Sabine Friedel, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, übt scharfe Kritik an Rechnungshof-Papier zu Haftplätzen in Sachsen: "Der Rechnungshof mag viel von Zahlen verstehen. Vom Fach versteht er aber nichts."

“Die Prognose des Sächsischen Rechnungshofes zur Entwicklung der Gefangenenzahlen sollte mit großer Vorsicht genossen werden. Eine ähnliche Vorhersage hatte er auch zum Ausbildungsbedarf bei den Freiwilligen Feuerwehren abgegeben. Und lag völlig falsch: Heute bauen wir für teures Geld zusätzliche Plätze an der neuen Landesfeuerwehrschule, die auf Drängen des Rechnungshofes viel zu klein konzipiert war. So ein Desaster darf nicht noch einmal passieren.

Der Rechnungshof sollte sich mit dem Strafvollzug nicht nur in Zahlen, sondern auch inhaltlich befassen. Als Anstaltsbeirätin sind mir die Verhältnisse in den Sächsischen Justizvollzugsanstalten gut vertraut. Ich lade den Präsidenten und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne dazu ein, einmal JVAs zu besuchen und mit den dortigen Bediensteten und ehrenamtlichen Helfern zu reden. Dann würde ihnen deutlich, welche Probleme Überbelegung und heimatferne Unterbringung verursachen.

Aufgrund seiner fragwürdigen Prognosen empfiehlt der Rechnungshof allen Ernstes, die bestehenden JVAs besser auszulasten. Dabei sind schon jetzt fast alle sächsischen Anstalten überbelegt. Ich empfehle zudem die Lektüre meiner Kleinen Anfrage zur Belegung der sächsischen JVAs (Drs. 5/3935). Eine Justizvollzugsanstalt, die zu mehr als 90 Prozent ausgelastet ist, bietet auf dem Papier noch 10 Prozent “Luft”. Doch genau diese 10 Prozent benötigen wir aufgrund gesetzlicher Regelungen und organisatorischer Erfordernisse. Ersttäter müssen getrennt von anderen Gefangenen untergebracht werden. Alle haben Anspruch auf einen Einzelhaftraum. Manchmal ist es auch erforderlich, Inhaftierte kurzfristig aufzunehmen. Und es werden Plätze für Zugang und Verschubung gebraucht. Bei mehr als 90 Prozent Auslastung ist eine Anstalt deshalb überfüllt.

Täglich erreichen uns unzählige Meldungen aus Leipzig, Sachsen und darüber hinaus, die nicht immer gleich oder nie Eingang in den redaktionellen Alltag finden. Dennoch sind es oft genug Hinweise, welche wir den Lesern der “Leipziger Internet Zeitung” in Form eines “Informationsmelders” nicht vorenthalten möchten …

Der Rechnungshof sagt außerdem, dass ein Neubau in Südwestsachsen zur heimatnahen Unterbringung der Inhaftierten auch bei einer Schließung von Zeithain und Zwickau nicht erforderlich sei. Für Inhaftierte aus dem Vogtlandkreis seien auch die JVAs in Dresden, Waldheim oder Leipzig heimatnah. Wörtlich heißt es: ‘Die für Sachsen aufgezeigten Entfernungen zwischen rund 115 bis 150 km können aus Sicht des SRH – insbesondere vor dem Hintergrund von Fahrzeiten zwischen 1 bis 2 h – als heimatnah bezeichnet werden.’ Ich habe noch die Bewertung des SRH zur rund 70 Kilometer langen Strecke zwischen Döbeln und Leipzig bei der Debatte um das Standortegesetz im Kopf. Und denke: Was für Rechnungshofmitarbeiter nicht zumutbar ist, sollte für die Angehörigen von Inhaftierten auch nicht zumutbar sein.

Wir tun gut daran, dem Zahlenwerk des Sächsischen Rechnungshofes mit dem gebotenen Respekt aber auch mit der gebotenen Skepsis zu begegnen. Lebhaft ist mir der Beitrag des Sächsischen Rechnungshofes zur Entwicklung der Landesfeuerwehrschule in Erinnerung: Der Sächsische Rechnungshof drang beim Neubau der Ausbildungsstelle darauf, sie kleiner zu bauen, als es Leute vom Fach vorsahen. Die Folge: Ein riesiger Ausbildungsstau bei den Freiwilligen Feuerwehren, weil die Schule zu klein ist. Jetzt müssen die dringend benötigten Plätze teuer angebaut werden.”

Aus dem Protokoll der Anhörung zur Drs. 5/722 – Ausbildungsbedarf sächsische Feuerwehren: Hier erklärt der Leiter der Feuerwehrschule Lutz Fichtner “Der Sächsische Rechnungshof vertrat die Auffassung: Rückgang Bevölkerung – Rückgang Mitglieder in der freiwilligen Feuerwehr – Rückgang der Lehrgangsteilnehmer”, Protokoll unter

www.feuerwehrforum-sachsen.de/index.php?nr=6427&menu=1
Die Kleine Anfrage als PDF zum download.

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