Wenn's um ihre Waschmaschinen geht, drehen die Amerikaner durch. Werden die Klamotten nicht richtig sauber, gibt's Ärger. Dann wird schmutzige Wäsche gewaschen. Und zwar nicht nur zu Hause, sondern in aller Öffentlichkeit.

Bisher wurden meist die Chinesen für diese Form von befleckter Empfängnis verantwortlich gemacht, da ein Teil der in den USA verwendeten Maschinen dort hergestellt wird. Frei nach dem Motto: „Was machen sie in China? Waschmaschina!“

Aber damit ist es jetzt vorbei. Das heißt, sollte es sein. Denn nachdem Trump im Januar 2018 Strafzölle für chinesische Vollautomaten eingeführt und damit das seiner Meinung nach dreckige Spiel der Saubermänner in Peking beendet hatte, sollte der Marktanteil der Waschmaschinen „Made in USA“ eigentlich wieder steigen. Tut er aber nicht.

Stattdessen haben Studien der Universität Chicago und der US-Notenbank ergeben, dass den 82 Millionen Dollar staatlichen Mehreinnahmen durch die Strafzölle rund 1,5 Milliarden Dollar Mehrausgaben durch die amerikanischen Verbraucher gegenüberstehen, da die Preise für Waschmaschinen massiv gestiegen sind, zum Teil weit über das Straf(zoll)maß hinaus.

Das eigentliche Problem sind – zumindest diesmal – also nicht die Chinesen, sondern die Gier so manch eines amerikanischen (Groß-)Händlers. Wobei auch die amerikanischen Waschmaschinen-Produzenten bei der Gelegenheit ihre Preise erhöht haben. Im Schnitt mussten die Verbraucher im Jahr 2018 für eine Waschmaschine 86 Dollar mehr zahlen.

In der öffentlichen Diskussion ist davon allerdings nicht mehr viel zu hören. Überhaupt wird das Problem der dreckigen Wäsche nur noch am Rande mit dem chinesischen Maschinenmurks verknüpft, sondern vor allem als Resultat der amerikanischen Energie- und Wassersparvorschriften betrachtet. Und Donald Trump und seine Regierung sind in der Diskussion ganz vorn mit dabei.

Immer wieder hat sich Trump darüber echauffiert, dass angeblich zu wenig Wasser durch die amerikanischen Rohre rauscht – sei es in den Toiletten, in den Duschen, den Geschirrspülern oder eben den Waschmaschinen. Überall, so sagt er, bleibt alles dreckig, weil es die Energie- und Wassersparrichtlinien so wollen.

Bei den Geschirrspülern hatte die Trump-Regierung deshalb schon Ende 2019 neue Richtlinien erlassen, die es den Herstellern erlauben, wasser- und energieintensivere Maschinen zu bauen. (Das Tagebuch vom 04.12.2019 gibt einen Eindruck vom Irrwitz dieser Geschichte.) Das gleiche soll jetzt auch mit den Waschmaschinen passieren. Zwar laufen die Umweltschützer Sturm gegen die Pläne, aber Trump interessiert das nicht weiter.

Er weiß, dass sich Alltagsthemen wie (angeblich) nicht gut funktionierende Waschmaschinen hervorragend als Wahlkampfthemen eignen. Allein schon deshalb, weil sie an den konkreten Erfahrungen der Menschen ansetzen, ihre eigenen Missgeschicke entschuldigen und als Fehler anderer Leute ausgeben. („60 Grad, aber nur 60 Milliliter Wasser – diese Bürokraten in Washington sind nicht ganz sauber!“)

Unterstützung bekommt die Trump-Regierung mal wieder vom wirtschaftsliberalen Competetive Enterprise Institute. Das hatte schon 2019 geholfen, die alte Geschirrspülrichtlinie zu kippen. Aber auch bei den Waschmaschinen sind die Jungs vom CEI mit allen Wassern gewaschen. Bereits 2007 hatten sie eine Aktion ins Leben gerufen, die sich gegen die „desaströsen Regeln für Waschmaschinen“ richtete und die Verbraucher direkt mit einbezog, denn die sollten ihre Unterwäsche, die durchs Waschen nicht sauber geworden war, direkt an den zuständigen Staatssekretär schicken.

„Send your Underwear to the Undersecretary“ hießt die entsprechende Kampagne, die – was damals noch relativ neu war – sogar mit einem eigenen YouTube-Video beworben wurde.

Wie viele Schlüpfer voller ausgebleichter „Bremsspuren“ der damalige Staatssekretär Dennis Spurgeon – der eigentlich Spezialist für Atomenergie war und sich eher mit den Rückständen von angereichertem Uran statt den Überbleibseln unzureichender Toilettenhygiene auskannte – daraufhin bekam, ist leider nicht überliefert. Sicher aber ist, dass das Competetive Enterprise Institute über die Jahre und Regierungen hinweg an dem Thema dranblieb und 2018 beim Energieministerium für eine neue Produktklasse bei Waschmaschinen warb.

Um die Erlaubnis für einen höheren Energie- und Wasserverbrauch ging es damals allerdings nicht. Stattdessen sollten die Waschmaschinen schneller werden, denn das, so die Lobbyisten vom CEI, wünschten sich die Verbraucher. Genau diese Schnelligkeit aber lässt sich nur mit einem mehr an Wasser und Energie erreichen. (Oder mit dem Kurzwaschprogramm, aber das scheint niemand zu nutzen. Zumindest wird es in der Diskussion kaum mal genannt.)

Aber wie dem auch sei. Das Energieministerium hat jedenfalls reagiert und – ganz im Sinne von Trump und den libertären Lobbyisten – am 13. August einen veränderten Richtlinien-Entwurf vorgestellt, der eine neue Produktklasse von Waschmaschinen vorsieht, für die es keinerlei Vorgaben für den Wasserverbrauch oder die Energie-Effizienz mehr gibt. Die entsprechenden Standards, so heißt es, sollen erst noch entwickelt werden. Dass das Jahre dauert, ist allen Beteiligten klar. Bis dahin aber rotieren die Trommeln – und die Trumpianer drehen vor Freude durch.

Alle Auszüge aus dem „Tagebuch eines Hilflosen“.

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