Zu Berichten, die Unterhändler der von Union und SPD geführten Koalitionsverhandlungen im Bund hätten sich bereits grundsätzlich auf die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 pro Stunde geeinigt, erklärt Holger Zastrow, Vorsitzender der FDP Sachsen und der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag: "Die Meldung ist eine schlechte Nachricht für alle kleinen und mittelständischen Unternehmen im Osten. Wir bleiben bei unserer Haltung: Ein gesetzlich vorgeschriebener flächendeckender Mindestlohn wäre bestenfalls nutzlos, schlimmstenfalls kostete er Arbeitsplätze.

Der Staat hat sich grundsätzlich aus der Lohnfindung herauszuhalten. Diese muss allein eine Angelegenheit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sein. Wer nicht weiß, wohin das Gegenteil führt, möge sich mit den Gründen des wirtschaftlichen Untergangs der DDR auseinandersetzen.

Die Folgen des Mindestlohns wären fatal: Die ostdeutsche Wirtschaft ist historisch bedingt von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt, besonders auch von Handwerksbetrieben. Die großen Konzerne, die problemlos Spitzengehälter zahlen können, sind hier die Ausnahme.

Den ostdeutschen Unternehmen fehlt es vielfach noch an Marktposition und Eigenkapital und somit auch an Möglichkeiten, Fremdkapital zu bekommen. Die Produktivität liegt daher immer noch niedriger als im Westen – und eben die Produktivität als messbarer Wert der Arbeitsleistung kann die einzige vernünftige Kennziffer bei der Lohnbildung sein. Es wird noch Jahre dauern, bis diese teilungsbedingten Nachteile vollständig wettgemacht sind.

Natürlich ist es verständlich, dass man sich höhere Löhne wünscht. Aber man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass mancher Lohnnachteil durch niedrigere Lebenskosten wieder ausgeglichen wird. Das Leben in Dresden ist nun einmal preiswerter als in München, im Erzgebirge preiswerter als im Schwarzwald.

Und dass es nicht nur eine theoretische Befürchtung ist, dass ostdeutsche Unternehmen gegenüber westlichen Mitbewerbern ins Hintertreffen geraten werden, beweist eben der jüngst eingeführte Mindestlohn im Friseurhandwerk: Die bayerische Landesinnung der Friseure hatte den Mindestlohn in erstaunlicher Offenheit deswegen begrüßt, weil dadurch der Konkurrenzdruck in bayerischen Nachbarregionen zu Sachsen und Thüringen gemildert werde. Dabei wird übrigens gern vergessen, dass unsere Handwerker und Dienstleister nicht selten mit Wettbewerbern in Tschechien und Polen konkurrieren, die ein noch deutlich niedrigeres Lohngefüge haben.

Unterm Strich sind also schwerwiegende Wettbewerbsnachteile für ostdeutsche Unternehmen und der Verlust von Arbeitsplätzen zu befürchten. Der in den Koalitionsverhandlungen in Berlin diskutierte Mindestlohn privilegiert westdeutsche Unternehmen zu Lasten der Entwicklungschancen ostdeutscher Unternehmen.

Das häufig bemühte Argument, mit einem Mindestlohn würden sittenwidrige Löhne verhindert, ist übrigens nur vorgeschoben: Sittenwidriges Handeln ist bereits jetzt justiziabel, es wäre vielmehr richtiger, betroffene Arbeitnehmer zu beraten und zu unterstützen. Die sächsische FDP hatte bereits vor geraumer Zeit vorgeschlagen, dass die Arbeitsagenturen, die regional bestens verankert sind, Ombudsstellen einrichten, an die sich betroffene Arbeitnehmer wenden können. Die Arbeitsagenturen könnten dann die Betroffenen beraten und schwarze Schafe bei den Unternehmen identifizieren.

Ich verweise auf ein vorbildhaftes Beispiel aus der Uckermark: Dort hatte jüngst das Arbeitsgericht Eberswalde einen Pizza-Service dazu verurteilt, Aufstockungsleistungen für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer zurückzahlen, der seine Arbeitnehmer mit rund drei Euro pro Stunde entlohnt hatte. Wieder ein schwarzes Schaf weniger, dass auf dem Rücken von Steuerzahlern und Sozialversicherten Kasse machen wollte – und ganz ohne einen Mindestlohn für Pizzaboten.”

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