Warum sind eigentlich so viele Leute von dieser Frau Bundeskanzlerin fasziniert? Man kommt ja ins Grübeln, so als Mann und Frauen-Nichtversteher. Ich geb's zu. Ist ja so. Mir geht es da wie Adam und dem Apfel. Was wollte Eva da eigentlich erreichen? Dass Adam ein strenges Wort spricht und Eva vom Äbbelklauen abrät? Und wie ist das mit der Frau, die alle Welt "Muddi" zu nennen scheint? Hab ich da was verpasst? Was hatten die alle für Mütter?

Es geht ja um den Typus. Jede Frau ist anders Mutter, auch wenn sich Manches so wunderbar zu gleichen scheint. Aber vielleicht ist die Grunderfahrung all dieser honorig erscheinenden Männer, die jetzt unterm “Muddi”-Syndrom zu leiden scheinen, ja tatsächlich die tüttelige, überbesorgte Hausmami, die ihren Stöpseln alles, aber auch alles ausredet, was nur ein bisschen gefährlich sein könnte. Ich weiß ja, was für Typen dabei herauskommen. Aber wissen sie es selbst?

Ein Wörtchen ist mir aufgefallen. Es hat sich so eingeschlichen beim Daddeln zwischen Hörnchen und Croissant: Bremsen. Irgendwie hüpfte es aus der kaffeebekleckerten Zeitung, räkelte sich ein bisschen und grinste mich dann mit Pausbäckchen an. Es ist das häufigste Tätigkeitswort, mit dem ihrer aller “Muddi” in den Schlagzeilen in Verbindung gebracht wird.

Ich stell mir die Jungs mit ihrer grauhaarigen Dauerwelle so richtig vor, wie sie mit glitzernden Äuglein am Computer sitzen und das schreiben, was ihnen an “Muddi” am deutlichsten auffällt: “Muddi” bremst.

Vielleicht sind es noch die Nachwehen der Kindheit, die sie augenscheinlich alle – angegurtet im Kindersitz auf der Rückbank in Mamis Einkaufslimousine – verbracht haben, in Panik bei jedem Brems- und Einparkversuch der überforderten Mami. Mami bremst. Mami bremst das Gör beim Einmuddeln im Sandkasten (“Aber mach dich ja nicht schmutzig!”), bei der Wahl des richtigen Hobbys (“Gitarre ist was für Wilde! Du lernst Klavier …), bei der Auswahl der richtigen Braut (“Ihr Vater hat keinen Doktortitel, ist dir das bewusst?”) …

Und was sagt mein Suchmaschinchen? – Ein Klick, 1.000 Kilowatt verbraucht. Naja: 594.000 Treffer. Wenn das mal nicht von harter Bremsarbeit erzählt. Kleine Auswahl gefällig?

“Merkel bremst beim Datenschutz in Europa” (28. Oktober)

“Merkel bremst” (bei der Begrenzung des CO2-Ausstoßes bei Autos, 11. Oktober)

“Griechenland-Insolvenz: Merkel bremst ihren Vize” (13. September 2011, – die Suchmaschine ist sichtlich etwas von der Zeitumstellung desorientiert)

“Debatte um Bankenaufsicht. Angela Merkel bremst Hollande aus” (19. Oktober 2012)

“Merkel bremst Ökostrom zugunsten von Kohlestrom aus” (30. Juni)

“Energiewende: Merkel bremst Altmaier aus” (21. März)

“Merkel bremst Debatte über EU-Referendum” (11. August 2012)

“Angela Merkel bremst beim Klimaschutz” (7. Mai)

“Debatte über Volksabstimmung: Merkel bremst Schäuble …” (25. Juni 2012)

“EU-Gipfel in Brüssel: Merkel bremst bei Zypern-Rettung” (15. März)

Am selben Tag: ” Waffenexporte an Syrien Westerwelle macht Tempo – Merkel bremst”

“Merkel bremst Automobilentwicklung” (5. Juli)

“Angela Merkel bremst Pkw-Maut aus” (30. Mai 2012)

“Merkel bremst Putin” (26. November 2010)

Sie können ja selber weitersuchen. Das hier ist nur eine Auslese aus den ersten vier Trefferseiten. Die Doppelungen hab ich weggelassen. Aber für mich ist die Sache klar. Diese Frau hat nichts anderes zu tun, als alle Welt daran zu hindern, in ihr Verderben zu stürzen. Unheil anzurichten. Unordnung anzustellen. Nicht auszudenken, was das für ein Tohuwabohu ergäbe, wenn die Leute alle täten, was sie sich vorgenommen haben. Und was für einen Tratsch in der Nachbarschaft. Also bleibst du jetzt zu Haus junger Mann, dass dir das klar ist, mit Lehrer Obermayer werde ich ein Wörtchen reden beim nächsten Basar. – Achgottchen, so heißt das ja heute gar nicht mehr. Muss ich mal den Herrn Witzel fragen, wie das heute heißt.
“Du siehst so komisch aus, Leo? Was ist los mit dir?”

Meine allerliebste Bäckerin ist besorgt. Das ist sie meistens, wenn ich meine Morgenzeitung mit wilden roten Kringeln verunschöne. Das ist nicht gut für meinen Blutdruck.

“Was mit mir ist, Allerliebste? Ich brauch was Ungebremstes! Jetzt! Sofort! Auf der Stelle!”

“Aber Leo!”

“Eine rasende Corvette! Eine frisierte Harley! Einen durchgebrannten Droschkengaul!”

“Aber nicht doch, Leo! Du machst mich unglücklich!”

“Aber wieso denn? Nein! Ungebremste Männer machen Frauen froh!”

“Naja, wenn sie hinterher noch heil sind.”

“Bin ich doch, mein Liebes.”

“Und die Raserei?”

“Es darf auch was anderes sein, irgendwas Wildes, Spontanes, irgendwas ohne … ohne … ohne diesen … diesen … Pudergeruch.”

“Vielleicht doch einen Espresso oder …”

Sie kennen ja Ihren Leo. Er hat das andere genommen und bekommen. Und die Zeitung dem Wind anvertraut. Irgendjemand in diesem stürmischen Land wird sich ganz bestimmt für die hohe Kunst des Bremsens interessieren.

Nur Euer Leo nicht.

“Du bist ja wieder stürmisch …”

“Manchmal ist mir so, meine Liebe. So …”

“Romantisch?”

“Wenn du’s so nennen magst.”

Bis bald.

Euer Leo.

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