Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Fabian, sehr geehrter Herr Dr. Tsapos, sehr geehrte Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, sehr geehrte Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Freie Träger in Leipzig, die aktuelle Situation stellt die Jugendhilfelandschaft in Leipzig vor besondere Herausforderungen. Vor allem die notwendige Inobhutnahme und weiterführende erzieherische Hilfen unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter bindet personelle Ressourcen in einem Ausmaß, das notwendigerweise zu einem fachlichen Diskurs führen muss.

Wir regen dazu an, einen Dialog zwischen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, Verwaltung und Politik der Stadt zu initiieren. Das Ziel dieses Dialogs sollte sein, die bestehenden Angebote und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Leipzig in ihrer Qualität und Vielfalt zu erhalten und bedarfsorientiert auszubauen. Somit könnte weiterhin professionell und adäquat auf sich verändernde Bedarfslagen junger Menschen, egal welcher Herkunft, reagiert werden.

Bereits jetzt sind Einschnitte in Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe durch Notmaßnahmen zur Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter wahrzunehmen. Es ist abzusehen, dass diese Entwicklung zunächst so weiter verläuft, möglicherweise sogar schwer umkehrbar wird. Kurzfristig, eben weil es Notmaßnahmen sind, erscheint die Beschneidung der Angebote unumgänglich, um eine fachgerechte Unterbringung der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten zu gewährleisten. Die (langfristigen) Folgen finden derzeit jedoch wenig Beachtung. Gerade in einer Zeit, in der sich die Gesellschaft massiv wandelt, sind Angebote unverzichtbar, welche Teilhabe, gesellschaftliche Mitverantwortung und soziales Engagement aller jungen Menschen fördern.

Die bestehenden Angebote und Leistungen – insbesondere der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit haben ein einzigartiges Potential. Einerseits können sie Bedarfe junger Menschen mit Migrationserfahrungen (im Besonderen der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten) professionell begleiten und andererseits diese jungen Menschen in bestehende Angebotsstrukturen und die Gesellschaft integrieren. Infolgedessen bestehen aus den Angeboten heraus Potentiale, Hilfen zur Erziehung professionell zu unterstützen und ein Stück weit zu entlasten.

Diese fachlichen Ressourcen sollten genutzt werden, um Begegnung zu ermöglichen, bestehende Vorbehalte und Ängste abzubauen und allen jungen Menschen entsprechend des gesetzlichen Auftrags zur Verfügung gestellt werden.

Wir erklären uns solidarisch mit allen jungen Menschen in Leipzig. Ein gegeneinander Ausspielen verschiedener Gruppen darf nicht stattfinden. Stattdessen weisen wir ausdrücklich auf ihre gemeinsamen Rechte hin: das Recht auf eine menschenwürdige Unterkunft, das Recht auf soziale Teilhabe und das Recht auf Unterstützung bei sozialen Benachteiligungen oder individuellen Beeinträchtigungen. Diese Rechte müssen auch angesichts der zusätzlichen Herausforderung, einer gelingenden Inklusion von Minderjährigen aus Krisengebieten, gewährleistet werden. Dazu muss die Kinder- und Jugendhilfe in Leipzig personell und strukturell bedarfsgerecht ausgestattet werden.

Wir fordern daher:

  • Die Entwicklung einer gemeinsamen Handlungsleitlinie, unter Beteiligung der Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Verwaltung und Politik der Stadt Leipzig, mit dem Ziel, angesichts der bestehenden Herausforderungen bedarfsgerecht und nachhaltig agieren zu können. Hierbei sehen wir insbesondere das Amt für Jugend, Familie und Bildung mit seiner Verwaltung und dem Jugendhilfeausschuss als Planungsverantwortliche in der Pflicht.
  • Die bestehenden Angebote und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Leipzig zu erhalten und auszubauen, um Inklusion gelingen zu lassen.
  • Eine adäquate Unterbringung und professionelle Begleitung der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten durch Fachkräfte.

SALE – Soziale Arbeit Leipzig

SALE ist ein Fachkreis zum Thema Soziale Arbeit Leipzig. Der Fachkreis besteht aus Sozialarbeiter_innen und Sozialpädagog_innen, die in verschiedenen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit haupt- und ehrenamtlich tätig sind. Der Fachkreis verständigt sich über fachliche, politische und fallbezogene Themen mit dem Ziel, die Profession weiterzuentwickeln und Soziale Arbeit öffentlich sichtbarer zu machen.

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