist es soweit. Passend in die Wahlkampfzeit zur Stadtratswahl und die allgemeinen Debatten rings um NPD im Rahmen des Verbotsverfahrens startet am Dienstag, den 29. April der Prozess wegen Beleidigung gegen die Leipziger Linken-Stadträtin Margitta Hollick. Sie soll einen damaligen NPD-Stadtrat am Rande der Ratssitzung vom 20. Juni 2012 einen "Nazi" genannt haben. Es könnte neben Begriffsdefinitionen die Frage nach den Bezügen der NPD zur NSDAP werden. Eine Frage, die eigentlich höchstrichterlich beim Verbotsversuch für die NPD zu lösen wäre.

Den Strafbefehl zur Zahlung von 1.600 Euro hat Margitta Hollick zurückgewiesen. Die Tochter eines Mannes, der während der Nazi-Zeit im Gefängnis saß, sieht nun der selbstgewählten Prozesseröffnung ab 9:30 Uhr vor dem Amtsgericht entgegen. Zu klären wird sein, ob die Nutzung des Begriffes “Nazi” gegenüber einem Mitglied der NPD möglich ist oder nicht. Ein Wort, welches auch der Oberbürgermeister Leipzigs, Burkhard Jung gern nutzt, will er das Treiben der NPD beschreiben. Anlässlich des NPD-Aufmarsches am 2. November 2013 und bei der Ablehnung der Entgegennahme der Unterschriften einer NPD-nahen Petition gegen den Moscheebau in Gohlis, welche ihm Alexander Kurth versuchte am 16. April im Ratssaal in die Hand zu drücken.

Er lehnte die Entgegennahme mit dem Hinweis ab, dass er von Nazis solche Petitionen nicht annimmt. Geklagt hat Kurth, laut Stand 27. April, wohl noch nicht, er scheint als aktives NPD-Mitglied mit dem Titel ganz gut zurechtzukommen.

Zum Zeitpunkt der vermutlichen Nazi-Titulierung durch Margitta Hollick war der NPD-Stadtrat, der anschließend gegen die Bezeichnung mittels Strafanzeige vorging, ebenfalls noch Mitglied der NPD. Ob dies im Weiteren genügt, die individuelle Titulierung zu rechtfertigen, bleibt abzuwarten.
Für die Linke ist bereits die Prozesseröffnung ein Skandal. Durch die Erhebung der Klage sei also für die Staatsanwaltschaft Leipzig der Tatbestand der Beleidigung bereits verwirklicht, sonst würde sie das Verfahren letztlich nicht anstrengen. Zudem zeige eben jene neuerliche Bemühung der Bundesländer mittels einer Klage die gegen das Grundgesetz gerichteten Bestrebungen der NPD zu beweisen und die Partei zu verbieten. Dabei seien die Unterlagen ausreichend, um zu zeigen, um welche Gesinnungen es sich handelt, die die Rechten verbreiten und versuchen durchzusetzen.

Volker Külow (MdL/Die Linke) und Sören Pellmann (Stadtrat/Die Linke) in ihrer Mitteilung zur Prozesseröffnung: “Bekanntlich hat der Bundesrat in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2012 festgestellt, dass aufgrund vorliegender Unterlagen davon auszugehen ist, dass die NPD eine Partei ist, die eine antisemitische, rassistische und ausländerfeindliche Einstellung vertritt und mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist. Deshalb reichte der Bundesrat, damit auch der Freistaat Sachsen, am 3. Dezember 2013 einen NPD-Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht ein, mit dem die Verfassungswidrigkeit der NPD festgestellt werden soll.”

Soll, noch ist der Ausgang offen und ob es gelingen wird, bleibt abzuwarten. Das letzte Verfahren scheiterte an der Durchsetzung der NPD mit Spitzeln des Verfassungsschutzes. Man konnte offenbar die Rolle des Staates und der Überwachungsorgane mit der Partei nicht mehr sauber trennen. Diesen Fehler versuchte man im Vorfeld der neuerlichen Bemühungen zu unterlassen.

Für Pellmann und Külow ist es “vor diesem politischen Hintergrund … nicht nur nach unserer Beurteilung die Anklageerhebung ein ungeheuerlicher juristischer und rechtspolitischer Skandal. Wir halten – ebenso wie beispielsweise die Bundeszentrale für Politische Bildung (Link am Ende) die Verwendung des Begriffes `Nazi` zur Bezeichnung eines Parteimitgliedes bzw. parlamentarischen Funktionsträgers der NPD, insbesondere in der politischen Auseinandersetzung als Kommunalvertreter oder Parlamentarier selbstverständlich in jedweder Hinsicht für zulässig und legitim.”

Die beiden Politiker der Linken rufen deshalb dazu auf, Margitta Hollick am Dienstag ab 9 Uhr sicht- und hörbar vor dem Amtsgericht zu unterstützen.

Zum Gerichtsbericht vom 29. April 2014 auf L-IZ.de
Im Rahmen politischer Debatten: Ein Nazi ist ein Nazi

Zur Bundeszentrale für Politische Bildung
“Moderne Nazis – die NPD”

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