Jetzt ist es unterschrieben. Jetzt ist es offiziell. Am Samstag, 14. Mai, unterschrieb Leipzigs Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller die Bewerbungsunterlagen der Stadt Leipzig für den Titel "Fairtrade-Stadt". Beschlossen hatte das der Stadtrat schon im Herbst letzten Jahres. Seitdem haben die Akteure der Lokalen Steuerungsgruppe "Leipzig handelt fair" schon fleißig gearbeitet.

Seit Januar ist die Website online, die zeigt, wer in Leipzig schon alles fair gehandelte Produkte anbietet. Denn darum geht es: Nur wenn man fair gehandelte Produkte in einer Stadt wie Leipzig auch kaufen kann, macht die Sache Sinn. Weltweit besitzen schon 6.000 Kommunen das Label – oder sie bewerben sich darum. Denn um es zu bekommen, ist eine Mindestzahl von Geschäften und gastronomischen Einrichtungen erforderlich, die mindestens ein fair gehandeltes Produkt dauerhaft im Angebot haben. 41 Gastronomiebetriebe und 82 Kaufgeschäfte wären das für eine Stadt der Größe Leipzigs.

Im Januar sah das alles noch ein bisschen mager aus. Die Discounter der Stadt dominierten das Bild, oft nur mit einer Sorte Alibi-Kaffee im Angebot. Aber seitdem haben viele Händler nachgezogen, die sowieso schon ein faires Produktangebot haben. Aus dem “Unfug”, wie wir von der L-IZ das damals noch bewerteten, ist mittlerweile eine recht bunte Landschaft geworden. Den Weltladen, der in Leipzig natürlich Vorreiter des fairen Handels war und ist, findet man mittlerweile rein alphabetisch fast am Ende eine Liste von 177 eingetragenen Anbietern.Die Mensen der Universität gehören mittlerweile (zumindest mit diversen Getränken) genauso dazu wie die Kantine der Stadt, wo schon seit 1993 fair gehandelter Kaffee angeboten wird. Damals genauso eine Initiative der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wie der Antrag 2010, Leipzig solle sich um den Titel “Fairtrade Town” bewerben.

Am Samstag, 14. Mai, unterzeichnete Bürgermeister Andreas Müller im Rahmen der bundesweiten Aktion “Faires Frühstück” auf dem Thomaskirchhof ganz offiziell die Bewerbungsunterlagen. Martin Finke unterzeichnete als Sprecher der Lokalen Steuerungsgruppe “Leipzig handelt fair”, die die Hauptarbeit leistet. Jörg Werler, Mitglied im Vorstand von TransFair – Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der “Dritten Welt” e. V., nahm die Bewerbung gleich mit. Offiziell hat Leipzig jetzt bis 2013 Zeit, die Kriterien für den Titel “Fairtrade Town” zu erfüllen.”Aber ich bin zuversichtlich, dass wir es früher schaffen”, sagt Martin Finke. “Viel früher. Wahrscheinlich noch dieses Jahr.”

Was zumindest bedeuten würde, dass Leipzig die erste Stadt im Freistaat Sachsen wäre, die den Titel tragen und das Logo auf alle städtischen Papiere drücken dürfte. Dass die Stadt selbst ein faires Beschaffungswesen organisiert, ist zwar nicht Grundlage des Titels. Aber das Thema wird im Rathaus ernst genommen, versichert Andreas Müller. Verankert in den Beschaffungsrichtlinien der Stadt ist zum Beispiel der Verzicht auf Produkte, die mit Kinderarbeit hergestellt wurden.

“Das ist ein klares ILO-Kriterium, bei dem wir auch keine Probleme mit dem Wettbewerbsrecht bekommen”, sagt Müller. Bei allen anderen Bewertungskriterien sei es komplizierter. “Auch wenn wir die faire Beschaffung stets mitbewerten bei der Auswahl – genauso wie den Preis. Aber wir können es nicht als Ausschlusskriterium nehmen.” Das Problem ist die fehlende rechtliche Rahmensetzung der EU. Manche Städte, so Müller, hätten schon entsprechende Prozesse verloren. “Das kann also nur ein schrittweiser Prozess sein. Step by step”, sagt der Verwaltungsbürgermeister.Ein solcher Schritt könnte der Kauf von Blumen aus fairer Produktion sein. Entsprechend ansehnliche Rosen standen am Samstag auf dem Tisch. “Das ist eine Idee”, sagte Müller. “Wir überreichen eine Menge Blumen als Verwaltung.”

Wer sich durch die Anbieterliste auf fairtrade-leipzig.de klickt, findet mittlerweile eine ganze Reihe von Geschäften, die die Reichtümer der Welt als fair gehandeltes Produkt in die Stadt bringen. Wer will, kann eine ganze Reihe von Konsumwünschen mittlerweile auf faire Weise erfüllen.

“Wichtig ist einfach, dass die Sache immer mehr ins Bewusstsein der Menschen kommt”, sagt Werler. “Deswegen gilt hier auch: Wir machen nicht nur Gutes, wir reden auch drüber.”

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Was noch ein wenig fehlt in der Liste, ist die große Garde der Leipziger Restaurants. Wobei zu bezweifeln ist, dass nicht etliche von ihnen fair eingekaufte Produkte anbieten. “Auch wenn sich das hier mit der regionalen Beschaffung überschneidet”, gab Gunter Engelmann-Merkel, Geschäftsführer des Handelsverbands Sachsen, Region Westsachsen, zu bedenken. Er schlüpfte bei der Gelegenheit selbst in ein schwarzes T-Shirt mit Fairtrade-Logo. Dass es geht, will jetzt die Messegastronomie fairgourmet beweisen. “Als erstes haben wir fairen Kaffee ins Angebot genommen”, sagt Detlef Knaack, geschäftsführender Direktor der fairgourmet. Jetzt wolle man einiges ausprobieren und so noch mehr faire Produkte ins Angebot nehmen. Das nächste wird wohl fair gehandelte Schokolade sein.

“So ein Flaggschiff ist wichtig”, sagt Werler. “Dann sehen die anderen, dass es geht und machen umso eher mit.”

Hotels fehlen noch komplett in der Anbieterliste, obwohl auch sie mit Leichtigkeit erste Produkte in die Zimmerversorgung, ins Restaurant oder ins Frühstücksbuffett aufnehmen könnten.

Werler: “Wenn die Leute sehen, dass es angeboten wird, dann kaufen sie es auch.”

www.fairtrade-leipzig.de

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