Am 23. November 2013 war Hansa Rostock in der Stadt. Die Nachwehen des Drittliga-Nachmittags beschäftigen weiterhin das Amtsgericht. Heute musste sich ein 48-Jähriger wegen Beleidigung verantworten. Mario S. soll auf dem Weg zum Stadion ein Transparent mit dem Aufdruck "Scheiß Bullen" in Richtung der Polizeikräfte gehalten haben. Der Schweriner bestreitet den Vorwurf.

Der Prozess zieht das Augenmerk der szenekundigen Beamten auf sich. Eine Rostocker Polizistin ist geladen, um den Fußballfan anhand einer Videoaufnahme zu identifizieren. Drei Beamte sind angereist, zwei nehmen sofort im Zuschauerraum Platz. Erlebt man nicht alle Tage.

Allerdings besteht für die Beteiligten kein Zweifel: Mario S. ist der Mann, den Göttinger Bereitschaftspolizisten am Rande des Rostocker Fanmarsches abgefilmt haben. Zuvor soll er einem Polizisten ein kleines Banner entgegen gehalten haben. “Scheiß Bullen” stand darauf zu lesen.”Dem Angeklagten war bewusst, dass kein Anhänger von RB Leipzig zugegen war”, erklärt Staatsanwalt Ronny Duckstein.

Michael S. streitet gleich zu Prozessbeginn alles ab. “Er ist unschuldig”, glaubt Verteidiger Andreas Lange. Der Endvierziger mit Brille und kahlrasiertem Schädel räumt später immerhin freimütig ein, in Leipzig gewesen zu sein, um besagtes Spiel zu besuchen. Das Polizeivideo hätte seine Anwesenheit am Rande des Fanmarsches ohnehin belegt. Die szenekundigen Beamten können abreisen.
Bereitschaftspolizist Axel S. (29) belastet den Hansa-Fan allerdings schwer. Gegen 12:25 Uhr, an der Ecke Emil-Fuchs-Straße/Rosentalgasse habe Michael S. das Transparent entrollt und dem Einsatzfahrzeug entgegen gehalten, in welchem der Beamte am Steuer gesessen habe. Eine Ergreifung des Täters auf frischer Tat sei unmöglich gewesen. “Die Kräftelage vor Ort hat das nicht zugelassen”, schildert der Ordnungshüter. Deshalb habe er die Videoaufnahmen anfertigen lassen, auf denen der jetzt Angeklagte zu sehen ist.

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Weil dieser sich weiterhin für unschuldig hält, muss der Prozess vertagt werden. Zum nächsten Termin sollen zwei Hansa-Fans aus seinem Bekanntenkreis aussagen. Von dem einen kennt Mario S. heute in einem Fall keine exakte Anschrift, von dem anderen nur den Nachnamen. Dass die Männer an der Glaubhaftigkeit des Göttinger Polizisten rütteln können, erscheint zweifelhaft. Ob es dem Angeklagten darum ging, das gegen RB Leipzig gerichtete Schildchen mal herzeigen zu wollen, wäre eine mögliche Variante.

Doch weil der Angeklagte die Angelegenheit vor Gericht en detail ausdiskutiert haben möchte, was sein gutes Recht ist, muss er samt seinem Anwalt am 10. November ein zweites Mal in die Messestadt reisen. Die Prozess- und Verfahrenskosten – auch die Auslagen der Zeugen – trägt bei einem Schuldspruch der Verurteilte. Bei einem Freispruch die Staatskasse.

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