Der Leiter der Selbständigen Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie am Leipziger Uniklinikum geht am Monatsende in Pension. Die Universität hat das Wirken von Prof. Elmar Brähler am Mittwoch, 20. März, bei einem feierlichen Empfang mit Festvorträgen gewürdigt. Er ist seit 1994 als Professor an der Universität Leipzig tätig. Nun geht der Leiter der Selbständigen Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie am Uniklinikum in den Ruhestand.

Wenn er in diesen Tagen sein Bücherregal ausräumt, finden sich darunter Titel wie “Faktorenanalyse” von 1968, “Kinderläden” von 1971, “Werdegänge. Erkenntnisse der Lebenslaufforschung” von 1980.

Der studierte Mathematiker und Physiker fand durch seine Promotion in Gießen den Weg in die Medizinische Psychologie. “Das war damals eine sehr offene Zeit”, erinnert er sich. Anfang der 1990er Jahre dann der Wechsel nach Leipzig: “Ich war abgeordnet vom Land Hessen, an einem Aufbauprogramm in den Neuen Ländern mitzuwirken”, erzählt er. “Ich las medizinische Psychologie und Soziologie vor den damals insgesamt 650 Medizinstudenten. Diese Fächer hatten den Marxismus-Leninismus abgelöst.”Seine Forschungen zur Alltagskultur bekamen fast automatisch einen Ost-West-Aspekt: Warum schütteln sich die Ostdeutschen bei der Begrüßung die Hand, die Westdeutschen nicht?

Besonders spannend wurde es, als Brählers Team Studien wieder aufgriff, die in der DDR ihren Anfang genommen hatten. So wurde die 1987 vom Leipziger Zentralinstitut für Jugendforschung begonnene Befragung von fast 1.300 Schülern aus achten Klassen in den 1990ern als “Sächsische Längsschnittstudie” fortgesetzt und ab 2003 mit 450 Probanden an der Universität angesiedelt.

Mitunter musste sich Brähler vorwerfen lassen, angesichts von über 20 Jahren deutscher Einheit noch immer die Unterschiede zu betonen. “Daran ist mir keinesfalls gelegen. Nur durch eine genaue Analyse kann man jene Aspekte aufzeigen, unter denen das Trennende weniger geworden oder weggefallen ist, obwohl es im allgemeinen Bewusstsein zäh fortlebt. Es geht vor allem darum, den Stammtischen und Talk-Shows nicht die Deutungshoheit zu überlassen. Wenn wir nicht genau nachsehen, ob beispielsweise am viel beschworenen ‘faulen Ossi’ und ‘arroganten Wessi’ irgendwas dran ist, bleibt das Schrumpfen dieser gegenseitigen Vorurteile viel länger blockiert, als wenn wir den Status quo beim Namen nennen.”

Dass die Medien häufig bei ihm anklopften, lag insbesondere an seiner Ursachenforschung für einen veränderten Umgangstrend mit dem eigenen Körper, Stichworte Körperschmuck und -behaarung. Neben soziologischen spielen dabei auch medizinische Aspekte eine Rolle: Komplikationen bei Schönheitsoperationen an den Genitalien und Schmerzen bei MRT-Untersuchungen durch den Metallanteil bei Tattoofarben.

Auch wenn der 28. März sein offiziell letzter Arbeitstag an der Uni Leipzig sein wird, hat er noch viele Pläne. Ein Buch über moderne Krankheiten wie Verbitterung, Burnout- und Sissi-Syndrom will abgeschlossen werden. “Außerdem laufen ein paar Studien noch weiter, beispielsweise über Patienten der Palliativmedizin oder psychische Probleme der Anästhesiologie. Bis 2015 bin ich noch im Hochschulrat und ich bleibe auch im Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten.”

Quelle: Uni Leipzig

http://medpsy.uniklinikum-leipzig.de

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