Wie sehen Kinder und Jugendliche das Thema "Nachbarschaft"? "Kindermund tut Wahrheit kund" - stimmt der Satz oder spiegeln die künstlerischen Werke der jüngsten Künstler die Ansichten der Lehrer und Familie wider? Was darf man über seinen Nachbarn verraten? Was macht gute und was schwierige Nachbarschaft aus? Wie nehmen Kinder und Jugendliche andere Nationalitäten wahr - als interessante Nachbarn, die neugierig machen oder als Fremde, die stören könnten?

So unterschiedlich die Herkunft der Bilder ist – so unterschiedlich fällt die Beantwortung dieser Fragen aus. So zeigen die Bilder aus einer der ärmsten Partnerstädte Leipzigs in Äthiopien, Addis Abeba, Nachbarn, die sich helfen – sei es beim traditionellen Zerstoßen von Nahrung in einem Holzmörser, beim Füße waschen eines Leprakranken oder beim gemeinsamen Feiern oder Trauern zwischen runden Lehmhütten. Kinder und Jugendliche aus Travnik in Bosnien-Herzegowina betonen die Freundschaft zwischen den Nationen und vereinen die jeweiligen Sehenswürdigkeiten in ihren Werken. Japanische Bilder aus Taketa führen hohe Kunstfertigkeit in Tuschmalerei aus. Die Motive sind Agrarprodukte, die in der Nachbarschaft angebaut und auch verschenkt werden.

Die tschechischen Bilder der Partnerstadt Brno geben Spiele in der Nachbarschaft wieder – in einer hohen Qualität, die entweder aufgrund ausgezeichneter Ausbildung der Erzieher entsteht oder aber zeigt, dass die Kinder die Bilder nicht immer allein hergestellt haben, denn die Arbeiten stammen aus Kindergärten. Leipziger junge Künstler wagen sich an kritische Motive wie den Nachbarschaftsstreit, italienische vermischen künstlerische Techniken und Sparten, britische springen auf ihren Fotos vor Glück hoch in die Luft und der israelische Beitrag favorisiert die Nachbarschaft zwischen Mitschülern.

Addis Abeba, Mikias Hailu, 13 Jahre: Auf meinem Bild sind Männer zu sehen, die gemeinsam auf dem Feld arbeiten. Ein Priester schaut zu. Foto: Haus Steinstraße e.V.
Addis Abeba, Mikias Hailu, 13 Jahre: Auf meinem Bild sind Männer zu sehen, die gemeinsam auf dem Feld arbeiten. Ein Priester schaut zu. Foto: Haus Steinstraße e.V.

Anlässlich eines Kulturaustausches zwischen den Partnerstädten Brno / Tschechien und Leipzig entstand 2014 im Haus Steinstraße e.V. die Idee, die “Leipziger Kinder- und Jugendkunst-Ausstellung”, die sich seit 20 Jahren großer Beliebtheit erfreut, zu einer internationalen weiterzuentwickeln. Was lag da näher, als die internationalen Partnerstädte anzufragen, ob ihren Kindern und Jugendlichen etwas zum diesjährigen Ausstellungsthema “Nachbarschaft” einfällt? Mit Unterstützung des Referates Internationale Zusammenarbeit, des Kulturamtes der Stadt Leipzig und dem Leipziger Oberbürgermeister als Schirmherren der Ausstellung gelang es, in kurzer Zeit sieben Ausstellungsbeteiligungen aus anderen Städten/ Ländern zu organisieren, wobei binationale Partnerschaftsorganisationen oder Kontakte zu wissenschaftlichen Lehrkräften der Universität Leipzig eine große Unterstützung waren. Die Ausschreibungsbedingungen waren für alle Städte gleich – doch die Zugangsvoraussetzungen noch nicht. So konnten die Kinder und Jugendlichen im äthiopischen Addis Abeba erst durch eine Spende von Mal- und Zeichenmaterialien aus dem Haus Steinstraße am Wettbewerb teilnehmen. Das Land und die Familien sind sehr arm und können ohne Unterstützung solche Projekte nicht realisieren.

Dafür war die pädagogische Begleitung durch den äthiopischen Kunstlehrer Anteneh Mehari und durch Dr. Jana Zehle, Uni Leipzig, umso intensiver. Die Arbeiten aus Afrika gehören durch die Vielfalt der Motive und Auswahl der künstlerischen Techniken zu den Höhepunkten der Ausstellung.

Die “1. Leipziger Kinder- und Jugendkunst-Ausstellung” in Leipzig wird durch einen zweisprachigen (deutschen und englischen) Katalog dokumentiert, der ab dem 06. Juli 2015 in der Ausstellung erhalten werden kann. Er stellt nicht nur eine Vielzahl der Arbeiten und jungen Künstler sondern auch die internationalen Partnerstädte Leipzigs vor. Interessierte erfahren zudem die Kontaktdaten der Partnerorganisationen und können dort eigene Ideen und Projekte anstoßen. Das Projekt wurde durch die freundliche Unterstützung der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, durch das Kulturamt der Stadt Leipzig, durch das Referat Internationale Zusammenarbeit Stadt Leipzig sowie durch den Lions Club-Leipzig Tilia Lipsiensis ermöglicht.

Leipzig, Stella Diestel, 15 Jahre: Nachbarschaftsstreit. Foto: Haus Steinstraße e.V.
Leipzig, Stella Diestel, 15 Jahre: Nachbarschaftsstreit. Foto: Haus Steinstraße e.V.

Eine Fortsetzung der binationalen Kinder- und Jugendkunst-Kooperation ist bereits für Herbst geplant. Dort werden tschechisch-deutsche Kunstwerke von Kindern und Jugendlichen in der Stadtbibliothek von Brno gezeigt und sowie ein Fachkräfte-Austausch mit Erziehern aus Leipzig und Brno stattfinden. Dann kann zum Beispiel herausgefunden werden: Was können sich die Leipziger Erzieher von der kunstpädagogischen Arbeit der Kollegen in Brno abschauen und warum lassen Leipziger Pädagogen den Kindern mehr freie Hand bei der Bildgestaltung und Themenwahl?

Die Ausstellung ist noch bis 26.08.2015 im Neuen Rathaus, Untere Wandelhalle, Martin-Luther-Ring 4-6, zu sehen.

Schirmherrschaft: Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig

Beteiligte Partnerstädte: Bologna (Italien), Herzlia (Israel), Travnik (Bosnien- Herzegowina), Birmingham (Großbritannien), Addis Abeba (Äthiopien), Brno (Tschechien), Taketa (Freundschaftsstatus, Japan) und aus Leipzig

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar