Manchmal ist es das, was nicht in der Antwort steht, was eigentlich gemeint ist. Da hat das Leipziger Sozialdezernat schon eine gewisse Eleganz entwickelt, die Klippen zu umschiffen und Aussagen nicht ganz so hart klingen zu lassen. Etwa wenn es um Kinderbetreuung in Leipzig geht. Wird die nun für die Eltern teurer, nachdem der Freistaat den Betreuungsschlüssel endlich verbessern will, wollte Leipzigs Linksfraktion wissen.

Die Antworten, die die Linksfraktion jetzt von Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) bekam, sind allesamt salomonisch. Erst einmal bilden wir hier Frage und Antwort ab, dann gehen wir auf ein paar der salomonischen Antworten ein.

1. Welche Mehrkosten sind für die Stadt Leipzig durch die Veränderung des Betreuungsschlüssels zu erwarten?

Unter Annahme der gegenwärtig prognostizierten Kinderzahlen und Entwicklung der Betriebskosten kann von folgenden Mehraufwendungen bei den Betriebskosten für Kindertagesstätten wegen eines geänderten Personalschlüssels ausgegangen werden: 2015 in Höhe von 0,84 Millionen Euro, 2016 in Höhe von 3,5 Millionen Euro, 2017 in Höhe von 6,8 Millionen Euro, 2018 in Höhe von 11,5 Millionen Euro und 2019 in Höhe von 15,2 Millionen Euro.

2. In welcher Höhe wird der Freistaat die Mehrkosten erstatten, und welche Differenz muss die Stadt Leipzig selbst tragen?

Die Erstattungen des Freistaates werden voraussichtlich die Mehraufwendungen decken.

3. Plant die Stadt Leipzig, die Mehrkosten auf die Eltern umzulegen?

Die Stadt Leipzig wird wie bisher die Eltern gemäß § 15 Sächsisches Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen mit Elternbeiträgen an der Finanzierung der Betriebskosten von Kindertagesstätten beteiligen.

4. Plant die Stadt Leipzig, den erhöhten prozentualen Anteil an den durch die Eltern zu tragenden Kosten pro Kindergartenplatz zu erhöhen?

Mit dem Anteil der Elternbeiträge an den Kosten pro Platz in Höhe von 23 Prozent im Krippenbereich und 30 Prozent im Kindergartenbereich ist die derzeit gültige gesetzlich mögliche Obergrenze der Elternbeiträge erreicht.

5. Inwieweit stehen in Leipzig ausreichend pädagogische Fachkräfte zur Verfügung, um dem wachsenden Bedarf an Kinderbetreuung gerecht zu werden?

Sowohl eine Studie des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur zahlenmäßigen Entwicklung für Kindertageseinrichtungen als auch das Fachkräftebarometer „Frühe Bildung 2014“ der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte am Deutschen Jugendinstitut e. V. beschreiben, dass es ausreichend Ausbildungs- und Studiengänge gibt, um in den nächsten Jahren den Fachkraftbedarf abzudecken.

6. Welche Einstufung hat eine pädagogische Fachkraft im Vergleich zu einer pädagogischen Hilfskraft?

Eine Aussage zur Einstufung kann leider nicht getroffen werden, da in Leipzig, wie überall in Sachsen, keine pädagogischen Hilfskräfte in Kindertageseinrichtungen beschäftigt werden.

7. Wie bewertet die Verwaltung die mit der Änderung des SächsKitaG geplante Erhöhung der „Flexibilität des Personaleinsatzes hinsichtlich der Qualifikation“?

Aus fachlicher Sicht ist es sinnvoll, perspektivisch in Kindertagesstätten differenzierte Berufsprofile zu entwickeln. Dabei könnte geprüft werden, ob bestimmte Tätigkeiten, die bislang von Erzieherinnen und Erziehern wahrgenommen werden, auf Assistenzkräfte übertragen werden können. Oder ob für die Umsetzung spezifischer frühkindlicher Bildungskonzepte Fachpersonal mit einem Hochschulabschluss erforderlich ist.

Kleine Analyse:

” Plant die Stadt Leipzig, die Mehrkosten auf die Eltern umzulegen?” – Die Antwort lautet natürlich: Jein. Denn wie das Sozialdezernat in der Antwort auf Frage 4 anführt, nimmt Leipzig schon den maximalen Prozentsatz, den es laut sächsischem Kita-Gesetz von den Eltern nehmen kann. Über eine Erhöhung dieser Prozentsätze wird zwar in Dresden von ein paar Leuten schon nachgedacht. Aber da das noch nirgendwo als Gesetzesänderung vorliegt, kann die Stadt Leipzig erst einmal nur davon ausgehen, dass es bei den Prozentsätzen bleibt. Trotzdem steigen natürlich die Betriebskosten – auch durch die Verbesserung des Betreuungsschlüssels. Indirekt heißt das also, dass das Sozialdezernat dem Stadtrat wieder entsprechende Vorlagen auf den Tisch packt, die die Erhöhung der konkreten Gebührensätze beinhalten. Es ist der Stadtrat, der dann entscheidet, ob die vollen Prozentsätze zur Anwendung kommen oder die Stadt Leipzig wieder einen Teil übernimmt.

Die höheren Sätze, die der Freistaat zahlt, würden zwar “voraussichtlich die Mehraufwendungen decken”, wie Thomas Fabian betont. Aber Aussage 4 klingt nicht gerade danach, als ob Leipzig auf die anteilige Erhöhung der Elternbeiträge verzichten mag oder auch nur kann. Und auch die Antwort auf Frage 3 klingt nicht so: “Die Stadt Leipzig wird wie bisher die Eltern gemäß § 15 Sächsisches Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen mit Elternbeiträgen an der Finanzierung der Betriebskosten von Kindertagesstätten beteiligen.” Was übrigens eine durch und durch salomonische Antwort ist, wenn zuvor nach der Umlage der Mehrkosten gefragt wurde.

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