Es ist ein elipsenförmiger Platz. Ohne Prunk, unaufdringlich, der eher durch seine Stille und Beschaulichkeit wirken soll. Eine Schneise durchs Grün der Bäume und Büsche gewährt einen Blick Richtung Norden auf das Völkerschlachtdenkmal und weist weiter genau in Richtung Stadtzentrum - Augustusplatz - wo einst die Paulinerkirche stand.

Am Freitag, 27. Mai, weihte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung die Gedenkstätte auf dem Trümmerberg über der Etzoldschen Sandgrube in Probstheida ein.

Mit einem Klangraum aus verlorenen Tönen soll dieser Platz an die Sprengung der Universitätskirche St. Pauli 1968 erinnern. Mit eindringlichen Worten erinnerte denn auch Burkhard Jung, an jenen Tag, der vielen Leipzigern schmerzlich im Gedächtnis geblieben ist: “Die Zerstörung der Kirche war ein Akt kulturloser Barbarei. Gleichzeitig gemahnt dieser Ort in all seiner bescheidenen Zurückhaltung und lässt uns innehalten, still werden. Hier kann jeder auf seine Weise seinen Gedanken nachgehen und zu sich kommen.”Auch der Pfarrer der Evangelischen Studentengemeinde, Frank Martin, hielt sich mit Kritik an der Zerstörung des Gotteshauses nicht zurück: “Dieser Ort soll die Erinnerung daran wach halten, was passieren kann, wenn Dummheit und Macht sich paaren.”

Viele Menschen waren gekommen, um an der Zeremonie teilzuhaben. Zwar sind die Trümmer der Kirche tief unter der Erde vergraben, doch bei vielen Leipzigern ist die Paulinerkirche, trotz der vielen zurückliegenden Jahre, noch frisch im Bewusstsein verankert. Außer den Überbleibseln der Kirche St. Pauli liegen hier aber noch die Trümmer anderer Gebäude. Wie zum Beispiel die des einstigen Augusteums, eines der ehemaligen Hauptgebäude der Universität, sowie die Trümmer der Reudnitzer Markuskirche, die 1978 abgerissen wurde.Im Mai 1968 wurden die Trümmer und Kulturgüter der willkürlich gesprengten Universitätskirche “verkippt”. Die nach der Sprengung vom Augustusplatz antransportierten Trümmer und Kulturgüter wurden in die circa zehn Meter tiefe, stillgelegte Sandgrube gefüllt. Bis in die erste Hälfte der 1980er Jahre hinein diente die Grube, die bald zum Hügel anwuchs, zur Ablagerung von Bauschutt.

Die Menge an Schutt, der wohl auch nicht mehr auseinander zu halten gewesen wäre, war denn auch der Grund dafür gewesen, dass man von Seiten der Stadt die Pläne, die Trümmer zu bergen, als undurchführbar und nicht finanzierbar abgelehnt hatte. Die Kosten wurden damals auf rund 50 Millionen Euro geschätzt.Oberbürgermeister Jung lobte in diesem Zusammenhang noch einmal die Finanzierung des Erinnerungsortes: “Das Konjunkturpaket II hat schon viel Sinnvolles hier in Leipzig finanziert. Dazu gehört auch diese Stätte. Das Denkmal hat rund 430.000 Euro gekostet. 80 Prozent davon wurden vom Land Sachsen getragen und 20 Prozent wurden durch das Konjunkturpaket II finanziert.”

Das Denkmal erinnert in seiner ovalen Form an ein Becken. Der dunkle Steinboden ist von hellen Steinen umfasst und soll gleichsam den Blick nach unten lenken, wo sich tief in der Erde die Trümmer befinden. Einzelne Steine im Boden sind berührungsempfindlich und erzeugen Klänge, die durch in die Seitenwände eingelassene Lautsprecher zu hören sind und scheinbar aus der Tiefe kommen. Am Ende sind Orgelklänge zu hören, die abrupt abbrechen und gleichsam das gewaltsame Ende der Kirche markieren.

Geschaffen wurde die Klanginstallation von Erwin Stache. Der Gedenkort wurde vom Büro für Freiraumkonzepte entworfen. Landschaftsarchitekt Peter Fibich: “Der Ort ist bewusst so gestaltet worden, dass er zum Fragen anregt. Wir wollten nicht den typischen Gedenkort schaffen, sondern einen Ort, der das Gedächtnis anregt.”

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar